Wolfgang Amadeus Mozart,

geb. zu Salzburg am 27. Jänner 1756,

gest. zu Wien am 5. Dezember 1791.


Ist schon das einfachste, schlichteste Menschenleben als Verwirklichung einer Gottidee für jeden denkenden Leser ein Gegenstand anregender Beobachtung, ja stiller Bewunderung der Harmonie, in welche sich die vielen nach allen Seiten verzweigten Fäden endlich zu einem schönen, gegliederten, einheitlichen Ganzen verweben; um wie viel mehr muß es das Leben eines Menschen sein, der alle anderen, die vor ihm, mit ihm und nach ihm gelebt, weit überragt, der, so überreich mit den herrlichsten geistigen Gaben ausgestattet, um so mehr Mühe und Sorge hatte, diese Gottesgaben zur verdienten Geltung zu bringen, und der endlich eben im Kampfe mit einer Zeit, welcher er in seinem Gebiete weit voraus geeilt war, mit Verhältnissen, welche ihm das Ersteigen der hohen Stufe, auf die ihn nach seinem Tode die Menschheit gestellt, nicht erleichterten, wohl aber hundertfach erschwerten, als Sieger aus demselben hervorgegangen und nun dasteht und immer dastehen wird: Herrlich,[1] einzig und bisher unerreicht. Es sind freilich keine großen, weltgeschichtlichen Kämpfe, die dieses seltene Menschenleben durchzumachen hatte, auch sind es keine erschütternden Ereignisse, welche unsere Nerven packen und unsere Neugier auf die Folter spannen; nichts von alledem, und wahrhaftig, wir wünschten diesem Titanen der Kunst, daß, wenn er schon leiden mußte, weil er auch Mensch war, sein Leiden ein seiner geistigen Größe entsprechenderes gewesen wäre. Nicht unter den erbärmlichen Nadelstichen eines kleinlichen Allerweltschicksals, nicht unter armseligen Nergeleien einer verkommenen aristokratisch-pfäffischen Menschenseele, nicht im Jammer und in den Sorgen einer unzulänglichen häuslichen Wirthschaft, mit dem Gefolge niederdrückenden Geldmangels, gellenden Kindergeschreies, von Krankheit und Bedrängniß aller Art, nicht unter den Spinnenbissen der traurigsten Alltäglichkeit hatte er in der Vollkraft eines Menschenlebens, im Zenith seines unerreichten Schaffens kläglich verbluten dürfen.

Meine gütigen Leser, denen die Geschichte der Coryphäen der Menschheit und namentlich jener Meister der Töne, die überall heimisch sind, wo es Herzen gibt, die geliebt und gelitten, nicht fremd ist, werden schon errathen haben, wer hier gemeint ist; es kann ja nur Einer sein, und dieser Eine heißt Mozart. Wolfgang Amadeus Mozart. Eine solche Lebensgeschichte voll der kleinen Leiden eines irdischen Daseins, die uns nicht erdrücken, aber abmartern, nicht vernichten, aber erschöpfen, ist jene Mozart's, und ich will sie im Folgenden erzählen, auf Grundlage festgestellter Daten, ohne Schmuck und oratorisches Beiwerk, einfach, vollständig und vollkommen wahr. Der Lebensgeschichte und dem Verzeichnisse der Werke des[2] großen Meisters lasse ich dann eine Reihe von Thatsachen und Einzelheiten folgen, die als Verklärung dieses Menschendaseins gelten sollen, und wohl den zahllosen Verehrern seines unsterblichen Genius nicht unwillkommen sein werden.

Wolfgang Amadeus Mozart ist zu Salzburg geboren; sein Vater Leopold, über dessen Leben später eine gedrängte Skizze folgt, war Vice-Capellmeister an der fürstlichen Capelle zu Salzburg, die Mutter, Anna Maria, eine geborne Pertl. Beide Eltern galten ihrer äußeren Erscheinung nach für das schönste Ehepaar in Salzburg. Von sieben Kindern dieser Ehe waren nur zwei am Leben geblieben, eine Tochter Maria Anna, nachmalige Baronin Berchtold, und Wolfgang Amadeus, oder wie die Reihe seiner Taufnamen vollständig lautet: Johann Chrysostomus Wolfgang Gottlieb, von denen ihm die beiden letzteren, und der letzte zu Amadeus latinisirt, für gewöhnlich gegeben werden. Der Vater beschäftigte sich in den Stunden, welche sein Capellmeisterberuf ihm übrig ließ, mit Unterrichtertheilen im Violinspiele; als er aber die entschiedenen und ungewöhnlichen musikalischen Anlagen seiner Kinder, vornehmlich seines Sohnes Wolfgang Amadeus inne wurde, gab er die Unterrichtsstunden, ja selbst das Componiren, das er nicht ohne Geschick betrieben hatte, ganz auf, um seine dienstfreie Zeit ausschließlich der musikalischen Erziehung und Ausbildung seiner Kinder zu widmen. Als theoretisch und practisch tüchtig geschulter Musiker war er wohl ganz der Mann, auf die frühe und überraschende Entwicklung seines Sohnes den entschiedensten und glücklichsten Einfluß zu üben. Die Tochter Maria Anna, oder wie sie später gewöhnlich genannt[3] wurde. Nanette, war sieben Jahre alt, als der dreijährige Wolfgang, welcher Name der Kürze halber im Verlaufe dieser Skizze beibehalten wird, schon die merkwürdigsten Spuren seines ganz besonderen Talentes zeigte. Bei den Musikstunden, welche der Vater dem gleichfalls talentbegabten Töchterlein ertheilte, horchte der Knabe mit der größten Aufmerksamkeit zu; wenn er allein war, unterhielt er sich oft lange Zeit mit Zusammensuchen der Terzen, die er dann, erfreut, diese Harmonie aufgefunden zu haben, wiederholt anstimmte. Kaum vier Jahre alt, hatte er in einer halben Stunde einen Menuett und dann andere kleine Tonstücke erlernt, die er mit aller Nettigkeit und genau im Tacte vortrug. Kurze Zeit darauf übte er größere Stücke ein, zu deren Erlernung er nicht lange brauchte, und die er immer in einer Weise spielte, welche von dem bei Kindern üblichen Vortrage eingelernter Stücke ganz und gar abwich. So ging es ohne Zwang, ohne jenes beständige Erinnern, sich zu üben, was die sicherste Bürgschaft für mangelndes Talent ist, ohne Anstrengung, im stetigen Fortschritt weiter, und im fünften Jahre sprengte das Knäblein die Fesseln der Nachahmung, und begann kleine Stücke am Clavier zu erfinden. Ein solches im Jahre 1761 von Wolfgang componirtes Menuett sammt Trio wird im Autograph im Museum Carolino-Augusteum zu Salzburg noch aufbewahrt. Dieser entschiedene Musiksinn gab sich von nun an auch in anderer Weise kund. So fand der kleine Wolfgang – abweichend von anderen Kindern seines Alters – kein Gefallen an den gewöhnlichen Kinderspielen, und betheiligte sich nur dann an denselben, wenn sie auf die eine oder andere Weise mit Musik in Verbindung gebracht wurden. So z.B. wenn er mit einem Hausfreunde[4] – es war der Trompeter Schachtner, dem man über Mozart's Kindheitsgeschichte die interessantesten Aufschlüsse verdankt – sich unterhielt und er aus einem Nebenzimmer Spielzeug oder etwas Anderes holen sollte, so geschah das immer in Begleitung von Musik, unter Ausspielung eines Marsches, der dann entweder einfach gesungen oder aber auf der Geige gespielt wurde. Aber auch außerdem zeigte Mozart große Gelehrigkeit und erfaßte Alles sofort mit solchem Eifer, daß dadurch selbst die Musik – jedoch nur für einige Zeit – in den Hintergrund gedrängt wurde. Besonders trat sein Zahlensinn recht mächtig hervor, dessen Zusammenhang mit der Musik, dieser Verbindung von Rhythmus und Harmonie, nicht erst erwiesen zu werden braucht.

Wenn sich der kleine Wolfgang mit seinen Rechnungsaufgaben beschäftigte, so zeigte sich an ihm, wie an jungen Malertalenten, die alle Wände und Thüren und Unterrichtshefte mit ihren Zeichnungen tapeziren, die analoge Erscheinung: Tische, Sessel, Wände, ja der Fußboden selbst waren über und über mit Kreide voll Zahlen beschrieben, und Wolfgang lag darüber, an seinen Rechnungsexempeln arbeitend. Es war eine Lebhaftigkeit ohne Gleichen, die in Wolfgang steckte, und gewiß wirkte die treffliche, leider etwas einseitige Erziehung seines Vaters, wie überhaupt das schöne Beispiel eines im innersten Marke gesunden Familienlebens mächtig genug auf das feurige Temperament des Jünglings, um ihn von jenen Irrwegen fern zu halten, auf welchen unter den versengenden Flammen eines ungezügelten Temperamentes so viele große Geister der Zukunft, die ihnen so herrlich winkt, für immer verloren gehen. So machte Wolfgang unter der weisen Anleitung[5] seines Vaters in Allem die entsprechenden Fortschritte; jedoch die Musik blieb immer obenan und mit derselben gleichen Schritt hielt die Entwicklung einer Gefühlsinnigkeit, die einen Grundzug seines Lebens, seiner unsterblichen Werke und die Hauptursache jenes irdischen Leids bildet, dem er so früh zum Opfer gefallen war. Diese Gefühlsinnigkeit sprach sich in dem Knaben schon in aller Weise, besonders in der zärtlichsten Liebe zu seinen Eltern aus; von den Personen, die ihn umgaben, wollte er nur geliebt sein, und seine Sorge um ihre Liebe war so groß, daß er als Kind des Tages an die zehn- und auch mehrmal fragte, ob sie ihn lieb hätten, und eine im Scherz ausgesprochene Verneinung ihm die hellen Thränen ins Auge trieb. Der Vater galt ihm über Alles, nur Eins stand höher als der Vater: Gott. »Nach Gott kommt gleich der Papa«; war sein stehendes Wort; und wenn Papa alt werden sollte, wolle er ihn unter einen Glassturz stellen, um ihn vor Luft zu bewahren, bei sich und in Ehren halten. Zum Gebet brauchte er nie gemahnt zu werden. Aus einer selbsterfundenen Melodie hatte er sich seinen Abendsegen gemacht und legte sich erst dann zu Bette, nachdem er dieses musikalische Nachtgebet abgesungen hatte, wobei jedoch sein Vater mitsingen mußte.

So ging es bis zum zehnten Jahre, in welcher Zeit aber sein musikalischer Genius immer mächtiger die Schwingen regte. Von kleinen Compositionen, wie Menuette, Allegro's, Sonaten, machte er sich allmählig an Symphonien, Concerte und Kirchenstücke, welche, wenngleich den vollen Stempel der Kindlichkeit doch auch jenen musikalischer Vollendung an sich trugen, und nie des Characters ermangelten, der ihnen kunstgemäß eigen sein mußte. Es kann hier nicht der zahllosen interessanten Züge dieses herrlichen Kinderlebens[6] gedacht werden, denen man in den vielen Biographien Mozart's in den verschiedensten Varianten begegnet; es muß die Andeutung genügen, daß Alles, was sich im Kinde kundgab, auf eine große Zukunft, wenn auch nicht auf ein so rasches und schmerzliches Ende hindeutete. Aber das ist eben das Kainszeichen des irdischen Genius, daß seines Bleibens nur kurz und sein Erdenwallen ein leidvolles sein müsse.

Zu Anbeginn des Jahres 1762 begab sich Vater Mozart mit seiner ganzen Familie nach München, um seine beiden kleinen Virtuosen vor dem Churfürsten spielen zu lassen. Im Herbste d.J. gingen alle nach Wien; dort fanden sie bei Hofe eine freundliche Aufnahme. Die Kaiserin Maria Theresia und ihr Gemal Franz Stephan fesselten Alles durch ihre gewinnende Huld, durch ihre liebevolle Herablassung. Kaiser Franz Stephan bemerkte einst im Scherze zu dem kleinen Wolfgang, daß es keine große Kunst sei, mit allen Fingern zu spielen, aber nur mit Einem Finger und auf einer verdeckten Claviatur etwas vorzutragen, das erst würde Bewunderung verdienen; der kleine Wolfgang ließ sich dadurch nicht irre machen, versuchte es erst mit einem Finger und nachdem der Versuch ganz gut gelungen, ließ er die Claviatur verhüllen und nun spielte er mit einer solchen Fertigkeit und ohne zu fehlen, als wenn er diese Kunst längst eingeübt hätte. Aber das Künstlerbewußtsein, jenes erhebende, ganz unrichtig öfter als unverschämter Künstlerstolz bezeichnete Gefühl, zeigte sich schon im Knaben in seiner unentweihten Form. Das Lob der Großen der Erde, wenn sie nichts von der Sache verstanden, ließ ihn gleichgiltig, und für solche Personen, vor denen er sich, aus Rücksicht hören lassen[7] mußte, hatte er einige musikalische Tändeleien in Bereitschaft, mit denen er diese müssige Pflicht des Sichproducirens pflichtschuldigst abthat. Aber vor Kennern da war Mozart ganz in seinem Elemente. Da ging seine Seele ganz auf, es war dann, als wenn der Knabe ein ganz anderer geworden wäre. In diesem Puncte ging die Naivetät des kleinen Wolfgang so weit, daß er, wenn er bei Hofe sich zum Clavier setzte, an den Kaiser die Frage stellte: »Ist Herr Wagenseil nicht hier? der soll herkommen, der versteht es,« und wenn dann auf Befehl des Kaisers Wagenseil erschien, rief der kleine Mozart: »Ich spiele ein Concert von Ihnen, Sie müssen mir umwenden.«

