[695] Die wenigen noch in der Kürze zu betrachtenden Spinnenthiere sind von Milne Edwards, dem wohlunterrichteten Krebskenner, zu den Krustenthieren gerechnet worden, und erst in neuerer Zeit, nachdem man ihre Entwickelung und den inneren Bau gründlicher erforscht hat, fand man sich veranlaßt, sie an diesen Platz zu stellen. Die Asselspinnen finden sich an den Meeresküsten unter Steinen, zwischen dem Seetange, mit welchem sie sich umhertreiben lassen, oder wohl auch angeklammert an andere Thiere und bestehen der Hauptsache nach aus vielgliederigen Beinen, indem der Hinterleib fast vollständig verschwindet und der Vordertheil viergliederig und nur so weit entwickelt erscheint, um den Gliedmaßen als Stützpunkt zu dienen. Außerhalb eines kopfförmigen Saugrohres sind die scherenartigen, zuweilen einfachen Kieferfühler eingelenkt, die manchmal sammt dem ersten Kiefertasterpaare gänzlich fehlen, während das folgende Paar der Taster genau dem Bildungsgesetze der übrigen Beine folgt, die aus sieben bis neun Gliedern bestehen und in eine kräftige Klaue auslaufen. Am Vorderrande des in vier Theile zerfallenden Kopfbruststückes bemerkt man, einem Höcker aufsitzend, vier einfache Augen. –


Ufer-Spindelassel (Pycnogonum littorale), vergrößert.
Ufer-Spindelassel (Pycnogonum littorale), vergrößert.

Der Darmkanal verläuft zwar in gerader Richtung vom Munde nach dem After, bildet aber trotzdem keineswegs ein einfaches Rohr, weil der sehr enge Magen jederseits mit fünf blindsackartigen Ausstülpungen versehen ist, von denen das erste kurze Paar in die Höhlung der Kieferfühler, jedes folgende bis in das drittletzte Glied der entsprechenden Beine hineinragt; ihre drüsenreichen Wandungen ersetzen die Stelle einer Leber. Welche Bedeutung für diese »nur Bein« darstellenden Spinnen (Pantopoden) die Beine haben, erhellt weiter aus der Lage der Geschlechtswerkzeuge, welche beim Männchen und Weibchen in dem vierten oder fünften Gliede eines jeden Beines liegen, mithin achtfach vorhanden sind. Während die Samenflüssigkeit an der Spitze des genannten Gliedes austritt, kommen die Eier aus einer Oeffnung jedes zweiten Gliedes hervor, um einem am vorderen Leibestheile entspringenden beinähnlichen Werkzeuge übergeben werden zu können, an welchem sie bis zum Ausschlüpfen der Jungen haften bleiben. Die Organe des Blutumlaufes sind erst neuerdings von Zenker in Form eines dreikammerigen Herzens nachgewiesen worden, dagegen fehlen diejenigen gänzlich, welche dem Athmen dienen, so daß dieses aller Wahrscheinlichkeit nach durch die derbe Haut des Körpers stattfindet. Die Jungen nehmen erst durch wiederholte Häutungen die Gestalt der Eltern an, denn sie werden mit ungegliedertem Leibe, mit zuweilen in lange Geiseln auslaufenden Kieferfühlern und mit nur zwei Beinpaaren geboren.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 695.
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