Flügelschuppenträger (Muscidae calypterae)

[473] Es ist schwierig, bei dem beschränkten Raume eine Auswahl aus dem größten Heere der Fliegen zu treffen, welche die Systematiker zu der Familie der Gemeinfliegen (Muscidae) vereinigt haben, jener Tausende, welche nicht minder reich an Formen wie an Arten sind und dabei doch in gewissen Beziehungen so viel Uebereinstimmung zeigen, daß jede Art scharf und umständlich charakterisirt sein will, um sich aus der Beschreibung auch mit Sicherheit erkennen zu lassen. Die allbekannte, überall hin auf der Erde dem Menschen folgende Stubenfliege, der blaue Brummer, vor welchem wir unsere Fleischwaaren im Sommer nicht genug verwahren können, die goldgrünen Fliegen, welche zu Scharen im Freien eine ihnen dargebotene Gabe im Nu bedecken, alle jene hunderte von Arten, welche für das ungeübte Auge Stubenfliegen zu sein scheinen, gehören hierher und führen uns den Familiencharakter vor. So weit derselbe das Flügelgeäder betrifft, verweisen wir auf unsere rechte Abbildung S. 442, wonach sehr vieler, wenn auch nicht aller Flügel gebildet sind, namentlich kann einer Reihe von ihnen die Spitzenquerader fehlen. Weiter stimmen sie in folgenden Punkten überein: die mehr oder weniger gesenkten oder niederliegenden Fühler sind immer dreigliederig, das letzte verschieden geformte, aber stets breitgedrückte Glied hat eine gegliederte oder ungegliederte, nackte oder behaarte Rückenborste. Der gekniete Rüssel, in seltenen Fällen hornig und stechend, trägt vorherrschend breite Saugflächen, ungegliederte Taster und zwei Borsten im Inneren. Auf dem Rückenschilde gehört eine Quernaht zu den Erkennungszeichen, und an den Füßen außer den einfachen Klauen zwei Haftläppchen, welche beim Männchen öfters stärker zur Entwickelung kommen als beim fast immer größeren Weibchen. Wenn man in Rücksicht der sehr entwickelten, die Schwinger versteckenden Flügelschüppchen bei den einen und deren Mangel [473] oder Verkümmerung bei den anderen die Gemeinfliegen in zwei große Gruppen (Muscidae calypterae oder acalypterae) und jede wieder in zahlreiche Sippen gegliedert hat, so geschah dies weniger, um dadurch eine natürliche Eintheilung zu erzielen, als um einen Anhalt für die so vielen, sonst eben wenig ausgezeichneten, besonders in der Färbung überaus eintönigen Gattungen und Arten zu gewinnen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 473-474.
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