Blindschleiche (Anguis fragilis)

[195] Der schlangenähnliche Leib, das Fehlen der Vorder-und Hintergliedmaßen, das versteckte Ohr und die Bekleidung, welche aus kleinen, sechsseitigen, in Längsreihen geordneten, glatten, glänzenden Schuppen besteht, welche auf dem Kopfe in größere Schilder sich wandeln, an den Seiten aber verkleinern, sind die äußerlichen, das echsenähnliche Geripp, schlanke und spitzige Zähne, von denen neun im Zwischenkiefer, achtzehn im Ober- und achtundzwanzig im Unterkiefer stehen, [195] eine platte, etwas breite, vorn seicht eingeschnittene Zunge, und zwei wohlentwickelte Lungen die innerlichen Kennzeichen der Bruchschleichen (Anguis), welche durch die allbekannte Blindschleiche (Anguis fragilis, Anguis clivica, vulgaris, eryx, bicolor, cinerea, lineata, incerta, Otophis eryx) vertreten werden. Die Färbung der Oberseite ist gewöhnlich ein schönes Bleigrau, welches an den Seiten in Röthlichbraun, auf dem Bauche in Bläulichschwarz übergeht und hier durch gelbweiße Punkte geziert wird; es gibt jedoch kaum zwei Blindschleichen, welche sich vollständig in der Färbung ähneln. Lenz versichert, daß er einmal in Zeit einer halben Stunde dreiunddreißig dieser Thiere in einem Umkreise von ungefähr sechshundert Schritt gefangen, unter ihnen aber nicht zwei gesunden habe, welche vollkommen gleich gefärbt und gezeichnet gewesen wären.


Blindschleiche (Anguis fragilis). 3/5 natürl. Größe.
Blindschleiche (Anguis fragilis). 3/5 natürl. Größe.

Sehr alte zeigen auf der Oberseite oft größere oder kleinere, in Längsreihen geordnete, schöne, blaue Flecken und Punkte; junge sehen oben gelblichweiß, auf dem Bauche schwarz aus und sind auf dem Rücken durch einen tiefschwarzen Streifen gezeichnet; die Geschlechter unterscheiden sich ebenfalls, und die einen wie die anderen sind fähig, ihre Farbe zu verändern. So erhielt Leydig junge, auf deren weißen, schwarz gestreiften Rücken im Laufe der ersten Nacht zwei zarte Längsstreifen erschienen, beobachtete andere, deren kastanienbraune Rückenfärbung in Gelbbraun überging und durch zwei schwach bräunliche Längsstreifen gesäumt wurde, und sah, wie noch andere ihre besonders schöne Färbung verloren und wieder erhielten. Die Iris des Auges ist gelbroth. Erwachsene erreichen eine Länge von ungefähr 40 Centimeter, wovon auf den Schwanz etwas mehr als die Hälfte kommt.

Die Blindschleiche bewohnt fast ganz Europa von Südschweden an bis Griechenland und Spanien, ebenso, wenn auch selten, Algerien, ferner Kaukasien und Georgien und vielleicht noch viele andere Theile Asiens, lebt überall, in der Tiefe wie in der Höhe, selbst noch auf höheren Bergen, auf feuchtem Grunde lieber als auf trockenem, und kommt auf den verschiedensten Oertlichkeiten vor, am meisten da, wo dichtes Buschwerk und hohes Gras den Boden bedecken oder wenigstens lockeres Gestein aufliegt. Je nach des Ortes Gelegenheit wählt sie sich ihre Behausung an verschiedenen Stellen. In dem lockeren Boden gräbt sie sich eine Höhle von mehr oder weniger Tiefe; an Stellen, welche mit Moos oder Gras bedeckt sind, verbirgt sie sich zwischen den Pflanzen, [196] im Gebüsch unter dem Gewurzel, auf steinigen Gehängen unter großen flachliegenden Steinen, welche sie überhaupt sehr gern zu haben scheint. Da sie die Ameisen nicht scheut, haust sie oft mit diesen zusammen unter Steinen, ja selbst in Ameisenhaufen, trotz der unruhigen Kerbthiere, welche sonst doch über jedes Thier herfallen.

