Besetzung der »Euryanthe«

[501] Eines der grimmigsten Ungethüme, die den Eingang zur Ruhmeshalle gegen kühne, für das Theater schreibende Dichter und Musiker zu bewachen pflegen, »das Uebelwollen der Darsteller« genannt, zeigte sich auffallend mild gegen Weber gestimmt. Er hatte von dessen Dräuen fast gar nicht zu leiden. Seipelt, Haitzinger und Forti, denen die Rollen des König, Adolar und Lysiart von Anfang an zugedacht waren, zeigten sich zufrieden, voll Eifers und vom besten Willen beseelt. Besonders war Forti Feuer und Flamme für seinen Part, dessen Schönheiten er nicht genug hervorzuheben wußte.

Nur bei seiner alten Freundin Grünbaum, die, vom Publikum etwas vernachlässigt, sehr eifersüchtig ihre Rechte als Primadonna zu[501] überwachen begann, fand Weber merkwürdiger Weise Einwendungen und Nörgeleien, als er ihr die Rolle der Eglantine brachte, so daß er nahe daran war, diese Parthie in seinem Verdrusse einer auf der Retour befindlichen Sängerin anzuvertrauen. Weber schreibt darüber an Caroline:


»etc. Die Grünbaum grüßt auch bestens. Ich habe mit ihr wegen der Eglantine gesprochen, wo sie sich wirklich lächerlich nahm. So proponirte sie mir unter Anderem, ich sollte der Oper einen anderen Titel geben. Ich mußte herzlich lachen, und fragte sie, ob das nicht eine ächt ital. Primadonnen-Idee wäre? Ja, meinte sie, es wäre des Auslandes willen, das glauben müsse, sie sey auf 2te Parthien reduzirt. Ich erklärte ihr darauf ganz freundschaftlich, sie möchte das Buch lesen, und sich dann entscheiden. Könne sie es nicht mit wahrer Lust thun, so solle sie es lieber bleiben lassen. Ich werde schon Eine finden, und die Bondra, die sonst die Vestalin etc. sang, ist eine sehr brave Schauspielerin, versteht zu singen und sieht gut aus, wenn gleich die Stimme der ersten Frische entbehrt. Um das Alles ordentlich beurtheilen zu können ist es recht gut, daß Riotte's Oper voraus geht, die auf den 3. Oct. bestimmt ist. etc.«


Schließlich ließ sich die Grünbaum durch den Blick auf diese Gefahr und die Einsicht in die ihr bestimmte Parthie, vor allem aber durch des gefürchteten Kanne derbes Wort: »Wer nicht bei dieser Oper zu uns steht mit Leib und Kehle, der ist unser Feind!« bewegen, dieselbe ohne alle Modifikation zu übernehmen.

Es blieb noch die Rolle der Euryanthe zu besetzen.

Zwar hat Weber, als man einst in Dresden darüber stritt, für wen diese Parthie geschrieben sei, und ihn selbst zur Entscheidung aufrief, einfach gesagt: »Für die Euryanthe!« aber es müßte Alles trügen, wenn er sich nicht bei der Composition als deren Darstellerin Charlotte Ungher gedacht hätte, deren großes Talent er im Jahre zuvor hatte kennen und schätzen lernen.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 501-502.
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