Bandfüßiges Grünauge (Chlorops taeniopus)

[481] Grünaugen (Chlorops) nennt man kleine oder sehr kleine Fliegen, die wie ihre nächsten Verwandten (Oscinis) einestheils durch die ungeheueren Mengen, in welchen sie manchmal schwärmen, oder in den Zimmern erscheinen, anderntheils durch die Beschädigungen des Getreides die Aufmerksamkeit mehr auf sich gelenkt haben, als wohl sonst solch kleinem Geschmeiße zu theil wird.


Bandfüßiges Grünauge (Chlorops taeniopus), daneben Kopf in der Seitenansicht; beide vergrößert.
Bandfüßiges Grünauge (Chlorops taeniopus), daneben Kopf in der Seitenansicht; beide vergrößert.

Ihr halbrunder Kopf ist in die Quere gezogen, das wenig zurückweichende Untergesicht geht unter die nackten, zu Lebzeiten der Fliegen schön grünen Augen hinab und trägt keinen Knebelbart. Die Stirn ist bei beiden Geschlechtern breit, feinhaarig, nach vorn etwas gesenkt, hinten mit drei Nebenaugen besetzt, welche auf einem dreieckigen, schwarzen Flecke (Scheiteldreieck) stehen, je nach der Art mehr oder weniger ausgedehnt und vollkommen. Die niedergedrückten Fühler sind unter einer Bogenkante der Stirn eingefügt, ihr drittes Glied fast kreisrund, mit nackter oder flaumhaariger Borste versehen. An den verhältnismäßig kurzen Flügeln reicht die Randader nur bis zur Spitze; die erste Längsader ist einfach, die drei folgenden verlaufen ziemlich gerade und die beiden Queradern nähern sich einander auf der Flügelmitte; Anal- und hintere Wurzelzelle fehlen. In der Ruhe werden die Flügel gleichlaufend dem Hinterleibe aufliegend getragen. Die zahlreichen Arten lassen sich schwer unterscheiden. Das bandfüßige Grünauge (Chlorops taeniopus) ist in der Hauptsache glänzend gelb, an den ganzen Fühlern schwarz, ebenso das bis zur Mitte der Stirn reichende Scheiteldreieck, welches sich nach der entgegengesetzten Seite mit den schwärzlichen Striemen des Hinterhauptes vereinigt und seitwärts von den Augenrändern entfernt bleibt. Der Brustrücken wird von drei glänzend schwarzen Striemen durchzogen, deren mittelste seine beiden Enden erreicht, während die äußeren sich nach vorn abkürzen und nach hinten verschmälern; außer ihnen bemerkt man noch ein schwarzes Strichelchen vor der Flügelwurzel und kleine schwarze Fleckchen an den bleicheren Brustseiten, je eins über den Hüften. Eine Bogenreihe schwarzer Börstchen faßt das Schildchen ein. Auf dem Hinterleibe markiren sich die vier Einschnitte als nach hinten scharf abgegrenzte, schwarzbraune Querbinden, deren vorderste seitlich mit je einem Punkte endigt. Die Fußglieder der gelben Beine erscheinen dunkel, die vordersten schwarz, haben jedoch bei dem Männchen einen gelben Mittelring. Die Flügel sind glashell ihre Schwinger weiß.

[481] Die weiße Made der Sommerbrut veranlaßt durch ihr Saugen am Halme des Weizens (und der Gerste) eine Verunstaltung, welche die Engländer als »Gicht oder Podagra« bezeichnen, und die darin besteht, daß um die flache Furche, welche sie in der Regel von der Aehre bis zum ersten Knoten verursacht, die Zellen wuchernd anschwellen, der Halm wie geknittert erscheint, an der gegenüberliegenden Seite weich und dünn bleibt und zur Fäulnis neigt. Infolge dessen kommt die Aehre entweder gar nicht vollständig aus der Blattscheide heraus, oder erlangt nicht die volle Entwickelung, wenn sie sich aus jener mühsam hervordrängt. Die mit 4,5 Millimeter Länge erwachsene Larve verpuppt sich in der Regel nahe dem obersten Knoten zwischen Halm und Blattscheide, wo man sie meist einzeln antrifft, ausnahmsweise auch in der Aehre. Nach siebzehn bis einundzwanzig Tagen Puppenruhe entfaltet sich die Fliege im August. Das Weibchen legt seine Eier jetzt an die Wintersaaten, an welchen die Larve in derselben Weise auftritt, wie die des Getreideverwüsters, der früher erwähnten Cecidomyia destructor, und unter Umständen die zarten Pflanzen noch vor Winters tödtet.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 481-482.
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