Mitte oder Ende Oktober verkriecht sich die Blindschleiche in vorgefundene oder selbst gegrabene Löcher unter der Erde, um in ihnen Winterschlaf zu halten. Alle Winterherbergen, welche Leydig untersuchen konnte, waren hinsichtlich ihrer Lage sorgfältig gewählt, derart, daß sie nicht bloß genau nach Süden sich richteten, sondern vor Nord- und Ostwinden Schutz hatten. Die Höhlungen graben sich die Thiere selbst aus, und zwar durchbohrende Bewegungen mit ihrem Kopfe. Mitunter findet man sie in ganz engen Löchern sieben bis dreißig Centimeter tief unter der Erde, mitunter in einem gegen einen Meter langen, gekrümmten Stollen, welcher von innen mit Gras und Erde verstopft wurde, hier dann gewöhnlich auch zwanzig bis dreißig Stück bei einander, alle in tiefer Erstarrung, theils halb zusammengerollt, theils in einander verschlungen, theils gerade gestreckt. Zunächst am Ausgange liegen die Jungen, auf sie folgen immer größere Stücke, und zu hinterst haben ein altes Männchen und Weibchen ihr Winterbett aufgeschlagen. Einmal fand Leydig auch eine Jachschlange, die Todfeindin aller schwächeren Echsen, in der Winterherberge der Blindschleichen. Alle liegen bei kaltem Wetter regungslos, als ob sie schlaftrunken wären, ermuntern sich aber, wenn man sie allmählich in die Wärme bringt. Zwanzig Stück, mit denen Lenz Versuche anstellte, waren bei anderthalb bis zwei Grad Wärme ziemlich steif, rührten sich aber doch noch, wenn sie angegriffen wurden; einzelne krochen auch, nachdem sie wieder in ihre Kiste gelegt worden waren, langsam umher. Alle hatten die Augenlider fest geschlossen, und nur zwei öffneten sie ein wenig, während sie in die Hand genommen wurden, die anderen schlossen sie sofort wieder, wenn man sie ihnen gewaltsam öffnete. Als sich die Wärme bis auf drei Grad unter Null vermindert hatte, lagen alle starr in der sie schützenden Kleie; keine einzige aber erfror, während mehrere echte Schlangen, welche denselben Aufenthalt zu theilen hatten, der Kälte erlagen. Bei noch härterem Froste gehen jedoch auch die Blindschleichen unrettbar zu Grunde. Im Frühlinge erscheinen sie bei gutem Wetter bereits um die Mitte des März.

Die Nahrung der Blindschleiche besteht fast ausschließlich in Nacktschnecken und Regenwürmern; nebenbei nimmt sie auch glatte Raupen zu sich, ist aber außer Stande, irgend ein schnelleres Thier zu erbeuten. An Gefangenen beobachtete Lenz, daß sie dem ihr vorgeworfenen Wurme sehr langsam sich nähert, ihn meist erst mit der Zunge befühlt, sodann langsam den Rachen aufsperrt und das Opfer endlich packt. Der Wurm windet sich nach Leibeskräften; sie wartet, bis er sich ziemlich abgemattet hat und verschluckt ihn dann nach und nach, den Kopf bald rechts, bald links biegend und so mit den Zähnen vorwärts greifend. An einem einzigen Regenwurme, welchen sie verschluckt, arbeitet sie fünf bis sechs Minuten, hat auch an einem oder zwei mittelgroßen für eine Mahlzeit genug. Wasser trinkt sie ebenso oft und in gleicher Weise wie die Eidechsen.

