Preghiera (Nr. 13), C dur »Vater höre etc«

[680] Braham fand in der ganzen Oper kein Stück, das seine schöne Tenorstimme im getragenen Gesange zur Geltung gebracht hätte und lag Weber nach den ersten Proben schon an, ein solches an geeigneter Stelle einzuschieben. Diese Stelle fand sich, nach mancher Berathung, im zweiten Akt, nach dem Schiffbruche, wo Hüon die ohnmächtige Rezia an's Ufer trägt, und erhielt die Form eines Gebets (Preghiera Nr. 13 der Oper). Weber schrieb sie, mit genauester Berücksichtigung der Schönheiten von Braham's Stimme und Vortrag in dieser Gattung von Gesang, wie er die große Arie für dessen heroische Deklamation geschrieben hatte. Es läßt sich für die beste Lage einer edlen Tenorstimme kaum etwas denken, was in melodiöserer Form die Fähigkeit des Tons, in Inbrunst zu beten, zur Anschauung brächte. Das Ganze ist höchst einfach, fast nur in gehaltenen Akkorden von gedämpften Saiteninstrumenten begleitet gedacht und, indem es die unendliche Manichfaltigkeit der Nüancen in den Musikstücken der Oper ergänzt, verfehlt es niemals, eine große und edle Wirkung hervorzubringen. Dieß schöne Stück wurde am 10. und 11. April producirt und wir finden Weber fortan nur noch mit dem Clavierauszuge des Werkes beschäftigt, den er am 22. April vollendete und am 24. Kemble behändigte, so seinen Schwanengesang zum Abschluß bringend.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 680.
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