Bis dahin hatte Wolfgang bloß Clavier gespielt und die außerordentliche Fertigkeit, mit welcher er das Instrument behandelte, mochte wohl Ursache gewesen sein, daß vor der Hand der Vater, um nicht des Knaben Fleiß und Studium unnöthigerweise zu theilen, vom Unterrichte im Violinspiele, für den es noch immer Zeit war, ganz absah. Da sollte es sich aber zeigen, wie mächtig der Geist der Kunst in dieser Kinderseele lebte. Während seines Aufenthaltes in Wien war Mozart mit einer Geige beschenkt worden. Als später die Familie nach Salzburg zurückgekehrt war, kam eines Tages der Violinspieler Wenzel, der eben mit Compositionsstudien sich beschäftigte, zu Mozart's Vater, mit der Bitte, ihm über einige von ihm componirte Trio's sein Urtheil zu sagen. Da auch Schachtner, dem die Aufzeichnung dieser Episode aus Mozart's Knabenzeit zu verdanken, zugegen war, so wollte der Vater Mozart diese Trio's sofort probiren und übernahm mit der Viola den Baß, während Wenzel selbst die erste und Schachtner die zweite Violine spielen sollte. Da bat[8] der kleine Mozart, ihn die zweite Violine spielen zu lassen. Der Vater lehnte dieses Begehren mit der Bemerkung ab, daß er ja noch keine Anweisung in Behandlung dieses Instrumentes erhalten habe und also nichts Ordentliches zu Stande bringen könne. Der Kleine ließ aber nicht ab zu bitten und meinte, um die zweite Violine zu spielen, müsse man dies nicht erst lernen. Als der Vater endlich über dieses hartnäckige Verlangen unwillig ward und ihm befahl, sich zu entfernen und keine weitere Störung zu veranlassen, begann Wolfgang bitterlich zu weinen und ging mit seiner Violine aus dem Zimmer. Da legte sich Schachtner ins Mittel und meinte, der Vater möchte ihn als Vierten immerhin mitthun lassen. Endlich gab der Vater seine Zustimmung, rief Wolfgang zurück und sagte zu ihm: »Nun so geige denn mit Herrn Schachtner, aber so stille, daß man dich nicht hört, sonst mußt du gleich fort.« Hier folgt nun Schachtner's wörtlicher Bericht über diesen Vorgang. »Wir spielten,« schreibt Schachtner, »und der kleine Mozart geigte mit mir. Aber bald bemerkte ich mit Erstaunen, daß ich da ganz übrig sei. Ich legte still meine Geige weg und sah den Vater dann an, dem bei dieser Scene Thränen der gerührten und bewundernden Zärtlichkeit aus dem väterlichen Auge über die Wangen rollten. Wolfgang spielte alle sechs Trio's durch. Nach Endigung derselben wurde er durch unseren Beifall so kühn, daß er behauptete, auch die erste Violine spielen zu können. Wir machten zum Scherz einen Versuch und mußten herzlich lachen, als er auch diese, wiewohl mit lauter unrechten und unregelmäßigen Applicaturen, spielte, doch aber wenigstens so, daß er nie ganz stecken blieb.« Es ist dies gewiß ein Fall, einzig in seiner Art und zeigt nicht nur, wie[9] fein Mozart's Ohr für Musik organisirt war, sondern wie er den ganzen Körper seiner musikalischen Wunderkraft unterordnete, da er ohne vorherigen Unterricht das sprödeste Instrument, das schon technischer Seits, um ihm nur einen leidlichen Ton zu entlocken, tüchtiger Uebung bedarf, in entsprechender, wenigstens nicht störender Weise zu behandeln verstand. Der Organismus seines Ohres, wovon Nissen's Biographie Mozart's im Anhange eine Abbildung bringt, muß wohl höchst interessant und des Studiums eines Physiologen werth gewesen sein. Die erwähnte Zeichnung mag immerhin als Curiosum gelten, practischen Werth, der höchstens aus einer photographischen Aufnahme dieses Organs, wenn eine solche schon damals möglich gewesen wäre, zu erzielen war, besitzt sie nicht. Von der Feinheit dieses Organs geben ja die herrlichen Werke dieses Tonheros Beweis genug; aber nicht etwa bloß die großartigen Compositionen, sondern gleich gut, ja noch schlagender seine Impromptu's, hingeworfen in wenigen Augenblicken, oft in den kurzen Pausen vor einem Abschied, oder wenn die Heiterkeit im Freundeskreise ihren Gipfelpunkt erreicht, oder wenn sonst seine übersprudelnde Laune von Außen einen Anstoß erhielt! Eines der merkwürdigsten derselben bleibt der berühmte Canon, den er schrieb, als er in Leipzig von dem Ehepaar Doles Abschied nahm, der mit seinem Doppeltext eine komische Wirkung ohne Gleichen erzielt. Mit dieser Feinfühligkeit seines Ohres war aber auch der Abscheu gegen jeden Mißton, ja auch gegen rauhe, durch Zusammenklang nicht gemilderte Töne innigst verbunden, und dies ging so weit, daß er förmlich litt, wenn er dergleichen zu hören gezwungen ward. Aus der Zeit seiner Kindheit ist in dieser Hinsicht ein Vorfall besonders bemerkenswerth.[10] Bis in sein zehntes Jahr hatte er einen unbezwinglichen Widerwillen gegen die Trompete, wenn sie allein geblasen wurde. Der Vater, der ihn von dieser Idiosynkrasie heilen wollte, ließ einmal ohne auf des Sohnes flehentliche Gegenbitte zu achten, vor ihm die Trompete blasen. Das Experiment nahm einen unerquicklichen Ausgang. Mozart erblaßte, stürzte wie ohnmächtig zu Boden, und es läßt sich nicht sagen, welche weiteren Folgen daraus entstanden wären, hätte der Vater die Fortsetzung dieses Experiments nicht augenblicklich unterbrechen lassen. Hingegen wie groß seine Unterscheidungsgabe war für die feinsten Nuancen des Tones, die dem musikalisch tüchtig Geschulten, selbst wenn er darauf Acht hatte, entgingen, dafür legt ein anderer nicht minder beglaubigter Umstand Zeugniß ab. Wolfgang spielte einmal auf der Schachtner'schen Geige, die er ihres sanften Tones wegen die »Buttergeige« zu nennen pflegte. Als einige Tage darnach Schachtner bei Mozart eben eintrat, da dieser auf seiner kleinen, von Wien mitgebrachten Geige sich unterhielt, fragte Mozart Schachtner'n: »Was macht Ihre Buttergeige?« und in einer Weile, nachdem er die Uebung auf seinem Instrumente noch fortgesetzt, sagte er zu Schachtner: »Wenn Sie Ihre Geige doch so gestimmt ließen, wie sie war, als ich das letzte Mal sie spielte, sie ist um einen halben Viertelton tiefer, als meine da.« Man lachte über diese, so genaue Angabe; der Vater aber von dem Musikgedächtnisse und feinem Tongefühle seines Sohnes bereits durch mehrere Beweise überzeugt, ließ die Geige holen, und zur Ueberraschung Aller zeigte es sich, daß Mozart's Angabe genau war.

Während sich das wunderbare Talent des Knaben immer mehr und mehr entfaltete, und eine liebenswürdige Kindlichkeit[11] und Folgsamkeit die Aufgabe des Vaters, diesen Kunstsinn sorgfältig auszubilden, wesentlich erleichterte, kam die Zeit heran, in welcher ein von dem Vater längst gefaßter und wohl überlegter Entschluß zur Ausführung kommen sollte. Der Vater hatte um sich dem Erziehungswerke seiner Kinder ungetheilt zu widmen, das einträglichere Lectionengeben eingestellt; als er das herrliche Talent der beiden Kinder, namentlich Wolfgang's, inne wurde, erwachte in ihm der Wunsch, durch Concertreisen den Ruf der Kinder frühzeitig zu begründen und dadurch der Familie für die Zukunft materielle Vortheile zuzuwenden. So wurde denn im Sommer 1763 die erste eigentliche Kunstreise unternommen. Diese ging zunächst über München, wo die Kinder wieder vor dem Churfürsten sich hören ließen, dann nach Augsburgs Mannheim, Mainz, Frankfurt a.M., wo die naive Concertankündigung des Vaters erst nach vielen Jahren von einer Frankfurterin, bei ihren antiquarischen Forschungen in den alten Intelligenzblättern dieser ehemaligen freien Reichsstadt aufgefunden wurde, dann nach Coblenz, Cöln, Aachen und Brüssel, wo sie theils in öffentlichen Concerten sich hören ließen, oder aber an den fürstlichen Höfen und in den Cirkeln des hohen Adels spielten und überall großen Beifall und so weit leidliche Einnahmen ernteten, daß die große Reise und Verköstigungsauslagen der ganzen Familie vollständig gedeckt waren. Im November kamen sie in Paris an, wo ihnen die bisherigen Erfolge das Auftreten vor der königlichen Familie ermöglichten. Der Aufenthalt in Paris währte nahezu fünf volle Monate. Wolfgang ließ sich in Versailles vor dem königlichen Hofe hören und spielte vor demselben in der dortigen Capelle die Orgel; für das Publikum gab der Vater zwei große Akademien. Die Aufnahme in Paris[12] war eine enthusiastische; dort entstand das berühmte Bildniß Carmontelle's, wohl das erste, das von Mozart bekannt ist, und dort erschienen bei Madame Vendôme seine ersten Werke im Stiche, die der Prinzessin Victoria, zweiten Tochter des Königs, gewidmete SonateOp. 1 und die Sonate Op. 2, welche er der Ehrendame der Dauphine, der Gräfin de Tessé, zueignete. Am 10. April 1764 verließ der Vater mit Frau und Kindern Paris und schiffte von Calais, wo Alle zum ersten Mal den Anblick des unendlichen Meeres genossen und sie von dem Procureur des Königs zu Tische geladen worden, nach mehrtägigem Aufenthalte in der Hafenstadt nach England hinüber, wo sie am 23. April in London eingetroffen sein mögen. Die Empfehlungsbriefe, welche Vater Leopold mitgenommen, thaten ihre Schuldigkeit; schon am 27. April ward den Kindern die Auszeichnung, vor König und Königin in Buckingham-House zu spielen. König Georg III., damals 27 Jahre alt, und Königin Charlotte Sophie, eine Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, liebten und pflegten beide die Musik und gewährten der Künstlerfamilie eine huldvolle Aufnahme. Das öffentliche Auftreten Wolfgang's verspätete sich aber; zuerst für den 9. Mai in einem Concerte, das der Violoncellist Graziani gab, festgesetzt, wurde es durch den gewöhnlichen Umstand, daß die im Concerte Mitwirkenden anderswo beschäftigt waren, auf den 22. Mai verschoben, fand aber auch an diesem Tage nicht Statt, da inzwischen der Vater krank geworden, und wurde erst am 5. Juni gegeben. Der Erfolg war ein überaus glänzender, die Einnahme eine bedeutende, überhaupt war die erste Zeit des Londoner Aufenthaltes materiellerseits für die Familie die blühendste. Mozart spielte mit seiner Schwester noch[13] einmal bei Hofe, dann in einem Wohlthätigkeitsconcerte, und nun begab sich die Familie gegen Ende Juni nach Tunbridge-Wells, einem von dem englischen Adel viel besuchten Badeorte, und von dort nach Chelsea, wo sie sich mehrere Wochen aufhielten, weil des Vaters Gesundheit ländlichen Aufenthalt erforderte. Dann kehrte die Familie nach London zurück, wo sich der Aufenthalt bis Ende Juli 1765 verlängerte, aber auch in dem steten Wechsel des dortigen großartigen Lebens allmälig die Theilnahme für den kleinen Mozart und sein herrliches Spiel versiegte, die Einnahmen kleiner, die Ausgaben größer und die Stimmung des Vaters, der gemeint, daß der Sonnenschein des Glückes länger vorhalten würde, düsterer wurde. In London erschienen die als Oeuvre 3 bekannten, der Königin Charlotte gewidmeten sechs Sonaten im Selbstverlage, mit dem originellen, wohl von Vater Leopold verfaßten Widmungsschreiben, das im prophetischen Geiste die Worte enthält: »avec ton (de la Reine) secours j'egalérai la gloire de tous les grands hommes de ma patrie, et je deviendrai immortel comme Händel et Hasse et mon nom sera aussi célèbre que celui de Bach«. Sonst schrieb Mozart dort noch einige, aber bisher ungedruckte Symphonien und das vierstimmige Madrigal: »God is our refuge«, die einzige auf englischen Text verfaßte Composition Mozart's, deren erst in neuerer Zeit von Pohl veröffentlichter Autograph noch jetzt zu den Cimelien des British-Museums gehört. Am 24. Juli 1765 verließ Mozart mit seiner Familie London, verweilte noch einige Tage auf dem bei Canterbury gelegenen Landgute eines reichen Engländers, Herrn Manat, und verließ am 1. August die englische Küste, um sich auf Einladung des holländischen[14] Gesandten nach dem Haag zu begeben, wo die Prinzessin von Weilburg, Schwester des Prinzen von Oranien, die Wunderkinder kennen zu lernen wünschte. Die Reise ging durch Flandern, wo Wolfgang in den zahlreichen Kathedralen und Klosterkirchen oft die Orgel spielte, bis sie im Haag ankamen, wo Wolfgang und seine Schwester auf den Tod an einem hitzigen Fieber erkrankten. Vier Monate waren die Kinder krank gewesen, und die erste Arbeit des genesenen Wolfgang waren die 6 der Prinzessin Karoline von Nassau-Weilburg gewidmeten Sonaten, die als Op. 4 (à la Haye, Hummel) gedruckt erschienen sind. Von dem Haag begaben sich alle nach Amsterdam, reisten aber schon nach vierwöchentlichem Aufenthalte nach dem Haag zurück, wo das zu der Installationsfeier des Prinzen Wilhelm V. von Oranien als Erbstatthalters componirte erste größere, jedoch unbedeutende Werk Mozart's: »Gallimathias musicum« aufgeführt wurde. Es ist dieß ein Quodlibet aus 13 sehr kurzen, meist zweitheiligen Sätzen für verschiedene Instrumente, welches mit einem langen fugirten Satze über das berühmte Volkslied: »Willem van Nassau« schließt. Nachdem nun die Kinder noch einige Male vor dem Erbstatthalter gespielt hatten, reiste der Vater mit ihnen nach Paris zurück. Dort ließen sie sich während eines zweimonatlichen Aufenthaltes zu wiederholten Malen vor dem königlichen Hofe zu Versailles hören; dann ging die Reise über Lyon durch die Schweiz nach Donaueschingen, wo sie bei dem musikliebenden Fürsten von Fürstenberg gastliche Aufnahme fanden. Von da begaben sie sich nach München, wo der Churfürst mit dem kleinen Wolfgang eine ganz besondere Probe vornahm. Der Churfürst sang Wolfgang ein Thema vor, das dieser sofort ausführen[15] und niederschreiben sollte. Wolfgang vollendete seine Aufgabe, ohne Clavier oder Geige zu benützen, in Gegenwart des Churfürsten in kürzester Zeit; nachdem er das ihm vorgesungene Thema niedergeschrieben, trug er es auf dem Clavier vor, und Bewunderung und Erstaunen des Churfürsten und anwesenden Hofes nahmen kein Ende.

Ueber drei Jahre, seit Juni 1763 bis Ende November 1766, war die Mozart'sche Familie in der Fremde gewesen; nun kehrte sie in die Heimat zurück und begrüßte die alte Bischofstadt, um daselbst für längere Zeit von dem Reisemühsal auszuruhen und die mannigfaltigen Eindrücke eines wechselvollen Wanderlebens geistig neu durchzuleben. In Salzburg setzte der nun zehnjährige Wolfgang seine musikalischen Studien, die durch die lange Reise, wenn nicht ganz unterbrochen, so doch vielfach gestört wurden, so daß an eine zu Studien erforderliche Sammlung des jugendlichen Geistes kaum zu denken war, in der alten Weise fleißig fort und vervollkommnete sein göttliches Talent. Zwei Jahre blieb nun die Familie in Salzburg und Mozart's Productivität nahm in merklicher Weise zu. Gleich nach seiner Rückkehr in die Heimat schrieb er den ersten Theil des geistlichen Singspiels: »Die Schuldigkeit des ersten Gebotes«, über welches jedoch bezüglich der Compositionszeit die Ansichten getheilt sind; im Jahre 1767 acht Compositionen, darunter neben mehreren Clavier-Concerten, einer Symphonie und einer Passions-Cantate die lateinische Komödie: »Apollo und Hyacinthus«, die er für die Universität Salzburg componirte und die daselbst um die Mitte Mai 1767 aufgeführt wurde. Das Jahr 1768 steigt aber bereits zu 20 Compositionen, darunter mehrere Kirchenstücke, Sonaten, zwei größere Cassationen[16] und zwei Operetten, beide geschrieben, um sie in Wien zur Aufführung zu bringen, denn dahin hatte sich Vater Mozart im Herbste 1768 mit seinen Kindern begeben. Eine dieser Opern, die deutsche »Bastien und Bastienne«, wurde bei der Familie Meßmer in dem derselben gehörigen Landhause auf der Landstraße gegeben, und die italienische »La finta semplice«, mit 26 Nummern, über Anregung des Kaisers Franz Stephan geschrieben, wurde, da die Hofintriguen und Schranzencabalen den Sieg über den Willen des Kaisers davon trugen, aller Bemühungen des Vaters Mozart ungeachtet, nicht aufgeführt. Gücklicher war Mozart in Wien mit zwei kirchlichen Compositionen, einer Messe und einem Veni Sancte Spiritus, deren Aufführung unter des 13jährigen Mozart persönlicher Leitung zur Einweihung der Waisenhauskirche in Gegenwart des kais. Hofes am 7. December 1768 stattfand. Ein Trompeten-Concert aus diesem Jahre, dessen der Schlichtegroll'sche Nekrolog gedenkt, das aber in Köchel's »Thematischer Katalog« nicht vorkommt und also verloren gegangen zu sein scheint, kam auch zur Aufführung. Der Aufenthalt in Wien erstreckte sich bis zu Anbeginn des Jahres 1769, worauf die Rückkehr nach Salzburg erfolgte; denn eine von Mozart componirte Missa brevis (v. Köchel, Nr. 65) trägt bereits das Datum vom 14. Jänner zu Salzburg. Das. Jahr ging unter ernsten Musikstudien dahin und Wolfgang wurde zum Concertmeister, ohne Gehalt, am Salzburgischen Hoforchester ernannt. Er componirte einige Messen und Symphonien, und dann das liebliche »Johannes-Offertorium« für den Benedictiner-Pater Johannes des Klosters Seeon, in welches einige melodiösen Tacte, die Mozart zu singen pflegte, wenn er als Knabe in das[17] Kloster kam und den Pater, den er besonders liebte, an ihm emporkletternd, liebkoste und umarmte, in neckischer Weise eingeflochten waren.

Zu Ende des Jahres, Anfangs December, traten der Vater und Sohn wieder eine Kunstreise, die erste nach Italien, an, wo sie vierzehn Monate verweilten. Die Reise ging über Innsbruck, wo sie bei dem Grafen Künigl eine Academie gaben, in welcher Mozart ein Concert prima vista spielte; in den ersten Tagen des Jänner 1770 waren sie in Verona und kamen über Mantua, Cremona in den letzten Tagen des Jänner in Mailand an, wo sie mehrere Wochen verweilten. In Mailand wurden sie im Hause des Statthalters, des geistvollen und kunstsinnigen Grafen Firmian, auf das Liebevollste aufgenommen und erhielt Wolfgang den Auftrag, für die Carnevalstagione des folgenden Jahres eine Oper zu schreiben. Im März verließen sie Mailand, gingen über Lodi, wo Mozart sein erstes Quartett componirte, Bologna und Parma nach Rom, wo sie in der Charwoche (im April) eintrafen. Auf dem Wege nach Rom in Bologna verweilend, fand Mozart dort an dem berühmten italienischen Contrapunctisten Maestro Martini einen enthusiastischen Bewunderer, insbesondere, nachdem der junge Mozart über jedes Fugenthema, das Martini ihm hinschrieb, die dazu gehörige Risposta streng nach den Regeln der Tonkunst angab und die Fuge augenblicklich auf dem Clavier ausführte. Ein Gleiches war in Florenz der Fall, wo der dortige Musikdirector Marchese Ligniville seine Bewunderung über den 15jährigen Mozart unverholen aussprach. In Florenz lernte Wolfgang auch einen jungen Engländer, Namens Thomas Linley, einen Knaben von 14 Jahren, also fast in demselben[18] Alter wie Wolfgang, kennen. Linley war ein Schüler des berühmten Violinvirtuosen Nardini und spielte selbst die Violine mit bezaubernder Fertigkeit und Lieblichkeit. Die beiden Jünglinge befreundeten sich bald auf das Innigste, und Linley brachte noch am Tage der Abreise Mozart's ein Gedicht auf ihn, das von einer Italienerin verfaßt war, und gab ihm, als er abreiste, im Wagen das Geleite bis an das Stadtthor.

In der Charwoche 1770 kamen Vater und Sohn in der ewigen Stadt an. Es ist ein bezeichnender Zug im Leben Mozart's, daß ihn in Rom, wo das Auge so sehr durch die Kunstwerke aller Zeiten gefesselt wird, die Werke der Kunst eben nicht viel kümmern und wieder nur die Musik der Mittelpunkt seines Denkens, Fühlens und Handels ist. Mozart war von allem Anbeginn bis an seinen letzten Athemzug durch und durch Musik und nur Musik. Einer der ersten Besuche in Rom galt der Sixtinischen Capelle, wo gerade die Vorbereitungen zu den musikalischen Kirchenfesten der Charwoche stattfanden und Mozart zum ersten Male das berühmte Miserere von Allegri hörte, das, um den Hörern den Genuß unverstümmelter Harmonie zu bereiten, – o Ironie der Kunst – von verstümmelten Menschen gesungen wird. Allegri's Tonstück wurde bis dahin gegen jede Abschrift auf das Sorgfältigste gehütet, man erzählt sich, daß auf diesen Frevel (?) Kirchenstrafen, ja nicht geringeres als Excommunication, gesetzt war. Mozart hörte die erste Probe und prägte das Werk so gut seinem Gedächtnisse ein, daß er es, als er nach Hause kam, aus dem Gedächtnisse niederschrieb. Als am Charfreitag das Miserere wieder aufgeführt wurde, ging Mozart nochmals in die[19] Kirche und corrigirte unter dem Hute, in dem das Manuscript lag, jene Stellen, die er beim ersten Niederschreiben nicht ganz richtig wiedergegeben hatte. Dieser Vorgang wurde in Rom bald bekannt und erregte nicht geringes Aussehen, wobei man, da man die Genialität des Knaben bewunderte, über den damit in Verbindung stehenden Frevel ganz hinwegging. Ja Mozart mußte dieses Tonstück, dessen Vortrag, außer in der Charwoche von den Castraten der Sixtinischen Capelle, auf das strengste verpönt war, sogar in einer Academie singen, und da in derselben der Castrat Christofori, der es in der Capelle gesungen hatte, anwesend war, so feierte Mozart, da Christofori selbst über Mozart voll Bewunderung war, einen vollständigen Triumph. Wie sehr übrigens Mozart's Talent in Rom auch sonst Würdigung fand, erhellt aus seinem in italienischer Sprache geschriebenen Brief, ddo. Rom. 25. April 1770, in welchem er bemerkt, daß eine von ihm componirte Arie und Symphonie von seinem eigenen Vater copirt werde, weil sie ihnen sonst gestohlen werden könnten: »per non la vogliamo dar via per copiarla, altrimente ella sarebbe rubata.« Von Rom machten Vater und Sohn in den ersten Tagen des Mai einen Ausflug nach Neapel, wo sie am königlichen Hofe die freundlichste Aufnahme fanden und wo Wolfgang's Frohsinn in bemerkbarer Zunahme begriffen ist, denn der eine Brief vom 19. Mai 1770, mit der muthwilligen Anwendung des Zeitwortes thun, und der zweite vom 5. Juni, mit den ergötzlichen Stellen des Salzburger Dialektes, sprechen für ein geistiges und körperliches Behagen, das sich gern in solchen Allotriis Luft macht. In Neapel spielte Mozart auch im Conservatorio alla pietà, und da meinten[20] einige seiner Zuhörer, der Zauber seines Spieles steckte in dem Ringe, den er trage, worauf Wolfgang, um sie zu überzeugen, daß aller Zauber nur in seinem Gehirn stecke, den Ring vom Finger zog und nunmehr mit seiner unberingten Hand auf der Claviatur dieselben Wunder wirkte, wie vordem, als er noch den Ring daran trug. Auch gab er in Neapel eine große Academie bei dem kaiserlichen Gesandten, dem Grafen Kaunitz. Der Aufenthalt in Neapel erstreckte sich über Mitte Juni, worauf sie nach Rom zurückkehrten, wo der geniale Entwender des Allegri'schen Miserere von dem Papste selbst mit Kreuz und Breve eines Ritters des Ordens vom goldenen Sporn ausgezeichnet wurde. Um die Mitte Juli verließen die beiden Mozart Rom und kehrten wieder über Bologna, wo sich ihr Aufenthalt über dritthalb Monate verlängerte, nach Mailand zurück. Dieser verhältnißmäßig lange Aufenthalt in Bologna wurde offenbar zur Vollendung des »Mithridates,« der in Mailand zur Aufführung kommen sollte, benützt. In Bologna erhielt Wolfgang, nachdem er eine ihm gestellte musikalische Aufgabe nach den Regeln der Kunst vollkommen gelöst, das Diplom eines Mitgliedes derAcademia filarmonica. Längere Zeit verweilten Vater und Sohn auch auf dem nahe bei Bologna gelegenen Landgute der Gräfin Pallavicini, die eine große Musikfreundin war und wodurch Mozart's Spiel die Haydn'schen Menuetten zu verdienten Ehren kamen. Im Uebrigen schrieb Mozart während dieser italienischen Reise wenig; nur einige kleinere Stücke sind bekannt geworden, Mehreres scheint verloren zu sein und sonst ist nur noch ein wahrscheinlich in Bologna, noch ganz unter dem Eindrucke des Allegri'schen Meisterwerkes empfangenes und ausgeführtes »Miserere« bemerkenswerth.[21] Mitte October 1770 befanden sich Vater und Sohn wieder in Mailand, und die Arbeiten zur Oper »Mithridates« nahmen letzteren so sehr in Anspruch, daß ihm von dem »vielen Recitativschreiben die Finger wehe thaten«. Die fertige Oper des 15jährigen Mozart kam am 26. December 1770 zur Aufführung, Mozart dirigirte die ersten drei Aufführungen persönlich am Clavier. Der Erfolg war ein vollständiger, 20 Wiederholungen fanden statt. Nun ging die Reise über Venedig, wo sie den größeren Theil des Monats Februar 1771 verlebten, nach der Heimat, in welcher sie Ende März 1771 eintrafen.

Doch nicht lange war es ihnen gegönnt, am heimatlichen Herde von den Mühen der italienischen Triumphreise auszuruhen. Auf den October 1771 war die Vermälung des Erzherzogs Ferdinand mit der Prinzessin von Modena, Beatrix von Este, festgesetzt, und für die großen Festlichkeiten, welche aus diesem Anlasse stattfanden, hatte Wolfgang von Kaiserin Maria Theresia den Auftrag erhalten, eine Serenade zu componiren. Den Brief des Grafen Firmian mit diesem ehrenvollen Auftrage hatte er bei seiner Ankunft in Salzburg bereits vorgefunden. Also schon im August traten Vater und Sohn wieder die Reise nach Italien an. Im October wurde die dramatische Serenade: »Ascanio in Alba« aufgeführt, fand großen Beifall und wurde oft wiederholt. Hasse that, als er der Aufführung beiwohnte, den Ausspruch: »dieser Knabe wird uns alle vergessen machen (questo ragazzo ci fara dimenticare tutti),« und in der That wurde auch Hasse's für diese Festlichkeit componirte Oper von Mozart's Ascanio in den Schatten gestellt. Mozart erhielt für dieses Werk unter Anderem von der Kaiserin eine kostbare Uhr, die noch jetzt[22] als Reliquie von Hand zu Hand geht und sich gegenwärtig im Besitze eines Kunsthändlers in Pest befindet [siehe weiter unten in der Abtheilung: VIII. b) Reliquien].

Im December waren Vater und Sohn schon wieder in Salzburg, wo nach dem bald darauf erfolgten Tode des Erzbischofes Sigismund (eines Grafen Schrattenbach) nicht unwesentliche Veränderungen eintraten. Eine neue Wahl fand statt und ein Hieronymus Graf Colloredo ging am 14. März 1772 aus derselben hervor; es ist derselbe Hieronymus, an dessen Namen sich im Hinblick auf unseren Mozart die traurigsten Erinnerungen knüpfen, der durch seine Rohheit und Gemeinheit so vieles Leid in dieses sonst so schöne Familienleben brachte. Zu den Festlichkeiten, welche anläßlich des Einzuges und der Huldigung des neuen Erzbischofes stattfanden, schrieb Mozart wieder eine dramatische Serenade: »Il sogno di Scipione«, nach einem Textbuche Metastasio's, das von diesem schon im Jahre 1735 zu ganz anderem Zwecke gedichtet worden war. Auch entstanden in diesem Jahre noch mehrere Kirchenstücke und gleichsam als ernste Kunststudien in der Harmonie eine ganze Folge von Symphonien (deren 7), die sonderbarer Weise bisher sämmtlich ungedruckt sind.

Da Mozart auch während seines zweiten Aufenthaltes in Italien in Mailand den Auftrag erhalten hatte, für die Stagione 1772/73 eine neue Oper zu schreiben, so begab er sich im Spätherbste 1772 neuerdings nach Mailand, um daselbst die Vorbereitungen für sein Dramma per Musica Lucio Silla zu treffen, das in den letzten Tagen des December in Scene ging und denselben siegreichen Erfolg hatte, wie die früheren Arbeiten Mozart's. Lucio Silla, der über zwanzig Wiederholungen erlebte,[23] war übrigens das letzte Werk, das Mozart für Italien schrieb. Dieser Aufenthalt Mozart's und seines Vaters in Mailand, in welchem Mozart's Gemüthsstimmung, nach den vorhandenen Briefen zu urtheilen, durch eine heitere Stimmung, ja durch einen fast an Muthwillen grenzenden Frohsinn charakterisirt ist, dehnte sich bis in den Carneval 1773 aus, dessen Freuden sie zum Theile noch mitmachten, worauf sie wieder nach Salzburg zurückkehrten, wo aber das Walten des neuen Herrn einem von seinem Künstlerbewußtsein gehobenen Charakter, wie es jener Mozart's und auch der seines Vaters war, wenig zusagte. Unter mancherlei Bemühungen um eine neue Stelle an einem anderen Orte und unter künstlerischem Schaffen, – meistens Quartette, Symphonien und Verwandtes, – gingen einige Monate dahin; ein im Sommer 1773 ausgeführter Ausflug nach Wien, wahrscheinlich unternommen, um vielleicht eine passendere Stellung zu erlangen, brachte einigen Wechsel in das Einerlei des Salzburger Lebens. Ende September kehrten nun Vater und Sohn in ihre unerquickliche Stellung nach Salzburg zurück. Daselbst blieben sie die übrige Zeit des Jahres und das ganze Jahr 1774, in welchem Mozart sich fleißig mit Componiren und besonders mit der Oper »La finta giardiniera« beschäftigte, welche er im Auftrage des Churfürsten Maximilian III. für München schrieb. Mit dem vollendeten Werke begab er sich noch im December 1774 nach München, leitete die Proben und die am 13. Jänner 1775 stattgehabte erste Aufführung. Der Erfolg war ein über alle Maßen glänzender. Mozart, der in diesem Werke sich von den Oberflächlichkeiten, die bei einer Opera buffa bisher gang und gebe waren, fern gehalten und überhaupt die ganze Ausführung[24] ernst genommen hatte, wurde von Hof und Publikum mit Ehrenbezeugungen überschüttet. Man wollte noch nie eine schönere Oper gehört haben. Nachdem die Oper noch oft wiederholt wurde, kehrten Vater und Sohn in der Charwoche 1775 nach Salzburg zurück und blieben nun daselbst ununterbrochen, bis die rohe Behandlung des Kirchenfürsten ein längeres Verbleiben des letzteren unmöglich machte. Die Einförmigkeit des Salzburger Sclavendienstes, denn zu einem solchen gestaltete sich das Dienen unter einem Manne, wie Erzbischof Hieronymus, wurde nur durch das Schaffen, Einstudiren und Ausführen einiger größerer Kirchenstücke und der dramatischen Cantate: »Il rè pastore« unterbrochen. Diese letztere wurde zu den Hoffesten gegeben, welche anläßlich der Anwesenheit des Erzherzoges Maximilian, jüngsten Sohnes der Kaiserin Maria Theresia, nachmaligen Erzbischofes von Cöln, stattfanden. Die Aufführung war am 23. April 1775 erfolgt. Wie schwer das, ebenso des Sprößlings einer berühmten Adelsfamilie, wie des regierenden geistlichen Fürsten unwürdige Benehmen des Erzbischofes auf der Familie Mozart lastete, darüber gibt das Schreiben des Vaters Mozart Aufschluß, welches er an den Pater Martini im December 1777 richtete, nachdem er seinem Sohne bereits gestattet hatte, die Dienste des Erzbischofes zu verlassen. »Es sind bereits fünf Jahre«, schreibt Leopold Mozart, »daß mein Sohn unserem Fürsten für ein Spottgeld in der Hoffnung dient, daß nach und nach seine Bemühungen und wenige Geschicklichkeit, vereint mit dem größten Fleiße und ununterbrochenen Studien, würden beherzigt werden; allein wir fanden uns betrogen. Ich unterlasse, eine Beschreibung der Denk- und Handlungsweise unseres Fürsten zu machen ...«[25] u.s.w. Wie muß es, fragt man sich hier, mit diesem Dienste traurig bestellt gewesen sein, wenn ein so bedächtiger, ernster, im Uebrigen höfischer und an Unterwürfigkeit ohnehin gewohnter Mann, wie es Mozart's Vater war, zu dergleichen brieflichen Klagen die Zuflucht nimmt. Drastischer conterfeit Mozart in seinem ersten Briefe, nachdem er den Dienst verlassen (Wasserburg, 23. September 1777), seinen verhaßten Peiniger, indem eine Stelle lautet: »... Papa möge brav lachen und lustig sein, wie wir gedenken, daß der Mufti H.C. (Hieronymus Colloredo) ein Ochs, Gott aber mitleidig, barmherzig und liebreich sei«.

Der Vater hatte es nicht gewagt, seinen damals 21jährigen Sohn allein in die Welt ziehen zu lassen und ihm, da er seine Stellung am erzbischöflichen Hofe als vermögensloser Mann aufzugeben nicht im Stande war, die Mutter auf die Reise mitgegeben, auf welcher sich Wolfgang einen würdigeren Posten suchen sollte. Bayern war es zunächst, wohin sich Mutter und Sohn wandten. Sie gingen über München, wo sie wenige Wochen verweilten, über Augsburg, wo sie eine Base besuchten, den Clavierbauer Stein, dessen Tochter Nannette (nachmalige Streicher) kennen lernten, und Mozart mit seinem Spiele bei den Patriziern der Stadt großen Beifall erntete, nach Mannheim, wo sie in den letzten Tagen des Octobers 1777 ankamen. Des Churfürsten Carl Theodor Bestrebungen für die Kunst erweckten anfänglich Hoffnungen auf einen entsprechenden Posten. Der Aufenthalt in Mannheim dehnte sich über vier Monate hinaus. Der Empfang bei dem Churfürsten und überhaupt die Aufnahme bei Hofe ließen nichts zu wünschen übrig, aber dieß war auch Alles. An eine Anstellung Wolfgang's war nicht[26] zu denken. Man interessirte sich lebhaft für ihn, fand sein Spiel unvergleichlich, aber weder eine Stelle im Orchester, wie Mozart sie wünschte, noch den Unterricht der natürlichen Kinder des Churfürsten oder den Auftrag, eine Oper zu schreiben, erhielt er.

Aus der Zeit dieses Mannheimer Aufenthaltes liegt eine stattliche Reihe von Briefen Wolfgang's vor – es sind deren nicht weniger als dreißig – und nicht kurze Billete, sondern ausführliche Schreiben, die sich über Menschen, die dortigen Verhältnisse, Kunstzustände ganz aussprechen. Aus diesen Briefen erhellet auch, wie er in Mannheim nichts fand, was er brauchte, wohl aber Etwas, was ihm bei seinem nächsten Zwecke, eine feste Stellung zu erlangen, völlig überflüssig war – nämlich Liebe. Die Briefe hatten auch den Vater immer bedenklicher und ernster gestimmt. Die materiellen Verhältnisse, die sich durch die vielen Kunstreisen sehr verschlechtert hatten, sollten, so hoffte der Vater, durch den Sohn verbessert werden; von ihm erwartete er, daß er ein praktischer Mann werden, sich eine feste einträgliche Lebensstellung begründen und so den Eltern zurückerstatten werde, was diese für ihn und seine kostspielige Erziehung verausgabt. Alle Hoffnungen des Vaters, die er mit seinem Sohne trug, sollten sich aber mit einem Mal in einem Plane auflösen, der nichts weniger als praktisch aussah und zu dessen Ausführung Wolfgang die Mitwirkung seines Vaters sich erbat. Außer dem Verkehre im Hause des Musikdirectors Cannabich, dessen dreijährige Tochter Rosa Mozart mit vielem Eifer unterrichtete, war er auch ein oft und gerngesehener Gast in der Familie Weber, wo sich unter mehreren schönen und musikliebenden Töchtern auch eine[27] Namens Aloisia befand. Zwei Briefe aus Mannheim, jene vom 2. und 7. Februar 1778, enthüllen uns den Plan, mit dem sich Mozart trug und den schon seine mit ihm in Mannheim sich befindende Mutter nichts weniger als billigte, wie uns darüber die Nachschrift derselben zum ersten Briefe belehrt. Wolfgang's Plan aber war, mit der Weber'schen Familie zusammen zu reisen; er und Weber wollten Concerte geben und die Tochter Aloisia, die übrigens ungewöhnliche musikalische Begabung befaß, sollte sich als Sängerin hören lassen. Mozart's Vater, ein scharfblickender Mann, hatte aus diesem Vorschlage, wie aus den Briefen zwischen den Zeilen bald das Eigentliche herausgelesen, und war über diese Idee seines Sohnes nichts weniger als erbaut. Und in dem Antwortschreiben in welchem der Vater von den berechtigten Hoffnungen spricht, die er auf seinen Sohn gesetzt, stellt er ihm vor, »ob er von einem Weibsbild etwa eingeschläfert, mit einer Stube voll nothleidender Kinder auf einem Strohsacke – oder nach einem christlich hingebrachten Leben mit Vergnügen, Ehre und Reichthum, mit Allem für seine Familie wohl versehen, bei aller Welt in Ansehen sterben wolle?« Welche Wirkung dieser Brief des Vaters auf den Sohn gemacht, dieß ergibt sich aus dem weiteren Verlaufe von Mozart's Leben. Gewiß ist es, daß in Mannheim im Hause des Souffleurs Weber mit der Erweckung des Herzens auch jener herrliche Schatz sich zu erschließen beginnt, den die Nachwelt in seinen unsterblichen Tonwerken bewundert. Gewiß aber ist es auch, daß in Mannheim sein Fuß zuerst in die Hütte der Armuth trat, deren centnerschwerer Staub wahrend seines 25jährigen Ringens mit der Nothdurft des täglichen Erwerbes sich nicht mehr von seinen Sohlen lösen wollte. Die Sopran-Arie[28] mit Recitativ: »Alcandro lo confesso«, mit dem Datum 24. Februar 1778, für Aloisia Weber geschrieben, ist das in Töne gesetzte Liebesgeständniß Mozart's und ihm so heilig, daß er den Vater bittet, »er möge diese Arie, die er ihm geschickt, Niemanden zu singen geben, denn sie sei ganz für die Weber geschrieben und passe ihr wie ein Kleid auf den Leib«.

Am 13. März 1778 verließen Mutter und Sohn Mannheim, wo sie feit dem 28. October 1777 sich aufgehalten hatten, und reisten nach Paris, das sie nach zehnthalbtägiger Reise am 23. März 1778 erreichten. Die Trennung von Aloisia war Mozart schwer und nur durch das Gelöbniß, treu aneinander zu halten, einigermaßen erleichtert worden. Aloisia, damals 15 Jahre alt, hatte es mit diesem Gelöbnisse nicht lehr genau genommen, der ferne Wolfgang war bald vergessen und ein muthiger Schauspieler an seine Stelle getreten, der sie dann geheirathet und zur Madame Lange, während sie selbst sich zu einer gefeierten Sängerin gemacht. Die Romantik hat diese erste Liebe Mozart's in ihrer Weise ausgebeutet, und dieselbe wie die Nadeln eines Dornenstrauches durch die verschiedenen Phasen seines Lebens geschlungen, aber die blutenden Wunden fanden Balsam, den eine befreundete Hand daraufgoß, es war Aloisia's Schwester, Constanze, die später, wie weiter unten folgt, in die innigsten Beziehungen zu Mozart treten sollte.

Der Pariser Aufenthalt war ganz darnach angethan, das liebekranke Herz bald ruhiger schlagen zu machen. Die Kunst trat wieder in den Vordergrund, die Compositionen für das Concert spirituel, für das Theater, für Dilettanten, Besuche bei hohen Herrschaften, das Ertheilen von Unterrichtsstunden nahmen seine ganze Thätigkeit in Anspruch.[29] Herr von Grimm, an den Mozart empfohlen war, und der ihn noch aus der Zeit seines ersten Aufenthaltes kannte, und Grimm's Freundin Madame d'Epinay erwiesen sich gegen ihn liebevoll, empfahlen ihn und öffneten ihm die maßgebenden Kreise. Von Unterrichtgeben und Concerten erhielt er sich und seine Mutter. Von seinen Compositionen aus der Zeit dieses letzten Pariser Aufenthalts ist besonders eine Symphonie, in Künstlerkreisen unter dem Namen »Pariser oder französische Symphonie« (v. Köchel, Nr. 297) besonders bekannt. Einiges Andere, was Mozart in Paris geschrieben, scheint unwiederbringlich verloren zu sein, so z.B. eine zweite Symphonie, die er für das Concert spirituel geschrieben und dem Director Le Gros verkauft, dann die Musik zu dem Ballete: »Les petits riens,« von J.G. Noverre. Auch sollte ihn in Paris ein schwerer Schmerz treffen, die Mutter, die schon in Mannheim über ihre Gesundheit manchmal geklagt hatte, wurde in Paris, wo ihre knappen Geldverhältnisse nicht gestatteten, eine gesunde Wohnung zu nehmen, in der kalten dunklen Wohnung, die sie inne hatten, immer leidender, und erlag, da die Krankheit einen unerwartet raschen Verlauf genommen, in kurzer Zeit ihrem Uebel. Sie starb am 3. Juli 1778. In diesen Nöthen erwies sich Herr von Grimm nicht als der Freund, als der er gern gelten wollte, und nur das rücksichtsvolle Benehmen der Madame d'Epinay konnte Mozart bewegen, in Grimm's Wohnung zu bleiben, bis er Paris verlasse, das so bald als möglich auszuführen Mozart's Entschluß war. Alle Bemühungen, in Paris festen Fuß zu fassen, waren vergebens gewesen. Er gab wohl Lectionen; aber selbst in vornehmen Häusern, wie bei dem Duc de Luynes, wurden[30] sie nicht regelmäßig gezahlt, wie es doch in der Ordnung gewesen wäre und auch sonst schlechter als in anderen Häusern. Für die Bühne ein größeres Werk zu schreiben, was ihm den größten Vortheil gebracht hätte, bot sich ihm keine rechte Gelegenheit. Das Ganze in dieser Richtung beschränkte sich auf die Musik zu dem oben erwähnten Ballete von Noverre, welches mit großem Beifall mehrere Mal über die Bretter ging. In den letzten Tagen des September 1778 verließ endlich Mozart Paris, das er nicht wieder sehen sollte. Herr von Grimm hatte ihm die erwiesenen kleinen Gefälligkeiten öfter so nahe unter die Nase gerückt, daß Mozart froh war, überhaupt aus seiner Nähe zu kommen, und die nächste Gelegenheit, die sich ihm darbot, ergreifend, reiste er über Nancy nach Straßburg, wo er innerhalb drei Wochen zwei Concerte gab, die zusammen ihm sechs ganze Louisd'ors eintrugen!

Von Straßburg reiste er anfangs November ab und kam am 6. in Mannheim an, wo er stark veränderte Verhältnisse und Aloisia ihm gegenüber so fremdthuend fand, als hätte sie ihn früher nicht gekannt. Die heftige Gemüthsbewegung über diese Erfahrung seines Herzens bemeisterte Mozart so gut es ging. An äußeren Anlässen sich zu zerstreuen, fehlte es glücklicher Weise nicht; der kunstsinnige Herr von Dalberg wünschte von Mozart die Composition eines Duodrama, welche Arbeit ihn wohl für längere Zeit von quälenden Gedanken abzog und in dessen Tönen er sein Herzeleid, es so am wirksamsten lindernd, ausklingen lassen konnte. Es ist »Semiramis«, der Text von Gemmingen, das Mozart wohl begonnen, aber nicht vollendet hatte; jedoch auch von dem Fragmente, das nach Mozart's Briefen vorhanden war, hat sich jede[31] Spur verloren. Indessen vermittelte der Vater wieder seinen Eintritt in erzbischöfliche Dienste, zu welchem Schritte Mozart sich nur seinem Vater zu Liebe herbeiließ. Von Mannheim, wo sich Mozart dieses Mal etwa einen Monat aufgehalten hatte, reiste er mit dem Reichsprälaten von Kaisersheim, einem »recht liebenswürdigen« geistlichen Herrn, dem es ein Vergnügen war, ihn als Reisecompagnon mitzuhaben, nach dem Stifte, wo er am 13. December ankam, mehrere Tage daselbst verweilte und dann mit ihm nach München sich begab, wo er am 25. ankam, um bald darauf nach Salzburg, von seinem Vater in besorgnißvoller Sehnsucht erwartet, zurückzukehren. Der Vater fürchtete nämlich, der Erzbischof könnte, über Mozart's längeres Ausbleiben ungeduldig, die Anstellung widerrufen.

Nun blieb Mozart bis zum Herbste 1780 ununterbrochen in Salzburg, und vergaß unter Arbeiten und Studien, wenngleich immer höchst mißvergnügt, »seine jungen Jahre« so in einem Bettelorte in Unthätigkeit verschlafen zu müssen – auf Augenblicke seine drückende Lage. Das Ergebniß seiner musikalischen Thätigkeit war im Ganzen ziemlich bedeutend. Er schrieb in dieser Zeit außer mehreren großen Kirchenstücken, Concerten, Sonaten die zweiactige Oper »Zaide« für Schikaneder in Salzburg. Das verloren gegangene Textbuch wurde erst in neuerer Zeit von Carl Gollmick in Frankfurt a.M. ergänzt und die ganze Oper mit Hinzufügung einer von Anton André componirten Ouverture und des Schlußsatzes, welche fehlten, von André in Offenbach herausgegeben. Auch fallen in diesen Salzburger Aufenthalt die Chöre und Zwischenacte zu Gebler's heroischem Drama: »Thamos, König in Egypten,« und endlich wurde ihm zu seiner größten Freude[32] von München aus der Auftrag, für den Carneval 1781 eine große Oper zu schreiben. Es war die dreiactige Opera seria: »Idomeneo rè di Creta;« Text von dem Hofcaplan Varesco in Salzburg. Anfangs November reiste nun Mozart nach München, um dort sein Werk zu vollenden und die Vorbereitungen zur Aufführung, die er selbst leiten wollte, zu treffen. Das Einstudiren mit den Sängern und dem Chorpersonale, von denen die ersteren, namentlich der Castrat Dal Prato, Alles zu wünschen übrig ließen, nahm ihn stark in Anspruch. Besser stand es mit den weiblichen Partien, die von Dorothea Wendling und von ihrer Schwester Elisabeth gesungen wurden. Am 29. Jänner 1781 fand die Aufführung statt, zu der Vater und Schwester Mozart's eigens nach München gereist waren. Merkwürdiger Weise liegen über die Erfolge der Aufführung keine Berichte vor. Aber es war das erste wirklich große Werk, es war, um sich der Worte seines Biographen zu bedienen, »das Werk des zu völliger Selbstständigkeit gereiften und in frischer Jugendkraft stehenden Meisters.«

Während sich Mozart noch in München aufhielt war der Erzbischof nach Wien gereist, wohin er, um mit dem vollen Glanz eines geistlichen Fürsten aufzutreten, stattliche Einrichtung, Dienerschaft und seine besten Musiker mitgenommen hatte. Auch Mozart erhielt Mitte März den Befehl, nach Wien zu kommen, wo sich das Geschick seiner Zukunft in der nächsten Zeit entscheiden sollte. Am 16. März war er in Wien angekommen. Seine Briefe vom folgenden Tage bis zum 19. Mai 1781 – zwölf an der Zahl, die uns sämmtlich erhalten sind – geben ein deutliches und wahrhaft trauriges Bild der unwürdigen Behandlung, des von Nergeleien des Fürsten wie seines[33] Oberstküchenmeisters Grafen d'Arco verkümmerten Lebens Mozart's. Auf ein unbedeutendes Gehalt weniger hundert Gulden angewiesen, wurde ihm jede Gelegenheit – und es boten sich ihm in der musikliebenden Residenz unzählige – durch Concerte, Akademien und Auftreten in den Gesellschaften des hohen Adels sich und seines Vaters Lage einigermaßen zu verbessern, durch launenhafte Verweigerung und boshaftes Abschlagen der in dieser Richtung gestellten Bitten benommen. Mit der Dienerschaft gleichgestellt, wurde er ungleich schlechter behandelt als diese. Längere Zeit ließ sich Mozart die schweren Demüthigungen gefallen, immer aus Rücksicht für seinen Vater. »Wenn Sie nicht wären,« schreibt er an ihn im Briefe vom 8. April, »so schwöre ich Ihnen bei meiner Ehre, daß ich keinen Augenblick versäumen würde, sondern gleich meine Dienste quittirte.« Aber endlich wurde das Maß zu voll und es ging über. Am 9. Mai – es war wegen der Rückreise – kam es zum unvermeidlichen Bruche. Der Fürst hatte Mozart rufen lassen, um ihm einige Befehle zu geben. »Als ich zu ihm hineinkam,« so schreibt Mozart im Briefe an seinen Vater vom 9. Mai, »so war das Erste: ›Wann geht er, Bursch?‹ (Mozart zählte damals 25 Jahre.) Mozart erwiderte: ›ich habe wollen heute Nacht gehen, allein der Platz war schon ver stellt.‹ Da ging's in einem Odem fort, ich sei der liederlichste Bursche, den er kenne, kein Mensch bediene ihn so schlecht, wie ich, er rathe mir, heute noch wegzugehen, sonst schreibt er nach Haus, daß die Besoldung eingezogen wird. Man konnte nicht zur Rede kommen, das ging fort wie ein Feuer. Ich hörte Alles gelassen an, er lügte mir in's Gesicht, ich hätte fünfhundert Gulden Besoldung, hieß mich einen Lump, Lausbuben, einen Fex –[34] o ich möchte Ihnen nicht Alles schreiben! – Endlich, da mein Geblüt zu stark in Wallung gebracht wurde, so sagte ich: Sind also Eu. H. Gnaden nicht zufrieden mit mir? – Was, er will mir drohen, er Fex, o er Fex! – Dort ist die Thür, schau er, ich will mit einem solch' elenden Buben nichts mehr zu thun haben. – Endlich sagte ich: ›Und ich mit Ihnen auch nichts mehr.‹ – ›Also geh' er,‹ und ich im Weggehen: ›Es soll auch dabei bleiben, morgen werden Sie es schriftlich bekommen.‹ Und am folgenden Tage gab es Wolfgang Amadäus Mozart schriftlich dem Erzbischof von Salzburg, Hieronymus Grafen Colloredo, daß er nichts mehr mit ihm zu thun habe; und die Kette, die Mozart seit Jahren getragen, war zerbrochen. Wohl folgten noch Unterredungen mit dem Grafen Arco und eine Scene mit demselben, die Mozart im Briefe vom 9. Juni meldet, und die der edle Graf zum bleibenden Andenken an die feine Sitte seines Hauses durch Aufnahme in ein neues Feld seines Wappens heraldisch hätte verewigen sollen; aber das änderte im Wesentlichen nichts.«

Mozart's Zukunft hatte sich sorgenvoller gestaltet, aber er war frei, frei von den unwürdigen Fesseln, die ihn, je älter er geworden wäre, in seiner künstlerischen Entwickelung gehindert, um so gewisser seine Schaffenslust gelähmt hätten. So aber unter täglicher Nothdurft Sorgen blieb frei sein Geist, dessen Zauberruf der Tonkunst ewig goldnen Morgen in unerreichten Werken schuf. Nachdem also Mozart in der vorbeschriebenen Weise auf die Straße gesetzt war – doch, wenn er nicht alle Achtung vor sich selbst verlieren wollte, konnte er nicht anders, als er gethan – quartierte er sich bei der Familie Weber ein, die, nachdem Vater Weber gestorben, nach Wien gezogen war.[35] Sie bestand damals aus der Mutter und den vier Töchtern, Aloisia, verheiratet an den Hofschauspieler Josef Lange, Josepha, Constanze und Sophie. Daß die Wunde, die Aloisia Mozart geschlagen, noch nicht ganz vernarbt war, wissen wir von Mozart selbst, der in seinem Briefe vom 12. Mai an den Vater schreibt: »ich liebe sie aber in der That und fühle, daß sie mir noch nicht gleichgiltig ist – und ein Glück für mich, daß ihr Mann ein eifersüchtiger Narr ist und sie nirgends hinläßt und ich sie also selten zu sehen bekomme.« Mozart war nun auf sich selbst gestellt, und in der ersten Zeit, um einigermaßen festen Fuß zu gewinnen, mit Dingen in Anspruch genommen, die zu allem anderen, nur nicht zum Schaffen anregen. Dazu gesellte sich eine nicht zu verkennende Verbitterung von Seite seines Vaters, die sich in einzelnen, ein fühlendes Gemüth leicht verwundenden Stellen der Briefe nur zu oft kundgab und den Sohn unangenehm berührte. Die Oper »Idomeneo« wurde bei der Gräfin Thun noch in demselben Jahre gespielt und mag in mancher Weise für Mozart's Bekanntwerden fördernd gewirkt haben. Mozart gab Clavierstunden und schrieb einige Sonaten, die auch im Stiche erschienen; und Graf Rosenberg, der die Leitung des kaiserlichen Theaters über sich hatte, beanftragte ihn eine Oper zu schreiben. Ein passendes Libretto dazu fand sich endlich in Bretzner's »Entführung aus dem Serail.« Mozart ging sogleich an die Composition, die aber wegen Umänderung des Textbuches für längere Zeit unterbrochen wurde. –

Indessen entwickelten sich die Angelegenheiten des Herzens immer rascher; während »Belmont und Constanze,« wie die Oper »Entführung aus dem Serail« auch heißt, ruhen mußte,[36] ging die Herzensgeschichte Mozart und ConstanzeConstanze Weber, Aloisia's Schwester – ihrem von beiden Theilen erwünschten Abschluß entgegen. »Nun aber, wer ist der Gegenstand meiner Liebe?« schreibt Mozart selbst an seinen Vater (Wien, 15. December 1781). – »Erschrecken Sie auch da nicht, ich bitte Sie – doch nicht eine Weberische? – Ja, eine Weberische – aber nicht Josepha, nicht Sophie – sondern Constanze, die Mittelste. – Ich habe in keiner Familie solche Ungleichheit der Gemüther angetroffen, wie in dieser – die älteste ist eine faule, grabe, falsche Person, die es dick hinter den Ohren hat. Die Langin ist eine schlechtdenkende Person und eine Coquette – die Jüngste ist noch zu jung, um etwas sein zu können – ist nichts als ein gutes, aber zu leichtsinniges Geschöpf, Gott möge sie vor Verführung bewahren. – Die Mittelste aber, nämlich meine gute liebe Constanze ist – die Märtyrin darunter und eben deßwegen vielleicht die gutherzigste, geschickteste, mit einem Worte die beste darunter; – die nimmt sich um Alles im Hause an – und kann doch nichts recht thun .... versteht die Hauswirthschaft, hat das beste Herz von der Welt – ich liebe sie und sie liebt mich vom Herzen. – Sagen Sie mir, ob ich mir eine bessere Frau wünschen könnte?« So lautet die briefliche Verlobungsanzeige, die Mozart seinem Vater nach Salzburg erstattet, der übrigens von dieser Mittheilung unangenehm berührt war, aber, wie die Dinge einmal standen, auch nichts dagegen sagen oder unternehmen konnte.

Während des stillen Fortganges von Mozart's Herzensgeschichte nahmen auch die anderen Angelegenheiten Mozart's ihren Gang. Nachdem die Aenderungen im[37] Textbuche vorgenommen waren, setzte Mozart seine Arbeiten mit der Oper »Die Entführung aus dem Serail« fort, und hatte sie im Juli 1782 glücklich vollendet. Die Vorbereitungen zur Aufführung nahmen ihn nun auch sehr in Anspruch und um so mehr, als, je mehr die Zeit der Aufführung herannahte, die Cabalen von allen Seiten sich mehrten, so daß es wieder des ausdrücklichen Befehls des Kaisers bedurfte, um die Aufführung zu ermöglichen, die nun endlich auch am 12. Juli 1782 unter großem Beifalle stattfand und noch im Laufe des Jahres 16 Mal wiederholt wurde.

Als wiederholte Bitten um Einwilligung zur Heirat von Seite des Vaters unbeantwortet blieben, Constanze aber, die, um sie vor der Rohheit der Mutter zu schützen, von Mozart in die Obhut einer ihm befreundeten Baronin Waldstätten gegeben worden war, von der Mutter unter Drohung eines Scandals zurückverlangt wurde, so machte Mozart – ohne viele Vorbereitungen zur Einrichtung des Hausstandes – am 4. August 1782 Hochzeit, welche bei Frau von Waldstätten gefeiert wurde. Der Rest des Jahres 1782 und das folgende verfloß unter ziemlich einförmiger, wenngleich angestrengter Thätigkeit, als Lectionen geben, Akademien veranstalten oder in diesen, sowie in Gesellschaften des hohen Adels spielen, componiren und auf die Compositionen subscribiren lassen u.s.w. Mozart selbst schildert dieses Treiben in einem Briefe an den Vater vom 28. December 1782, indem er schreibt: »Ueberhaupt habe ich so viel zu thun, daß ich oft nicht weiß, wo mir der Kopf steht. Der ganze Vormittag bis zwei Uhr geht mit Lectionen herum, dann essen wir, nach Tisch muß ich doch eine kleine Stunde meinem armen Magen[38] zur Digestion vergönnen. Dann ist der einzige Abend, wo ich etwas schreiben kann, und der ist nicht sicher, weil ich öfters zu Akademien gebeten werde.« Was seine Compositionen aus dieser Zeit betrifft, so tragen sie – die größeren wenigstens – das Gepräge, daß ihm die zu solchen nöthige äußere und vielleicht auch innere Ruhe fehlte. Die Sorge um das tägliche Brot tritt, da er nun nicht mehr für sich allein zu sorgen hat, gebieterisch auf; Sorge aber hat der Phantasie noch nie Nahrung gegeben, wohl aber sie immer niedergedrückt, oder zu falschem Fluge veranlaßt. Damit soll jedoch nicht gesagt sein, daß Mozart etwa Noth litt, oder daß seine Werke aus dieser Zeit nicht den Stempel des Genius an sich trügen. Er konnte sich nur zu etwas Größerem nicht sofort erheben. Zwei größere Arbeiten, die er in dieser Zeit in Angriff nahm, sind unvollendet geblieben. Die eine, die Opera buffa: »L'oca di Cairo,« die Gans von Kairo, kam in der Zeit zu Stande, als Mozart das längst beabsichtigte, aber durch allerlei Nebenumstände immer verschobene Project, seine Frau dem Vater in Salzburg vorzuführen, Ende Juli 1783 verwirklichte. Während seines dreimonatlichen Aufenthaltes in Salzburg schrieb er die erwähnte Oper nach dem Textbuche von Varesco, der ihm auch den Text zu »Idomeneo« geschrieben hatte. Jedoch blieb das Werk unvollendet und Jahrzehende ungedruckt und unaufgeführt. Erst André in Offenbach, der das Werk im Jahre 1799, wahrscheinlich von Mozart's Witwe, um 100 Ducaten an sich gebracht, druckte es im Clavierauszuge nach dem unvollendeten Partitur-Entwurf. Nun gerieth ein Herr Victor Wilder auf den Gedanken, das Werk für das Theater nutzbar zu machen; er vervollständigte es aus anderen Arbeiten Mozart's, der[39] Musiker Charles Constantin in Paris übernahm es, die Nummern zu instrumentiren, und so kam 80 Jahre nach ihrer Entstehung die Oper zuerst in Paris zur Aufführung, dann in Berlin und zuletzt in Wien, wo sie im Jahre 1868 am 15. April zum ersten Male über die Breter des Carl-Theaters ging. Die zweite, gleichfalls unvollendete größere Arbeit ist die zweiactige Opera buffa: »Lo sposo deluso.« Die übrigen Compositionen aus dieser Periode sind meist Sonaten, Concerte, mehrere, darunter vortreffliche, Arien, die er für damals beliebte Sänger und Sängerinen, wie Madame Lange, Herr Adamberger u.A., als Einlagen in andere Opern componirte.

In den letzten Tagen des October 1783 kehrte Mozart mit seiner Constanze über Linz, wo er am 4. November ein Concert gab, nach Wien zurück. Auch die folgenden Jahre, 1784 und 1785, gehen unter dem lärmenden Tohubohu eines ruhelosen Musiktreibens dahin. An dem ungeschickten Texte Varesco's die »Gans von Kairo« hatte sich Mozart so lange abgemartert, bis er das Ganze unwillig bei Seite legte und nicht wieder aufnahm. Hingegen hatte er für Verleger fleißig an Concerten, Sonaten und Tänzen zu thun. Auch eine Cantate kam zu Stande, jedoch war diese nicht ganz neu, sondern aus einer von Mozart im Jahre 1783 componirten C-moll-Messe zusammengestellt. Es ist die Cantate: »Davidde penitente,« welche am 13. und 17. März 1785 im Concerte für den Pensionsfond der Musikwitwen zu Wien im Burgtheater aufgeführt wurde. Wahrhaft aufreibend aber waren die Akademien, in denen Mozart spielen mußte. Wir erhalten einen Begriff davon, wenn man in seinem Briefe vom 20. März 1784 die Liste der Akademien sieht, in[40] denen Mozart im Zeitraum von fünf Wochen zu spielen hat, es sind derer nicht weniger als 23. Und wie anstrengend diese Productionen gewesen, erhellet aus Mozart's eigenen Mittheilungen: »übrigens bin ich,« schreibt er selbst, »die Wahrheit zu gestehen, gegen das Ende hin müde geworden von lauter Spielen, und es macht mir keine geringe Ehre, daß meine Zuhörer es nie wurden.« Die Bemühungen, ein taugliches Libretto zu erlangen, um sich wieder in ein größeres Werk zu vertiefen, blieben erfolglos; der ihm von dem Dramaturgen Anton Klein in Mannheim zugeschickte Operntext: »Rudolph von Habsburg« wurde nicht componirt, wohl zunächst aus dem Grunde, weil für die Aufführung keine bestimmte Bühne in Aussicht genommen war. Denn eine kleine Operette, die er im Auftrage des Kaisers Joseph für das kaiserliche Haustheater in Schönbrunn schrieb, nahm ihn ja so stark nicht in Anspruch. Diese einactige Operette: »Der Schauspieldirector,« wurde am 7. Februar 1786 in Schönbrunn aufgeführt. In der neuesten Zeit wurde das harmlose Werkchen durch pietätlosen Unverstand verballhornt, und Mozart darin, während seine Musik das Herz erfreut, dadurch lächerlich gemacht, daß er selbst in dieser Operette spielend und zwar als ein Lüstling und als ein Knecht Schikaneder's, dieses Inbegriffs der Gemeinheit dargestellt wird. Diese Verherrlichung eigener Art hat Mozart einem ehemaligen königlichen Vorleser, genannt Louis Schneider, zu verdanken. Endlich fand sich der rechte Mann, der in Mozart's Nähe lebte und mit dem also, wenn er ein Textbuch schrieb, die erforderlichen Aenderungen sofort besprochen und in Ordnung gebracht werden konnten. Es war Lorenzo da Ponte, ein italienischer[41] Abbate, mit dem Mozart durch Baron Wezlar, der in Mozart's Briefen als der »reiche Jude« charakterisirt ist, bekannt geworden war. Da Ponte hatte das Libretto: »Le nozze di Figaro« nach Beaumarchais' gleichnamigem Lustspiel bearbeitet und Mozart sich mit allem Eifer auf die Composition geworfen. Diese Oper war es nun, die in den letzten Monaten des Jahres 1785 und Anfangs 1786 Mozart's Thätigkeit vollends in Anspruch nahm. Daß er auch während dieser Arbeit nicht auf Rosen gebettet war, erkennt man aus der Stelle eines Briefes von Mozart's Vater an seine Tochter, die damals bereits an Baron Berchtold verheirathet war, und worin es anläßlich dieser Oper heißt: »es wird viel sein, wenn er reussirt, denn ich weiß, daß er erstaunlich starke Kabalen wider sich hat. Salieri mit seinem ganzen Anhange wird wieder suchen, Himmel und Erde in Bewegung zu setzen. Duschek sagte mir neulich, daß der Bruder so viele Kabale wider sich habe, weil er wegen seines besonderen Talentes und Geschicklichkeit in so großem Ansehen stehe.« Auch bei dieser Oper mußte der Kaiser einen Machtspruch thun und die Aufführung anbefehlen, die dann endlich am 1. Mai 1786 auch stattfand. Nie hat man einen glänzenderen Triumph gefeiert, schreibt ein gleichzeitiger Berichterstatter, als Mozart mit seinem »Nozze di Figaro.« Das Haus war gedrängt voll, fast jedes Stück mußte wiederholt werden, so daß die Oper die doppelte Zeit spielte. Doch gelang es, nachdem die Oper den Sommer 1786 hindurch oft gegeben worden, sie durch das Werk eines Nebenbuhlers wenigstens einstweilen vom Repertoire zu verdrängen.

Neben diesen Triumphen, die aber nichts weniger als von entsprechenden materiellen Erfolgen begleitet waren,[42] stellten sich auch häusliche Sorgen – und nicht der kleinsten Art ein. Im Herbste 1786 überstand Constanze das dritte Wochenbett. Auch dieses wie schon die beiden früheren dauerte lange, verursachte nicht geringe Auslagen, und die daraus entspringenden Kümmernisse trübten Mozart's Schaffenslust. Er dachte schon ernstlich auf einträglichere Subsistenzquellen und beschäftigte sich im Gedanken mit einer Reise nach England, die er im Frühjahre 1787 anzutreten gedachte. Die günstigen Erfolge seiner beiden letzten Opern: »Die Entführung aus dem Serail« und »Le nozze di Figaro« in Prag hatten eine Aenderung seines Entschlusses zur Folge, da im Jahre 1787 die Prager Musikfreunde an ihn die Einladung ergehen ließen, nach Prag zu kommen, und daselbst Concerte zu geben, und er dieser Einladung auch Folge leistete. Mozart trat in den ersten Tagen des Jänner die Reise nach Prag an, wo er am 11. Jänner 1787 eintraf. Diese Prager Reise trug ihm und der Welt eine herrliche Frucht. Der Impresario Bondini gab ihm den Auftrag, für den kommenden Herbst eine Oper zu schreiben. Da Ponte wurde als Textdichter gewählt und von diesem die alle drastischen Elemente in sich vereinigende Geschichte Don Juan's, dieses »sogetto esteso multiforme sublime,« vorgeschlagen und angenommen. Mit den Ideen über diese neue Arbeit, die sich so großartig gestalten sollte, wie keine seiner früheren, kehrte er nach Wien zurück, wo ihn bald Nachrichten betrübender Natur ereilten: sein Vater lag sehr schwer krank. Aus einem aus diesem Anlasse an den Vater gerichteten Schreiben Mozart's läßt sich nun entnehmen, daß Mozart schon einige Jahre vor seinem Tode sein eigenes vorschnelles Ende ahnte. Wie anders sollte sonst[43] die folgende Stelle seines Briefes an den Vater,ddo. 4. April 1787 – damals zählte Mozart das lebenslustige Alter von 31 Jahren, in dem man doch nichts weniger als an's Sterben denkt – zu deuten sein? Diese Stelle aber, vor welcher Mozart die Hoffnung ausspricht, bald tröstende Nachricht von dem Vater selbst zu erhalten lautet »... da der Tod (genau zu nehmen) der wahr Endzweck unseres Lebens ist, so habe ich mich seit ein paar Jahren mit diesem wahren besten Freunde des Menschen so bekannt gemacht, daß sein Bild nicht allein nichts Schreckendes mehr für mich hat, sondern sehr viel Beruhigendes und Tröstendes! Und ich danke Gott, daß er mir das Glück gegönnt hat, mir die Gelegenheit (Sie verstehen mich) zu verschaffen, ihn als den Schlüssel zu unserer wahren Glückseligkeit kennen zu lernen. Ich lege mich nie zu Bette, ohne zu bedenken, daß ich vielleicht (so jung als ich bin) den andern Tag nicht mehr sein werde, und es wird doch kein Mensch von allen die mich kennen, sagen können, daß ich im Umgange mürrisch oder traurig wäre.« Diesem Briefe an seinen Vater folgte schon nach einigen Wochen später die Nachricht von dem am 28. Mai 1787 rasch erfolgten Tode desselben. Noch tiefer ergreift uns aber eine in einem Stammbuche am 3. September 1787 unter die Verse seines vertrauten Freundes geschriebene Stelle. Dieser Freund war Barisani, ein Sohn des erzbischöflichen Leibarztes zu Salzburg, der Mozart, wenn er leidend war, behandelte. Auch Barisani starb im Sommer 1787, und an seinem Todestage, am 3. September, schrieb Mozart unter die Verse des oberwähnten Stammblattes: »Heute, am 3. September dieses nämlichen Jahres war ich so unglücklich, diesen edlen Mann, liebsten[44] besten Freund und Erretter meines Lebens ganz unvermuthet durch den Tod zu verlieren. Ihm ist wohl! – – aber mir – uns und Allen, die ihn genau kannten – uns wird es nimmer wohl werden – bis wir so glücklich sind, ihn in einer besseren Welt – wieder – und auf nimmer scheiden zu sehen.« Wie tief mußte das Weh des Lebens in Mozart's noch so jungem Herzen schon Wurzel gefaßt haben, wenn er den verblichenen theueren Freund um sein rasches Ende beneidet und sein eigenes irdisches Elend so tief empfindet! Unter angestrengter schöpferischer Arbeit mag er wohl seinen Jammer vergessen oder aber in jene herrlichen Klänge aufgelöst haben, die wir noch heute bewundern.

Mozart arbeitete eben am »Don Juan« und begab sich noch im September d.J. nach Prag, um ihn dort zu vollenden. Am 29. October ging die Oper in Prag in die Scene und feierte einen großartigen Erfolg. Von der Ouverture bis zum Finale des letzten Actes endete der Beifallsjubel nicht. Nachdem mehrere Aufführungen immer mit gesteigertem Erfolge stattgehabt, kehrte Mozart nach Wien zurück. Dort trat nun gegen das Ende des Jahres 1787 eine Wendung zum Bessern in seinen Verhältnissen ein. Wie es so gekommen, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Gluck war im November 1787 gestorben; die Nachricht, daß Mozart die Absicht habe, nach England zu übersiedeln, war ziemlich stark verbreitet; kurz am 7. December 1787 wurde Mozart zum k.k. Kammermusicus ernannt. Der Gehalt betrug 800 Gulden jährlich, über welche Summe Mozart selbst einmal in bitterem Unmuthe, daß er nicht mehr beschäftigt werde, den Ausspruch that: »Zuviel für das, was ich leiste, und zu[45] wenig für das, was ich leisten könnte.« Indessen wuchsen die Bedürfnisse der Familie und waren bei Mozart, der seinen durch vieles und nächtliches Arbeiten abgespannten Geist künstlich erregen mußte, mitunter kostspielig, so daß sie mit der gewöhnlichen Einnahme nicht zu beschaffen waren, die außergewöhnlichen aber sich nur spärlich und dann auch nur in mäßigen Summen einstellten. Einige Fluth in der Ebbe seines Beutels brachte die noch im Frühlinge 1788 stattgehabte Aufführung des »Don Juan« in Wien. Jedoch lassen die Briefe aus diesem Jahre schwere Geldnöthen vermuthen, aus welchen sich zu reißen Mozart alle erdenklichen Anstrengungen machte, und nun auch eine Reise über Dresden nach Berlin unternahm, um durch Concerte oder vielleicht auch sonst seine Lage zu verbessern. Er befand sich im April in Dresden, wo er wenige Tage verweilte, ging dann nach Leipzig, wo er drei Wochen blieb, und zuletzt nach Berlin, wo er am 19. Mai ankam; und am 31. desselben Monats war er schon wieder in Prag eingetroffen. Aber auch diese Reise hatte nicht jene materiellen Erfolge gehabt, die er gehofft. In einem Briefe aus Berlin vom 23. Mai 1789 legt er seiner Frau, für die seine Briefe immer eine liebevolle Zärtlichkeit athmen, Rechnung, und es erfüllt den Leser mit Wehmuth, wenn er ihr schreibt: »Mein liebstes Weibchen, du mußt dich bei meiner Rückkunft schon mehr auf mich freuen, als auf das Geld.« Und nun folgt eine detaillirte Rechnung, die sehr zu Gunsten des Briefschreibers plaidirt, womit jedoch seinen häuslichen Bedürfnissen nicht abgeholfen war. Dazu gesellte sich bald nach seiner Rückkehr aus Berlin eine schwere Erkrankung seiner Frau, wodurch seine bisherigen, oft mißlichen, aber noch immer erträglichen Verlegenheiten sich zu wirklichen Bedrängnissen[46] steigerten. Ein um diese Zeit an ihn gestelltes Berliner Anerbieten schlug Mozart nach einer Unterredung mit dem Kaiser aus, da er denn meinte, ein gutes Gehalt findet man wohl anderswo, aber einen Kaiser Joseph nimmer wieder; – es ist dies ein Zug jener Innigkeit in Mozarts Gemüthsleben, die er mit keinem Andern, es wäre denn Vater Haydn, gemein hat.

Die Krankheit der Frau dauerte lange und der Auftrag des Kaisers, der sich eben in diesen Tagen wieder an Figaro's Hochzeit erfreut hatte, eine komische Oper zu schreiben, brachte einen Sonnenstrahl in sein häusliches Mißgeschick, das so groß gewesen sein mußte, daß es seine ganze schöpferische Kraft lähmte, da die Zahl seiner Werke in den letzten zwei Jahren vor seinem Tode 1789 auf 18, meist Arien und Quartette, und im Jahre 1790 gar auf 7, darunter wohl eine größere Oper, herabsanken, während sie in den Vorjahren zwischen 31, 16, 21, 24, 36 steigt und fällt und im letzten Jahre, das er nicht ausgelebt, sich auf 32 erhebt und unter diesen die großartigsten Compositionen aufweist. Das größere Werk, das Mozart auf Befehl des Kaisers Joseph im Jahre 1789 schrieb, war die komische Oper: »Cosi fan tutte,« deutsch auch unter dem verlockenden Titel: »Die Weibertreue« bekannt, wozu wieder Lorenzo da Ponte den Text geliefert. Die erste Aufführung derselben erfolgte in Wien am 26. Jänner 1790; sie wurde noch im nämlichen Jahre zehnmal gegeben, dann aber erst nach seinem Tode, 1794, in deutscher Bearbeitung wieder auf die Bühne gebracht. In seiner Noth, die nach Briefen an ihm befreundete Personen nicht abnahm, setzte er seine Hoffnungen auf eine Verbesserung seiner Stellung bei Hofe, die er anstrebte, indem er sich um eine zweite[47] Hofcapellmeisterstelle, später, wenige Monate vor seinem Tode, um Adjungirung zu dem schon älter gewordenen Domcapellmeister bei St. Stephan bewarb. Das flüchtig geschriebene, vielfach corrigirte Concept des Gesuches um ersteren Posten wird noch im Mozarteum zu Salzburg, das um letztere Stelle von Herrn Paul Mendelssohn-Bartholdy in Berlin aufbewahrt. Daß es ohne Erfolg geblieben, ist bekannt. Kaiser Leopold hatte mit dem Thron nicht auch die Huld, welche Joseph für seinen Mozart hatte, ererbt, und manche Hoffnungen, auf welche Mozart in seiner Stellung als kaiserlicher Kammermusicus baute, wurden zu Wasser. Während Salieri, Weigl, die Cavalieri und die Gebrüder Stadler öfters aufgefordert wurden, bei Hofe zu spielen, blieb Mozart unberücksichtigt. Als die Krönung des Kaisers in Frankfurt a.M. stattfand, hoffte Mozart mit den Musikern des Hofes, die auf kaiserliche Kosten dahin gesandt wurden, in gleicher Weise hinzugehen. Das war nicht der Fall, und um dahin zu reisen, weil sich ihm dort während der Festlichkeiten Aussichten zu schönen Einnahmen darboten, versetzte er einen Theil seines Silbergeräthes und trat am 24. September 1790 die Reise an, am 29. in Frankfurt eintreffend. Auch hier hatten sich Mozart's Erwartungen, mit vollem Säckel heimzukehren, nicht erfüllt. Er kehrte über München nach Wien zurück wo er einige Wochen später mit schwerem Herzen von seinem Freunde Haydn, der nach England ging, Abschied nahm. Es war ein Scheiden auf Nimmerwiedersehen, und Neukomm, ein Schüler Haydn's, hat es aus dessen Munde selbst, daß Mozart ihm beim Abschiede mit thränenden Augen gesagt: »Ich fürchte, mein Vater, dieß ist das letzte Mal, daß wir uns[48] sehen,« und es war auch in der That so. Mozart sollte Haydn in London ablösen, so waren die Verabredungen mit Salomon, der Haydn für die Londoner Concerte engagirt hatte, getroffen. Jetzt hob sich wieder, wie in einer Vorahnung der ihm noch gegönnten kurzen Lebensfrist, Mozart's Schaffensdrang, und sein Todesjahr war das reichste nicht nur an Schöpfungen überhaupt, sondern an großartigen Schöpfungen. Die ersten Monate bis tief in den Frühling verlebte er – aber schon manchmal merklich leidend – in Wien. Im Mai nahm dann seine Constanze zur Herstellung ihrer angegriffenen Gesundheit einen längeren Badeaufenthalt in Baden, wo er sie nur zeitweise besuchte, da ihn sein Beruf zunächst an Wien fesselte. Nach einer bereits im März stattgehabten Unterredung mit Schikaneder arbeitete Mozart an der von ihm übernommenen Composition einer Oper, der »Zauberflöte«, deren Text Schikaneder schrieb. Mozart vollendete sie auch und sie wurde am 30. September 1791 zum ersten Male in Wien gegeben, während drei Wochen früher, am 6. September, zu Prag die zur Krönung des Kaisers Leopold als König von Böhmen in Prag im Auftrage der Stände Böhmens geschriebene Oper »Titus« in die Scene ging. Zu dieser Oper hatte Mozart Mitte August den Auftrag erhalten und ungeachtet seines körperlichen Unwohlseins war sie in 18 Tagen vollendet und aufgeführt.

Während dieses letzten Aufenthaltes in Prag war Mozart bereits sehr leidend und die anstrengende Composition der Festoper mochte wohl nicht dazu beigetragen haben, seinen physischen Zustand zu bessern. Nach Wien zurückgekehrt, setzte er die Arbeit an der »Zauberflöte« fort, und dann gesellte sich noch unter ganz eigenthümlichen – ja fast geheimnißvollen –[49] Umständen die Bestellung eines Requiems hinzu, das als Tonstück selbst, wie unter den Verhältnissen, unter denen es verlangt worden, nichts weniger als geeignet war, die Lebenslust des schon schwer Leidenden neu anzufachen. Erst die Zukunft lüftete den Schleier, der lange Zeit über dem unvollendet gebliebenen Requiem gelegen war. Ein Graf Wallsegg entpuppte sich als jener räthselhafte Fremde, der das Requiem bestellt, das Mozart's Schwanengesang geworden. Sein Zustand nahm eine immer bedenklichere Wendung; aber aus den Krankenberichten der Aerzte ist es nicht möglich, das eigentliche Leiden zu erkennen, das ihn dahingerafft. Die Muthmaßung einer absichtlichen Vergiftung beruht zunächst auf einer Aeußerung Mozart's, die er, bereits schwer leidend, auf einem Gange in den Prater im Schmerze seiner zu Tode betrübten Seele gegen seine Constanze that. »Ich fühle mich zu sehr«, sagte er zu Constanzen, »mit mir dauert es nicht mehr lange. Gewiß, man hat mir Gift gegeben. Ich kann mich von diesem Gedanken nicht loswinden.« In der That besaß Mozart viele Neider und deshalb auch viele und erbitterte Feinde, von denen ihm mehr als Einer die Stelle im Orkus gewünscht haben mochte. Aber alle Nachforschungen, die in dieser Richtung in erschöpfendster Weise gepflogen worden, haben den Tod Mozart's, mit Beseitigung jedes Vergiftungsverdachtes, in eben so sicherer, als faßlicher Weise erklärt. Von Haus aus schwächlich, hatte er sich durch ein von seinen Verhältnissen zunächst bedingtes regelloses Leben, in welchem er die Nacht zum Tage machte und am Tage dem schweren leidigen Erwerbe nachging, durch überanstrengende geistige Arbeit, zu der noch die[50] Sorge um ein geliebtes Weib und die Kinder hinzutrat, den Tod in der natürlichsten Weise von der Welt geholt. Einige Zeit vor seinem Tode schien es, als wolle sich sein Leiden zum Bessern wenden, er schöpfte sogar einigen Lebensmuth, componirte eine Cantate, die von einer Gesellschaft zu einem Feste bestellt worden war; ja nahm wieder das Requiem vor, das ihm seine Gattin nach jenem Spaziergange im Prater, von dem er gebrochen heimgekehrt war, sofort hinweg genommen hatte. Aber diese Besserung war von kurzer Dauer. Es war das kurze Aufflackern der verlöschenden Flamme. Das Uebel kehrte nur heftiger wieder. Das Requiem lag auf seinem Sterbebette; es war die letzte Arbeit, mit der er sich beschäftigt und über die er seinem Freunde Süßmayr, der sein Schüler war, noch vor dem Tode einige Andeutungen gab. Nachdem es immer schlechter mit ihm wurde, bat Constanze die eben zum Besuche anwesende Schwester Sophie (nachmalige Frau Haibel), welche bei Mozart's Sterben anwesend war und einen ausführlichen Bericht im Jahre 1826 niedergeschrieben: »um Gotteswillen zu den Geistlichen bei St. Peter zu gehen und einen Geistlichen zu bitten, er möchte kommen, wie von Ungefähr.« Das that Sophie auch, allein selbe weigerten sich lange und »ich hatte,« schreibt die Schwägerin, »viele Mühe einen solchen geistlichen Unmenschen dazu zu bewegen.« Auch wurde Dr. Closset gesucht und im Theater gefunden. Als er endlich kam, verordnete er dem Kranken kalte Umschläge über seinen glühenden Kopf, welche ihn auch so erschütterten, daß er nicht mehr zu sich kam, bis er verschied.

