Zwitscherheuschrecke (Locusta cantans)

[559] Noch zwei andere Arten von gleichfalls grüner Farbe und minder allgemeiner Verbreitung dürfen nicht mit der eben besprochenen verwechselt werden: das geschwänzte grüne Heupferd (Locusta caudata), welches, abgesehen von einigen Verschiedenheiten im Baue der Hinterleibsspitze, deren Darlegung eine ausführlichere Beschreibung beider Arten voraussetzt, als wir hier geben können, einen wesentlich anderen Gesang hat: ein eigenthümliches Schnurren (rrrt und s), das keine Einzeltöne unterscheiden läßt. Die Zwitscherheuschrecke (Locusta cantans) unterscheidet sich, abgesehen von den äußeren Verschiedenheiten, wie die durchaus lauchgrüne Körperfarbe, die kurzen, die Hinterleibsspitze des Männchens wenig überragenden Flügeldecken, die geringere Größe (22 Millimeter) und anderes mehr, auch durch Betragen und Gesang von L. viridissima. Sie kriecht weniger bis zu den Spitzen der Pflanzen (Hafer, Gerste, Weizen, Wicken, Klee und andere), sondern verweilt am liebsten in der Mitte derselben, ist sehr scheu und bemerkt die Annäherung des Menschen leicht, was sie durch sofortiges Verstummen ausdrückt. Wegen dieser Vorsicht und wegen ihrer Farbe findet man sie schwer und fängt sie schwer. Weil sie vor und mit der Ernte singt, so nennt man sie in manchen Gegenden auch »Erntevogel«. Ihr Zirpen läßt sich besonders nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang hören und findet oft kein Ende. Die Töne folgen sehr schnell auf einander. Nach zwei, drei oder vier Takten, deren jeder vier Sechzehntelnoten enthält, folgt ein etwas höherer, gedehnterer Ton und eine Pause, auf welche das Gezirp von neuem beginnt. Der Klang läßt sich etwa mit »rrss 'ss' ss' ... ssit« wiedergeben. Das Zirpen wechselt mannigfach ab, namentlich in der Gefangenschaft. Diese Art scheint vorherrschend in der Schweiz, in Westfalen, Holstein verbreitet zu sein, kommt aber auch anderwärts, wie in der Provinz und im Königreiche Sachsen, vor und ist z.B. bei Tharand häufiger als Locusta viridissima. – Die ganze Gattung unterscheidet sich von der vorigen nur durch den Mangel der beiden Haftlappen am Grunde der Hinterfüße, durch schmäleren Gipfel des Kopfes und durch längere Aftergriffel.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 559.
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