Langarmiger Tarantelskorpion (Phrynus lunatus)

[641] Der langarmige Tarantelskorpion (Phrynus lunatus) vergegenwärtigt die andere, schon mehr spinnenartige Form. Auch hier treten die zweiten Kiefern als lange Geiseln auf, das erste Paar als längere oder kürzere, mehr oder weniger bedornte Arme, welche in eine einfache Klaue auslaufen.


Langarmiger Tarantelskorpion (Phrynus lunatus). Natürliche Größe.
Langarmiger Tarantelskorpion (Phrynus lunatus). Natürliche Größe.

Zwischen dem die Kinnladen bildenden Wurzeltheile beider Arme steht ein beweglicher Kinndorn, die Kieferfühler enden gleichfalls in eine einfache Klaue und bergen wahrscheinlich die Giftdrüsen. Am beinahe nierenförmigen Kopfbruststücke vertheilen sich die Augen, wie die vergrößerte Figur zwischen den Geiseln anzeigt, zwei stehen vorn, je drei weit davon entfernt und seitwärts. Dadurch, daß der elfgliederige Hinterleib vorn eingeschnürt ist, entsteht die Spinnenähnlichkeit in der Körpertracht. Die Phrynen athmen jedoch gleichfalls durch Lungen, welche an der Bauchwurzel in vier Luftlöcher münden, und die Weibchen gebären lebendige Junge, wodurch sich die nähere Verwandtschaft mit den Skorpionen bekundet. Bei der hier abgebildeten fahl braungelben Art, welche in Surinam lebt, ist der Schenkeltheil der Scherenarme bedeutend länger als der entsprechende an den Beinen, und unbewehrt, der Schienentheil fast ebenso lang und vor der Spitze mit drei sehr langen Dornen versehen. Unbegreiflicherweise bildet Gervais diese Art unter dem Namen Phrynus reniformis ab und verweist dabei auf eine andere Abbildung von Herbst, welche aber bewehrte Arme hat und der seinigen nicht im entferntesten ähnlich sieht. Unsere Art wurde 1872 lebend in der Schramm'schen Farbenfabrik bei Offenbach aufgefunden, wohin sie aus San Domingo mit Blauholz eingeschleppt worden war. Die anderen Arten unterscheiden sich hauptsächlich durch die Bildung der kürzeren, stärker bedornten Arme der Kiefertaster und erscheinen der kräftigen Dornen wegen noch drohender.

Die Phryniden und Telyphoniden hat man mit den fühlerartig verlängerten Vorderbeinen, den Klauenkiefern und dem elf- bis zwölfgliederigen Hinterleibe als gemeinsamen Merkmalen zu einer Ordnung, den Skorpionspinnen oder Geiselskorpionen (Pedipalpi), zusammengefaßt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 641.
Lizenz:
Kategorien: