Italienische Heuschrecke (Caloptenus italicus)

[554] Die italienische Heuschrecke (Caloptenus italicus) kommt nicht bloß in Italien vor, sondern findet sich auch im Süden Rußlands bis Sibirien, in Deutschland, so in der Mark, in Schlesien, Sachsen, Oesterreich und trat unter anderen 1863 in der Krim massenhaft auf. Weil sie sich vorzugsweise in den Wäldern und waldigen Gebirgen entwickelt, wird sie den Bäumen und, wo sie dieselbe findet, der Weinblüte, weniger den Gräsern und dem Getreide nachtheilig. Schon im April oder noch früher kommen die Larven aus den Eiern. Pallas hat dieselben im südlichen Rußland beobachtet und ungefähr folgenden Bericht über sie erstattet. Bei heiterer und warmer Witterung sind sie früh, sobald der Thau verdunstet ist, in voller Bewegung, schon mit Sonnenaufgang, wenn es nicht gethaut hat. Erst sieht man einige wie Boten auf- und abgehen zwischen den noch ruhenden Schwärmen, welche theils auf der Erde, sehr gern am Fuße kleiner Hügel dicht aneinander gedrängt liegen, theils sich an allerhand Pflanzen und Gesträuchen gruppenweise vertheilen. Bald darauf setzt sich das ganze Heer in Bewegung, und zwar so in einem Striche, daß man kaum eine Abirrung bemerkt. Sie gleichen einem Schwarme von Ameisen, und alle nehmen, ohne sich gegenseitig zu berühren, denselben Weg, stets in geringer Entfernung von einander. Rastlos und mit aller einem Kerfe möglichen Schnelligkeit im Laufe steuern sie einer Gegend zu, ohne zu springen, außer in dem Falle, wo sie verfolgt werden. Dann zerstreuen sie sich, aber bald sieht man sie wieder zusammenkommen und auf dem vorigen Wege ihre Reise fortsetzen. So marschiren sie von Morgen bis Abend ohne Halt zu machen und legen häufig einen Weg von hundert Faden und darüber an einem Tage zurück. Sie gehen sehr gern auf ordentlich gebahnten Straßen und freien Feldern fort, wenn ihnen aber ein Gesträuch, eine Hecke, ein Graben in den Weg kommt, so wandern sie, wenn irgend möglich, gerade darüber oder hindurch. Bloß Sümpfe und Flüsse können sie aufhalten, vor dem Naßwerden scheinen sie einen entschiedenen Abscheu zu haben. Doch versuchen sie oft auf überhängenden Zweigen an das jenseitige Ufer zu gelangen, und wenn Pflanzenstiele und Stämme gerade über das Wasser liegend eine Brücke bauen, so benutzen sie dieselbe in dichten Kolonnen. Oft sieht man sie darauf ausruhen, als ob sie sich an der Kühlung des Wassers labten. Gegen Sonnenuntergang löst sich der ganze Schwarm in kleine Truppe auf, um Nachtquartier in der gewohnten Weise zu nehmen. An kalten, regnigten Tagen wandern sie nicht. Die eben geschilderte oder eine sehr ähnliche Lebensweise führen indessen nicht bloß die Larven der italienischen Heuschrecke, sondern diejenigen aller Arten, welche im vollkommenen Zustande als Schwärme sich erheben. Von Mitte Juli abbekommen sie die Flügel und zerstreuen sich dann mehr; es folgt die Paarung und das Eierlegen, und daher schlüpfen einzelne Junge unter günstigen Verhältnissen schon im Herbste aus. Die Art steht der vorigen in Größe und Körpertracht sehr nahe, macht sich aber sofort durch einen warzigen Höcker zwischen den Vorderhüften sowie durch einen weniger vorspringenden, gerundeten Scheitel und einen breiten Vorderrücken kenntlich. Scharfe Zähne am Innenrande der Kinnbacken und der inneren Lade des Unterkiefers nebst einer kugeligen Verdickung der männlichen Hinterleibsspitze bilden mit den vorerwähnten zusammen die Merkmale der Gattung. Bei der genannten Art entwickeln sich alle drei Kiele des Halsschildes ziemlich gleichmäßig, und die drei welligen Quereindrücke desselben fallen noch in seine vordere Hälfte. Der Körper und die mit seiner Spitze abschneidenden Flügeldecken werden auf schmutziggelbem Grunde durch braune Sprenkel dunkler. Der Innenrand der Hinterflügel färbt sich breit rosenroth, wie die Innenseite der Hinterschenkel, während deren Außenseite einfarbig gelblich bleibt oder mit dunklen Binden gezeichnet ist.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 554-555.
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