Das geschah am 5. December 1791, Nachts gegen 1 Uhr. »Sein Letztes war noch wie er mit dem Munde[51] die Pauken in seinem Requiem ausdrücken wollte. ›Das höre ich noch jetzt.‹ So endete ein Leben, daß in verhältnißmäßig kurzer Zeit Größeres geschaffen, als ein anderes, dem die menschlich längste Lebensdauer vergönnt ist. Nachdem er gestorben, wetteiferten Wien und Prag in der Trauer um seinen Verlust und in dem edelmüthigen Bestreben, durch Concerte und Theatervorstellungen seine trostlose Witwe zu unterstützen, der es noch vorbehalten war, vor dem Monarchen – Kaiser Leopold – das Andenken ihres Mannes, das durch empörende, absichtliche Lügen und Verläumdungen befleckt war, zu reinigen. Constanze, die, da ihr Gemal erst drei Jahre angestellt gewesen, noch nicht pensionsfähig war, erhielt in Rücksicht der Verdienste Mozart's eine jährliche Gnadengabe von 260 fl. Acht Monate fehlten von zehn Jahren, die Mozart mit Constanze vermählt gewesen. Von vier Kindern, die sie ihm in dieser Ehe geschenkt, lebten, als Mozart starb, noch zwei Kinder, der ältere, Karl, und der jüngere, wie sein Vater, Wolfgang Amadeus, genannt, als Mozart starb, erst einen Monat alt. Aus dieser Lage der Witwe einzig und allein ist es, wenn auch nicht zu entschuldigen, so doch zu erklären, wie es möglich gewesen, daß die Grabstätte des größten Meisters der Töne, der bisher gelebt, unbeachtet geblieben und dann mit Bestimmtheit nicht wieder aufgefunden werden konnte. Noch eines interessanten Umstandes erwähnt der obige Bericht der Schwägerin Mozart's. Sie erzählt nämlich, nachdem Mozart todt war, kam gleich Müller, unter welchem Namen sich ein Graf Deym versteckte – der Inhaber des seiner Zeit berühmten Kunstcabinetes in dem nach ihm benannten Müller'schen Gebäude nächst dem Rothenthurmthore, für dessen[52] Uhrwerke Mozart mehrere Orgelstücke componirt hatte – und drückte sein bleiches erstorbenes Gesicht in Gyps ab. Wohin diese Totenmaske, die denn doch nach vorstehender Angabe abgenommen worden, hingerathen, ist seltsamer Weise nicht bekannt.«

Im Vorstehenden wurde der Lebens, richtiger Leidensweg Mozart's nach den sicher gestellten Angaben seiner Zeitgenossen missen und seiner eigenen Briefe in gedrängter Kürze – ohne jedoch etwas Wesentliches auszulassen – gezeichnet; es bleibt nur mehr Einiges über Mozart den Menschen, als Character, den Künstler nach zwei Richtungen, den schaffenden und reproducirenden, zu sagen übrig, worauf eine kurze Uebersicht der künstlerischen Gesammtthätigkeit dieses großartigen Genius die gedrängte Skizze schließen möge. Wenn es sich um die Characteristik eines Mannes, wie Mozart handelt, der ein Phänomen der menschlichen Natur ist, so kann dieselbe nicht, wie bei anderen minder bedeutenden mit wenigen Worten gegeben werden, um so weniger, als es eine Partei gab, und leider noch gibt, die eine eigene Genugthuung darin findet, Mozart's moralischen Character zu verunglimpfen und dadurch den Eindruck im Allgemeinen abzuschwächen, den dieser Tonheros auf jeden Unbefangenen hervorbringen muß. Mozart – wenngleich ein Genius – war Mensch und hatte als solcher menschliche Fehler, aber was sind diese gegen seine zahlreichen Vorzüge, aus denen zum Theile eben seine Fehler entsprangen. Man tadelt den Mangel an Festigkeit seines moralischen Characters und vergißt, daß er, als er starb, noch das eigentliche Mannesalter (40–60) gar nicht erreicht hatte, eben jenes Alter, in welchem der Character überhaupt erst seine Festigkeit gewinnt. Seinen leichten Sinn liebt man geradezu Leichtsinn zu nennen und sucht die Beweise[53] dafür in seinen beständigen Geldverlegenheiten, die wahrhaftig aus allem Anderen, als aus Leichtsinn entsprangen; in seinem ungeregelten Leben, dessen Ursache doch in der Sorge, eine Familie zu erhalten und ihr das Nöthige zu schaffen, zunächst zu suchen ist. Seinem Wesen nach war er bieder und liebenswürdig. Unbefangene Herzensgüte und seltene Empfindung für alle Eindrücke des Wohlwollens und der Freundschaft waren die Grundzüge seines Characters. Man warf viel mit seinem ausschweifenden Leben herum, blieb aber im Ganzen die Beweise dafür schuldig. Hat doch ein gewissenhafter Biograph Schubert's sogar die Stelldicheins, die dieser König der Lieder mit Köchinnen gehabt, der ewigen Erinnerung erhalten! O Irrthümer der Biographik! – und doch ist es Keinem eingefallen, Schubert einen Wüstling zu nennen; wie ist es dann, wenn man Mozart's Briefe von seinen letzten Reisen aus Prag, Dresden, München, Berlin an seine Constanze liest – und in seinen Briefen gibt sich Mozart ganz wie er ist – wie ist es dann, auf ein Paar abgeschmackte Anecdoten hin möglich, ihn des Lasters der Ausschweifung zu zeihen? Merkwürdig vereinigt in Mozart sich mit bewunderungswürdiger Ausdauer und großem Fleiße, ein starker Hang für Geselligkeit und ihre Freuden. Unter guten Freunden war er in seinem Elemente, da ließ er sich gehen und zeigte seine ganze Liebenswürdigkeit, war guter Laune, voller Schnurren und drolliger Einfälle, dabei niemals verletzend, sondern gut und arglos. Wenn er auch arglistige Charactere durch das Geheimniß der Sympathie und Antipathie bald erkannte, so ließ er sich doch nichtsdestoweniger täuschen und von der eigenen Gutmüthigkeit, die ihm manchen Streich spielte, leicht überholen[54] und war zuletzt – wenn er auch auf der Hut war – doch der Getäuschte. Man möchte meinen, auf seinen vielen Reisen, auf denen er mit vielen Menschen verkehrte, hätte er sich doch Menschenkenntniß aneignen sollen; das ist ganz richtig, wenn diese Reisen ganz anders beschaffen gewesen wären. Daß er als Kind nicht allein reisen konnte, versteht sich wohl von selbst, aber auch später, als er den erzbischöflichen Dienst verließ und schon 21 Jahre alt war, wurde ihm zur Obhut die Mutter mitgegeben, und in dem unwürdigen erzbischöflichen Dienstverhältnisse, wahrhaftig, da gab es wenig Stützpunkte für eine gewiß wünschenswerthe Selbstständigkeit, und es zeigt immer noch von einer großen Energie des Widerstandes, wie er sich dem entwürdigenden Ansinnen dieses zelotischen Prälaten und seiner nicht minder armseligen Umgebung gegenüberstellte, und trotz seiner traurigen Abhängigkeit, doch in seiner Position als Künstler sich möglichst selbstständig zu halten verstand. Wie gründlich sein musikalisches Wissen auch war – denn sein Vater, der ausschließlich diesen Unterricht geleitet, war ein auch theoretisch tüchtig gebildeter Musikus – so artete diese Gründlichkeit nie in Kunst-Pedantismus aus und steigerte sich niemalen zu jener Selbstüberhebung, zu der sich Musiker, die eben sonst gar nichts als ihre leidigen Noten und Tacte verstehen, so gern zu vergessen lieben. Im höchsten Grade bescheiden, drängte er sich in Gesellschaft nie als Musiker vor und sprach nie von Musik, wenn er nicht dazu durch Fragen aufgefordert wurde. Dabei zollte er fremden Meistern von ganzem Herzen Anerkennung; viele Stellen seiner Briefe bieten Belege dafür, wie auch, daß er Dünkel, den Eigensinn der Unwissenheit und Selbstüberhebung entweder unbeachtet ließ oder aber, und zwar stets in manierlich[55] komischer Weise in seine Schranken wies, wenn diese in seiner Gegenwart übersprungen wurden. Wie er aber große, ihm ebenbürtige Meister – die doch genug Stoff zu gegenseitiger Eifersucht darboten – mit der größten Verehrung würdigte und derselben immer wahre Bescheidenheit als Folie unterlegte, dafür bietet uns sein Verhältniß zu, und seine Ansicht über Vater Haydn den besten Beleg. Nicht als ruhmgekrönter junger Nebenbuhler, sondern immer nur als begeisterter Schüler urtheilte er über diesen Altmeister der Töne: »Erst von Haydn habe ich gelernt, wie man Musik schreiben muß«, antwortete er einst, als man ihn fragte, warum er gerade diesem einige seiner schönsten Quartette zugeeignet habe; und als ihn ein schulgerechter, aber geniearmer Componist auf einige kleine Unrichtigkeiten und Nachlässigkeiten, die sich zuweilen in Haydn's Werke einschlichen, eifernd aufmerksam machte, äußerte er mit Heftigkeit: »Herr, schmälern Sie seinen Ruhm nicht: wenn man Sie und mich zusammenschmelzte, so entstände doch kein Haydn daraus.« Menschenfreundlichkeit und Uneigennützigkeit waren zwei Tugenden Mozart's, aus denen so viele seiner Leiden und Sorgen entsprangen und woraus Neider, Mißgünstige auf seinen Ruhm, sein Genie und seinen Edelsinn Eifersüchtige Capital zu Lügen, Verleumdungen und Herabsetzung seines sittlichen Characters schlugen. Nur im Reiche der Töne lebend, läßt sich der bekannte Meyerbeer'sche Text: »Ha, das Gold ist nur Chimäre« auf ihn leider nur zu richtig anwenden. Er kannte und schätzte den Werth des Geldes wenig – er hatte diese unpractische Eigenschaft mit vielen großen Geistern gemein; – eine öconomische Gebarung des mühsam Erworbenen und ihm überdies schmal Zugemessenen, verstand er[56] nicht. Sparen hatte er nie gelernt, obwohl auch da die Bemerkung nicht überflüssig sein mag, daß, um zu sparen die Einkünfte nicht langten. Bekam er manchesmal etwas über seine gewöhnlichen Einkünfte, so reichten doch diese für einen Hausstand mit Frau und Kindern Todesfälle und schwere anhaltende Krankheiten seiner Frau große Opfer forderte, nicht hin, und gingen dann die mäßigen Mehreinnahmen auch bald darauf und neue Verlegenheiten stellten sich ein. Dabei arbeitete er viel aus Gefälligkeit oder Wohlthätigkeit ganz umsonst. Für reisende Virtuosen brachte er manche Opfer, schrieb für sie Concerte, für die er nicht nur kein Honorar erhielt, sondern sogar die Originale verlor, da er nicht Zeit oder Gelegenheit gefunden hatte, eine Abschrift zu nehmen. Nicht selten theilte er, wenn sie ohne Mittel und Bekanntschaft nach Wien kamen, seine Wohnung, seinen Tisch, seine Börse mit ihnen. Die Honorare, die er für seine Arbeiten erhielt, waren gerade herausgesagt, erbärmlich; für seinen »Don Juan« erhielt er hundert Ducaten, für die »Zauberflöte«, mit der sich Schikaneder aus seinen Nöthen riß, nie einen Heller! Nachdem er die Composition der Oper zugesagt, hatte er sich nur vorbehalten, daß die Partitur nicht abgeschrieben und ihm der spätere Verkauf der Oper ausschließlich gewährleistet werde. Schikaneder betheuerte, diese gewiß billigen Anforderungen einzuhalten. Kaum war aber das Werk in Wien aufgeführt, als es bald die Runde in ganz Deutschland machte und in wenigen Wochen die Oper auf den meisten großen Theatern gegeben wurde, ohne daß ein einziges die Partitur von Mozart erhalten hätte. So hatte der erbärmliche Schikaneder den Freundschaftsdienst Mozart's vergolten, und als dieser von solcher Niederträchtigkeit [57] Schikaneder's Kenntniß erhielt, war alles was er sagte: »Der Lump« und damit war die Geschichte abgethan.1 Er vergaß einen ihm gespielten, schlechten Streich; in seiner Seelengüte hatte er nicht Zeit, die ihm zugefügten Unbilden im Gedächtnisse zu behalten. In seinem ganzen Wesen natürlich, harmlos, offenherzig, kannte er nicht Verstellung und Schmeichelei; jeder Zwang, den er sich anthun mußte, war ihm unbehaglich ja unausstehlich. In seinen Aeußerungen freimüthig, ohne anmaßend zu sein, mochte er manche Eigenliebe unabsichtlich verletzt und dadurch manchen Feind sich zugezogen haben, deren er ja schon als Genie, das seinen eigenen Weg geht, mehr als genug hatte. Und von diesen eben rühren die vielen schändlichen Lügen und Uebertreibungen über seinen ausschweifenden Lebenswandel, seine Schulden, seinen Leichtsinn u.s.w. her.

Als Clavierspieler war Mozart ganz Virtuos, ließ sich aber, um zu spielen, nicht erst lange bitten, sondern spielte gern und ungezwungen. Auch liebte er es nicht, technische Gaukeleien und Virtuosen-Flitterwerk vorzutragen, und man erzählt sich nach dieser Seite hin manche drollige Anekdote. Durch seine Werke aber, deren Studium erst spät nach seinem Tode begonnen und noch immer nicht geendet hat, stellt er sich in der Geschichte der Musik als phänomenale Erscheinung hin. Durch das frühe Erwachen seines Talentes, durch die schöpferische Kraft, die nicht ihres. Gleichen hat, ist er eine außerordentliche Persönlichkeit, die gern bis in die Einzelheiten studirt sein will, und die wie ein geschliffener Diamant auf jeder Fläche ein zauberisches Licht spiegelt. So ist es denn auch geschehen, daß er unter[58] allen Tonheroen, an denen Oesterreich ein so glänzendes Contingent stellt – es seien hier nur Gluck, Haydn, Beethoven, Schubert als Sterne erster Größe genannt – der Einzige ist, der die tiefsteingehenden Forschungen veranlaßt hat; braucht man doch zur Bekräftigung dieser Thatsache nur auf die Biographie Mozart's von Otto Jahn und auf den thematischen Catalog Ludwig Ritters v. Köchel hinzuweisen, zwei Arbeiten so einzig in ihrer Art, daß sie Jeden, der sich mit Werken über bedeutende Menschen und ihr Thun zu beschäftigen Gelegenheit hat, zur höchsten Bewunderung hinreißen. Ja wahrhaftig, es ist doch etwas um so viel Liebe, welche auf das unbekannte Grab Monumente hinstellt, die des Verblichenen in jeder Hinsicht würdig sind und sein Andenken, das den Glorienschein der Unsterblichkeit nie verlieren kann, durch den Fleiß der Forschung, durch die Hingebung einer unbegrenzten Pietät feiern. Unter solchen Umständen ist es keine geringe Sache, im kleinsten Raume ein Bild dieses Titanen der Tonwelt hinzuzeichnen und in diesem Miniaturbilde einen Begriff der geistigen Größe, die er war, nur einigermaßen zu geben.

Eine Uebersicht dieser Schöpfungskraft nach der Thätigkeit, wie sie sich von Jahr zu Jahr bis zu seinem im herrlichsten Menschenalter eingetretenen Tode darstellt, gegeben, wird zunächst die obengenannte Absicht verwirklichen helfen. Mozart ist 35 Jahre alt geworden. In seinem sechsten Jahre bringt er ein, wenn auch noch so unbedeutendes, weil ja kindliches Werk, doch ein solches, das uns, um sich hier der passendsten Redensart zu bedienen, aus der Klaue den Löwen erkennen läßt. Bis zu seinem Tode erreicht die Zahl der von Forschern sicher gestellten Werke die außerordentliche Höhe von 626 Nummern,[59] darunter Werke der großartigsten Bedeutung und eines achtunggebietenden Umfanges, viele Werke nicht mit eingerechnet, von denen es bestimmt ist, daß sie verloren gegangen, wieder viele andere, die Fragment geblieben, andere wieder, die zweifelhaft sind, und andere, die nach dem Urtheile von Kennern für unterschobene gehalten werden. Das Jahr 1761 – als er, wie gesagt, sein sechstes Lebensjahr begann – zeigt uns einen Menuet mit Trio als erste Composition, die als heilige Reliquie von dem Museum Carolino-Augusteum zu Salzburg bewahrt wird. Das Jahr 1762 weist uns deren vier, wie auch das Jahr 1763; das Jahr 1764 steigt schon zu 9, u.z. 6 Sonaten, 3 Symphonien, beides Gattungen, in welchen sich eben nur künstlerisches Schaffen bewegt; das Jahr 1765 erhebt sich zu 13 Werken, während das Jahr 1766, in welchem Mozart durch Reisen und öffentliche Productionen stark im Schaffen gehindert war, auf 5 herabfällt, unter denen freilich das erste größere Werk, ein geistliches Singspiel: »Die Schuldigkeit des ersten Gebotes«, sich befindet. Nun ist ein beständiges Steigen und Fallen, aber letzteres nur ein scheinbares, da er, was er in der Menge weniger bietet, durch inneren Gehalt und Bedeutsamkeit der Arbeit reichlich ersetzt. Unter den acht Tonwerken des Jahres 1767, welche meistens Concerte sind, diese Vorläufer einer Musikgattung, in welcher Mozart, wenn auch neben sich, aber keinen über sich aufzuweisen hat, befindet sich die Musik zu der lateinischen Komödie: »Apollo und Hyacinthus«. In auffälliger Weise steigt seine Schöpferkraft im folgenden Jahre, 1768, welches 20 Tonwerke aufweist, darunter die einactige Operette: »Bastien und Bastienne« und die dreiactige Opera buffa: »La finta semplice«, damals war [60] Mozart 13 Jahre alt. Nun folgen im Jahre 1769 12 Werke, darunter 2 Messen, sonst meist Sonaten und Symphonien; im Jahre 1770 30 Tonwerke, darunter ein unter dem Eindrucke des »Miserere« von Allegri während seines Aufenthaltes in Italien geschriebenes »Miserere«; die auf Bestellung für die Mailänder Stagione geschriebene dreiactige Oper: »Mitridate«; eine große Cassation und zwei große Serenaden; im Jahre 1771 16 Werke, unter denen die theatralische Serenade: »Ascanio in Alba« und das große Oratorium: »La Betulia liberata« hervorragen; im Jahre 1772 41 Werke, darunter neben mehreren Messen, Symphonien, Quartetten und Liedern die dramatische Serenade: »Il sogno di Scipione« und das Musikdrama: »Lucio Silla«, es ist dieses Jahr, was die Nummerzahl der Opere anbelangt, das fruchtbarste in Mozart's Leben, und etwa der Mittelpunkt seiner ganzen Lebensdauer; im Jahre 1773 27 Werke, meist Quartette, Symphonien und kleinere Tonstücke; im Jahre 1774 16 Werke, und zwar mehrere Messen, Symphonien, Serenaden und die dreiactige Opera buffa: »La finta giardiniera«; im Jahre 1775 31 Werke, und zwar die ersten Canons, viele Concerte und die dramatische Cantate: »Il rè pastore«; im Jahre 1776, in dem er, wie im nächstfolgenden, meist mit Kirchenstücken in Anspruch genommen ist, 32 Werke, und im Jahre 1777 24 Werke; im Jahre 1778 22 Werke, im Jahre 1779 20 Werke, darunter eine große Messe, sonst meistens Symphonien, Sonaten für Clavier allein, und für Clavier und Violine; im Jahre 1780 30 Werke, meist wieder Kirchenstücke, Sonaten, Symphonien, aber auch die Oper »Zaide« und die Musik zu Gebler's Drama; »Thamos, König in Egypten«; im Jahre 1781 16 Werke, die[61] erste große, im Gluck'schen Geiste empfangene und ausgeführte Oper »Idomeneo« für München; im Jahre 1782 neben vielen unvergleichlich schönen Liedern, im classischen Style gehaltenen Fugen, Phantasien und Concerten die liebliche Oper: »Belmont und Constanze«, noch bekannter unter dem Titel: »Die Entführung aus dem Serail«; im Jahre 1783 31 Werke, meistens Lieder, zu denen ihn seine vorherrschende Neigung zu dramatischer Musik hindrängt, aber auch zwei komische Opern: »Die Gans von Kairo« und »Lo sposo deluso«; im Jahre 1784 greift bereits die Sorge um das tägliche Brot störend in seine Thätigkeit; es weist 16 Werke auf und darunter außer Concerten und Sonaten bereits einige Tänze – ein Mozart und muß Tänze schreiben – wofür man zu der Entschuldigung greift, daß er ein großer Freund des Tanzes gewesen! – auch das Jahr 1785 bringt unter 21 Compositionen, meist Quartetten und Lieder und eine Cantate »Davide penitente«, die aber auch nur aus einer ein paar Jahre früher geschriebenen Messe zusammengestellt ist. Im Jahre 1786 erhebt er sich wieder zu höherem Schaffen und bringt unter 24 Tonstücken eine komische, in neuester Zeit durch geschmacklosen Mangel der dem Genius unter allen Umständen schuldigen Pietät im Texte entstellte Operette: »Der Schauspiel-Director«, aber auch das herrliche Werk: »Die Hochzeit des Figaro«; im Jahre 1787 eine gleichgroße Menge von Werken (24), aber darunter den für Prag zu Mozart's unvergänglichem Ruhme geschriebenen »Don Juan«; – im Jahre 1788 36 Werke, eine Zahl, welche nur von dem Jahre 1772 übertroffen wird, das 41 Werke aufweist; – im Jahre 1789, in welchem er bereits zu kränkeln beginnt, 18 Werke, meist Arien und[62] Quartette; im Jahre 1790 nur 7 Werke, darunter jedoch die größere Oper: »Cosi fan tutte«, und im Jahre 1791, im letzten seines Lebens, sich gleichsam nicht zu einem, sonder zu einer ganzen Folge von Schwanengesängen aufraffend, 32 Werke, darunter die »Zauberflöte«, »Clemenza di Tito«, und sein Todeslied: »Das Requiem«. Das ist die Uebersicht der künstlerischen Thätigkeit eines Menschenlebens von so kurzer Dauer! Einige Biographen theilen diese Schaffenszeit von 30 Jahren in fünf Perioden und bestimmen sie folgendermaßen: I. Periode, 1761–1767, Knabenversuche, im Ganzen deren 44; II. Periode, 1768 bis 1773, Mozart als Jüngling, im Ganzen 146 Werke; III. Periode, 1774–1780, Mozart, der junge Mann, im Ganzen 176 Werke; IV. Periode, 1781–1784, der gereifte Mann, im Ganzen 93 Werke, und V. Periode, 1785–1791, höchste Blüthe, im Ganzen 162 Werke! Werke! Werke! darunter viele als solche bezeichnet werden, daß Eines allein von ihnen genügt hätte, seinen Namen unsterblich zu machen.

Bei diesem großartigen Schaffen eines Einzigen im Gebiete einer Kunst kommt nur noch die Frage zu beantworten, in welchem Verhältnisse steht der Künstler eben zu dieser Kunst, in der er schuf und wirkte? Sie wäre auch mit folgender Antwort eben so kurz als richtig beantwortet: Kein Tonkünstler vor ihm scheint das weite Gebiet der Tonkunst so ganz umfaßt und in jedem Zweige derselben so vollendete Producte geschaffen zu haben als Mozart. Da diese Skizze jedoch weniger für den Musiker als für den Laien bestimmt ist, so soll die obige Frage im Folgenden eingehender beantwortet werden, wobei noch hinzugefügt wird, daß eine Blumenlese von Urtheilen bedeutender Menschen, denen ein Urtheil über diesen Tonheros zusteht,[63] weiter unten in der Abtheilung XIV. folgen soll. Was also Mozart's Stellung zur Tonkunst anbelangt, so tragen alle seine Werke, von der Schöpfung einer Oper bis zum einfachen Liede, von der kritischen Erhabenheit einer Symphonie bis zur leichten Tanzweise, im Ernsten, wie im Komischen, den Stempel der reichsten Phantasie, der eindringlichsten Empfindung, des feinsten Geschmackes an sich. Eine ausgezeichnete Eigenthümlichkeit seiner Werke ist die Verbindung der höchsten Compositionskunst mit Anmuth und Lieblichkeit. Er kannte die Forderungen der Kunst und Natur. Nichtsdestoweniger schrieb er, was sein Genius ihm eingab, was sein richtiger Geschmack gründlich, wahr und schön fand, unbekümmert, ob es dem großen Hausen munde oder nicht. »Ich werde mir mein Publikum selbst bilden«, pflegte er zu sagen, überzeugt, daß die Schönheit wie die Wahrheit endlich erkannt wird und gefällt. Mozart war es auch, der die Bahn brach, die Blasinstrumente auf eine bisher unbekannte Art zu gebrauchen und mächtig wirken zu lassen. Er maß mit dem feinsten Sinne die Natur und den Umfang der Instrumente ab, zeichnete ihnen neue Bahnen vor und gab jedem derselben die vortheilhafteste Rolle, um die kraftvolle Masse und Harmonie hervorzubringen, welche in allen seinen Werken die Bewunderung der Kenner erzwingt und das stete Studium jedes nach Vervollkommnung strebenden Componisten bleiben wird. Wie wohlthätig wirkte diese Veränderung in der Tonwelt, wie ganz anders sehen hierin die Compositionen, selbst großer Meister, nach Mozart's Periode, als vor derselben aus! Wie unendlich haben sie durch die Anwendung der Blasinstrumente gewonnen! Selbst die Werke Haydn's beurkunden dieß. Man vergleiche dessen ältere Symphonien[64] mit den späteren. Die »Schöpfung« schrieb Haydn erst nach Mozart's Glanzepoche. So groß, so neu immer Mozart in der Instrumentalpartie sein mochte, so entfaltet sich doch sein mächtiges Genie noch reizender in dem Satze des Gesanges für menschliche Stimmen. Hierin erwarb er sich das größte Verdienst. Mit richtigem Geschmacke führte er ihn zu seiner Mutter, der Natur und Empfindung, zurück. Er wagte es, den italienischen Sängern zu trotzen, alle unnützen Gurgeleien, Schnörkel- und Passagenwerk zu verbannen. Daher ist sein Gesang meistens einfach, natürlich, kraftvoll, ein reiner Ausdruck der Empfindung und der Individualität der Person und ihrer Lage. Der Sinn des Textes ist überall richtig und genau getroffen, seine Musik spricht. Hauptsächlich aber sind seine Dichtungen für den Gesang mehrerer Stimmen unübertroffen; wie herrlich seine Terzetten, Quartetten, Quintetten und vorzugsweise seine unübertrefflichen, wahrlich einzigen Opernfinale! Welcher Reichthum! Wie angenehm umschlingen sich die Stimmen, wie schön vereinigen sie sich alle, um ein reizendes Ganzes zu bilden, eine neue Harmonie hervorzubringen! – und doch drückt jede Stimme ihre eigene oft der anderen gerade entgegengesetzte Empfindung aus. Hier ist die größte Mannigfaltigkeit und die strengste Einheit vereinigt. Eine Vergleichung Mozart's mit Haydn würde folgerecht diese gedrängte Lebensskizze schließen müssen.

In dem nun weiter unten folgenden Quellenapparate wird für Jeden, der sich über diesen Tonheros näher unterrichten will, neben der Uebersicht seiner durch den Stich oder Steindruck veröffentlichten Kompositionen auch über Alles, was nach verschiedenen Richtungen[65] über Mozart veröffentlicht worden, ein annähernd vollständiger Nachweis gegeben. Was über Mozart überhaupt bekannt ist, läßt sich in drei Hauptgruppen theilen: Beiträge zu seiner Lebensgeschichte, zur Geschichte seiner Werke und zur Apotheose. Die Beiträge zu seiner Lebensgeschichte zerfallen a) in selbstständige Biographien, die sein ganzes Leben oder eine bestimmte Periode desselben umfassen; b) in kleinere, in Sammel- und encyklopädischen Werken zerstreut gedruckte Lebensabrisse; c) in Schilderungen verschiedener Scenen aus seinem Leben, Anecdoten, einzelne Characterzüge; in den folgenden Gruppen aber wird eine gedrängte Uebersicht der durch sein längeres Verweilen gleichsam geweihten Wohnstätten und eine Darstellung der zahlreichen nicht immer übereinstimmenden Nachrichten über sein Sterben, seinen Tod und sein Grab gegeben. In der zweiten Abtheilung: Zur Geschichte seiner Werke, werden vorzugsweise jene Werke ins Auge gefaßt, welche mehr oder weniger Gegenstand einer speciellen Literatur geworden sind. Die dritte Abtheilung aber, Mozart's Apotheose berücksichtigt Alles, was zur Verherrlichung dieses Genius in Schrift und Bild zu Tage gefördert worden, und zwar seine Bildnisse, einzelne, wie Gruppenbilder; die Abbildungen seiner verschiedenen Wohnstätten, Denkmünzen, Denkmäler, Denktafeln, Büsten, Statuetten; gedenkt der besten aus der Fluth der Gedichte an Mozart; berichtet über die Verwendung seiner Persönlichkeit in der Dichtung, und zwar im Drama, Schauspiel, im Roman, in der Erzählung und in der Novelle, über Mozartfeste, Mozartstiftungen, Reliquien, zu denena) nachträglich aufgefundene Briefe, b) Autographen seiner Compositionen, c) und andere[66] Gegenstände gehören, welche Mozart im Leben trug, oder die zu ihm in einer nahen Beziehung standen; und endlich Urtheile über seine Tondichtungen im Allgemeinen und Aussprüche großer Menschen und Zeitgenossen über Mozart, den Menschen und Künstler. In drei besonderen Abtheilungen endlich folgen Aufschlüsse über seine Verwandtschaft und Schwägerschaft, über die Besitzer seiner Autographen und über den Ursprung der Bezeichnung jener Tonstücke, die mit besonderen Namen bezeichnet worden sind.

Vergleicht man nach Vorstehendem Mozart's im Ganzen nichts weniger als glücklichen Verhältnisse im Leben mit der Bewunderung für ihn und mit den Studien und Arbeiten über ihn nach seinem Tode, so drängt sich einem unwillkürlich die wehmüthige Wahrheit des Satzes auf, daß große Verdienste heller im Schatten des Todes glänzen, während – in einem eigenthümlichen Widerspruch – das Licht des Lebens sie verdunkelt.

1

Für Mozart; aber nicht für Schikaneder; nach diesem hat die Wiener-Comune eine Gasse benannt!!! – – –

Quelle:
Mozart-Buch. Von Constantin von Wurzbach, Wien 1869, S. 1-67.
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