Sippe: Federlinge (Philopteridae)

[570] Kaukerfe begegnen dem forschenden Blicke auf dem Lande und auf dem Wasser, an Blumen und Sträuchern wie zwischen verwesenden Pflanzenstoffen, im Dunkel unserer Wohnungen wie im sonnendurchleuchteten Luftmeere, auf den üppig grünenden Wiesen unten im Thale wie auf den ewigen Schneefeldern der Berggipfel, ja an dem fast allein noch möglichen Orte: auf den – – Leibern warmblütiger Thiere. Es gibt unter ihnen auch Schmarotzer, welche aber nicht von dem Blute jener zehren, sondern von den Haaren ihres Felles, wie die Haarlinge, oder von den weicheren Theilen ihres Gefieders, wie die Federlinge. Die Pelzfresser, wie man sie mit gemeinsamem Namen nennen kann, gleichen ihrer äußeren Erscheinung nach so sehr den Läusen, daß nichts näher liegt, als sie für solche zu halten, und doch darf sie der Kerfkenner nicht mit diesen vereinigen, weil sie kein Blut saugen und darum anders gebildete Mundtheile haben. Die Weibchen legen ihre Eier, wie jene, an die Haare oder Federn, und die ihnen entschlüpften Jungen haben vollkommen die Gestalt der Alten, bekommen aber erst nach mehrmaligen Häutungen die richtige Ausfärbung und Festigkeit der Körperbedeckung. Da die meisten dieser Thiere die Länge von 2,25 Millimeter kaum erreichen, wenige dieselbe übertreffen, verborgen leben und nach dem Tode ihrer Wohnthiere dieselben zu verlassen pflegen, so kommen die meisten nur demjenigen zu Gesicht, der im besonderen Interesse für sie nach ihnen sucht und die großen Schwierigkeiten, welche sich ihrer Erforschung entgegenstellen, nicht scheut. Nitzsch hat dreißig Lebensjahre diesem [570] Gegenstande mit gewohnter Sorgfalt gewidmet und Beschreibungen nebst zahlreichen trefflichen Abbildungen von etwa sechzig Haarlingen und vierhundert Federlingen bei seinem Tode hinterlassen, welche erst neuerdings, mithin sechsunddreißig Jahre nachher, von Giebel (Insecta epizoa, Leipzig 1874) veröffentlicht worden sind.

Den Pelzfressern fehlen Flügel und zusammengesetzte Augen, sie haben einen flachen, oberhalb ganz oder theilweise von Hornplatten bedeckten, sonst häutigen Leib, einen gleichfalls hornigen, schildförmigen Kopf, welcher wagerecht vorsteht und die Mundtheile an der Unterseite trägt. Die Kinnbacken erscheinen als kurze und kräftige, manchmal inwendig gezähnte Haken, die meist sehr kleinen Kinnladen haben bei den einen keine, bei den anderen viergliederige Taster. Ober- und Unterlippe, letztere in der Regel mit zweigliederigen Tastern ausgestattet, lassen sich leicht erkennen. Die Fühler bestehen aus drei, vier oder fünf Gliedern und zeigen manche Verschiedenheit, je nach dem Geschlechte und der Art. Den Mittelleib setzen fast immer nur zwei Ringe zusammen, weil die beiden hintersten mit einander verschmelzen, den Hinterleib deren neun oder zehn, von welchen die mittelsten gleichzeitig auch die breitesten sind.


Pfau-Federling (Goniodes falcicornis), vergrößert.
Pfau-Federling (Goniodes falcicornis), vergrößert.

Die Beine pflegen kurz, aber stark zu sein, ihre Schenkel flach und gedrückt; der Fuß ist zweigliederig und endigt in zwei kleinen Krallen bei den Federlingen, in einer großen einschlagbaren, das Klettern ermöglichenden bei den Haarlingen. Die Pelzfresser mit fadenförmigen, drei- oder fünfgliederigen Fühlern und keinen Kiefertastern bilden die Familie der Federlinge (Philopteridae), im Gegensatze zu den Haftfüßern (Liotheidae), deren viergliederige Fühler keulenförmig und deren Kiefer mit deutlichen Tastern ausgerüstet sind. In beiden Familien kommen Federlinge und Haarlinge in der obigen Fassung des Begriffes vor.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 570-571.
Lizenz:
Kategorien: