Seebarsch (Labrax lupus)

[39] Als Vertreter dieser Sippe gilt der Seebarsch (Labrax lupus, Perca labrax, punctata und diacantha, Centropomus lupus, Sciaena labrax, punctata und diacantha), ein schon den Alten wohl bekannter, im Mittelmeere und dem Atlantischen Weltmeere, auch an Englands Küsten vorkommender Fisch von einem halben bis einem Meter Länge und bis zehn Kilogramm Gewicht. Die Färbung ist ein schönes Silbergrau, welches auf dem Rücken ins Bläuliche, auf dem Bauche ins Weißliche übergeht; die Flossen sehen blaßbraun aus. Man zählt in der ersten Rückenflosse neun, in der zweiten einen harten und zwölf weiche, in der Brustflosse sechzehn, in der Bauchflosse einen harten und fünf weiche, in der Afterflosse drei harte und elf weiche, in der Schwanzflosse sechzehn Strahlen.

Aristoteles führt den Seebarsch unter dem Namen Labrax, Plinius unter dem Namen Lupus auf. Beide Forscher rühmen ihn mit vollstem Rechte wegen seines kostbaren Fleisches. Nach Plinius waren besonders diejenigen Seebarsche geschätzt, welche in dem Tiber bei oder unmittelbar in Rom selbst gefangen wurden, weil sie von dem Unrathe aus den Abtritten sich nährten und feisteten. Ueberhaupt zog man, und zwar mit Recht, die im Süßwasser erbeuteten den im Meere gefischten vor und achtete daher sorgfältig auf das Erscheinen des Fisches an Flußmündungen:


»Daunischer Seebarsch besucht den Mund des Enganeus Timavus,

Wo mit dem Salze des Meers süßes Wasser er schlürft«,


belehrt uns der Fischfreund Martial. Die Alten behaupteten, daß die Seebarsche einsam lebten, das Maul aus lauter Freßbegierde stets offen hielten und deshalb Wolf genannt würden, nicht bloß Fleisch, sondern auch Meerpflanzen, ja selbst Unrath verzehrten und diesem zu Gefallen nach Rom kämen, gescheiter seien als andere Fische und den Nachstellungen wohl zu entgehen wüßten, wachend sehr gut hörten, sich aber oft dem Schlafe überließen und dann mit Spießen gestochen würden, wenn an der Angel hängend, so fürchterlich um sich schlügen, bis sie die Wunde erweiterten und sich dadurch von der Angel losmachen könnten, auch aus den Netzen zu entschlüpfen wüßten usw. Neuere Beobachter haben manches von diesen Angaben bestätigt gefunden.

Nach Yarrell kommt der Seebarsch an allen südlichen Küsten Englands und ebenso im Bristol-und St. Georges- Kanal vor, wird auch zuweilen weiter nördlich gefangen. An den irischen Küsten gehört er zu den bekannteren Fischen und wird gelegentlich in zahlreicher Menge in den für die Lachse und Verwandte ausgestellten Netzen erbeutet. Er hält sich gewöhnlich in der Nähe der Küsten auf, seichtes Wasser dem tieferen vorziehend, schwimmt auch oft in die Mündungen der Flüsse und steigt dann in diesen bis zu einer ansehnlichen Enfernung empor. Krebse, Würmer und kleine Fische bilden seine Beute. Wegen der ersteren schwimmt er bei heftigen Stürmen bis dicht an die Küste heran, weil dann durch die brandenden Wogen viele von den Krustern losgerissen und ihm zugeführt werden. Seine Laichzeit fällt in den Hochsommer.

Da der Seebarsch an Gefräßigkeit hinter seinen Verwandten nicht nachsteht, wird auch er leicht mit der Angel gefangen, wendet aber wirklich, wie die Römer erzählten, alle Kräfte an, um zu entkommen, schwimmt mit erstaunlicher Kraft hin und her und zwingt den Fänger, alle Kunstfertigkeit aufzubieten, um seiner sich zu versichern.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 39.
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