Wilde Raupenfliege (Echinomyia ferox)

[474] Die Schnell-, Mord-, Raupenfliegen, von der Gattung Tachina, um welche sich eine Anzahl anderer schart, auch Tachinen genannt, gehören entschieden zu den wichtigsten aller Fliegen, zu jenen kleinen und sicheren Wächtern, welche die Natur schuf, um der Störung des Gleichgewichtes in ihrem unendlich gegliederten Haushalte entgegen zu treten, indem ihre Larven als Schmarotzer, meist mehrere auf einmal, in anderen Larven, in denen von Blattwespen, Ohrwürmern, Käfern, vorherrschend jedoch in Schmetterlingsraupen leben und deren allzugroßer Vermehrung vorbeugen. Darum fallen uns die kleineren von ihnen wenig in die Augen, denn sie schlüpfen, unverdrossen suchend, im Grase und zwischen Gebüsch umher, wo die Weibchen ihre Schlachtopfer zu finden wissen. Die kräftigeren Arten wird man eher gewahr und erkennt sie am hastigen, scheuen Fluge, an ihrer Wildheit, worauf der erste jener deutschen Namen und die wissenschaftlichen Benennungen, wie Echinomyia ferox, E. fera und andere, hinweisen. Das Verhalten der Larven zum Wohnthiere ist bei den verschiedenen Arten ein verschiedenes. Die einen bohren sich aus dem Raupenkörper und gehen zur Verpuppung in die Erde, die anderen thun dasselbe, nachdem sich die Raupe verpuppt hat, noch andere verwandeln sich in der Schmetterlingspuppe oder im Gespinste der Blattwespenlarven zu Tönnchen, manche endlich werden als Larven vom Weibchen geboren und nicht in Eiform dem Wirte übergeben.


Wilde Raupenfliege (Echinomyia ferox) nebst Larve und Puppe, natürliche Größe.
Wilde Raupenfliege (Echinomyia ferox) nebst Larve und Puppe, natürliche Größe.

Alle Tachinen stimmen überein in der deutlichen Spitzenquerader, in der nackten, oder mindestens scheinbar nackten, gegliederten Fühlerborste und in dem vierringeligen, kurz eiförmigen, kegeligen, selten walzenförmigen Hinterleibe, der im letzten Falle dann hinten wie eingebogen erscheint. Nur wenigen Arten fehlen die starken Borsten (Macrocheten) am Körper. Die Augen stoßen auf dem Scheitel nicht zusammen, wenn sie sich auch beim Männchen nähern, kommen bald kahl, bald sammetartig behaart vor. Als größtes einheimisches Familienglied führen wir auf dem Gruppenbilde »Herrschaft der Fliegen« die reichlich 17,5 Millimeter lange, dabei im kurz eiförmigen Hinterleibe 11 Millimeterbreite größte Raupenfliege (Tachina oder Echinomyia grossa) vor. Sie ist glänzend schwarz, sehr dicht stachelborstig behaart, am Kopfe und der Flügelwurzel rothgelb; das rostrothe mittlere Fühlerglied übertrifft das viereckige, schwarze Endglied um das Doppelte. Die Augen sind nackt, Wimpern dem Untergesichte vorenthalten. Die Tachina (Echinomyia) ferox vergegenwärtigt an dieser Stelle die Körpertracht der in Rede stehenden Schmarotzer. Sie ist braun, am Hinterleibe durchscheinend rostroth, mit Ausschluß einer schwarzen Mittelstrieme.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 474.
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