Es mag sein, daß sie bei Tage ein ihr vor das Maul kommendes Beutestück ergreift und hinabwürgt; in der Regel aber geht sie erst nach Sonnenuntergang auf Jagd aus. Uebertages liegt sie, wie andere Kriechthiere, stundenlang im Sonnenscheine, gewöhnlich mit auf den Boden gesenktem Kopfe, behaglich der ihr wohlthuenden Wärme sich hingebend. Doch zeigt sie sich in heißen, trockenen Tagen selten oder nicht, wogegen sie sofort erscheint, wenn Regenwetter im Anzuge ist. »Wenn sie«, sagt Leydig, »schon in aller Frühe herumkriecht, deutet es entschieden auf eine Veränderung der Atmosphäre zum Regen.« Auch Gredler bezeichnet sie als einen ziemlich zuverlässigen Wetteranzeiger und bemerkt, wahrscheinlich mit vollstem Rechte, daß ihr Erscheinen unmittelbar vor oder während eines Witterungswechsels mit dem gleichzeitigen Höhengange der Regenwürmer, ihrer Lieblingsnahrung, im Zusammenhange stehen möge.

Die Bewegungen der Blindschleiche sind langsam und weder denen der Eidechsen, noch denen der Schlangen ähnlich. Da nämlich, wie Leydig bemerkt, die Haut durch wirkliche Kalktafeln [197] gepanzert ist, so geschehen ihre Bewegungen nicht in kurzen Wellenlinien, wie solches bei den Schlangen in hohem Maße eintreten kann, sondern, unter gewöhnlichen Umständen, auf dem Boden, in weiteren Biegungen. Nur wenn sie sich im Steingeröll und Pflanzengewirr durchzudrücken hat, vermag sie engere Krümmungen anzunehmen; auch diese aber haben etwas starres an sich, recht im Gegensatze zu denen der Schlangen. Bergab läuft sie mit einiger Schnelligkeit, auf ebenem Boden so gemäßigt, daß man mit ruhigem Schritte bequem nebenher gehen kann, bergauf noch viel langsamer. Legt man sie auf eine Glasscheibe, so wird es ihr sehr schwer, von der Stelle zu kommen; doch hilft sie sich nach und nach durch ihre seitlichen Krümmungen fort. In das Wasser geht sie freiwillig nicht; wirft man sie hinein, so schwimmt sie, indem sie sich seitlich krümmt, recht flink, gewöhnlich so, daß das Köpfchen über die Oberfläche erhoben wird, zuweilen jedoch auch auf dem Rücken; immer aber sucht sie bald das Trockene wieder zu gewinnen. Unter ihren Sinnen steht unzweifelhaft der des Gesichtes obenan, trotz des schwer begreiflichen Volksnamens, welcher dem Thiere geworden ist. Sie hat zwei hübsche Augen mit goldgelber Regenbogenhaut und dunklem Stern, mit welchen sie gut sieht. Gredler bemäkelt diese Angabe, weil er angefangenen Blindschleichen niemals beobachtete, daß sie in gerader Richtung auf den ihnen vorgehaltenen Fraß losgestürzt wären, gesteht aber andererseits zu, daß junge die Annäherung der Hand außerhalb des Glaskäfigs auf ziemliche Entfernung gar wohl wahrnahmen, bringt überhaupt nichts vor, was dagegen spräche, daß ein Thier mit seinen zwei hellen Augen nicht sehen sollte. Ob die Blindschleiche aber auch in hellem Sonnenlichte sieht, ist eine andere Frage. Die gelbrothe Färbung ihres Augenringes spricht weder dafür noch dagegen, das täppische Betragen des Thieres im Sonnenscheine aber wohl für schlechtes Sehen. Versuche angefangenen Blindschleichen lassen glauben, daß das Gehör hinter dem Gesicht wenig oder nicht zurücksteht; ein bestimmtes Urtheil hierüber zu fällen, ist aber schwer. Ueber die Entwickelung der übrigen Sinne, mit Ausnahme des Tastsinnes, läßt sich solches noch schwieriger erlangen; man kann wohl annehmen, daß die Zunge feine Empfindung besitzt, wird aber schwerlich so leicht über den Geruch-und Geschmacksinn ins klare kommen. Von ihrer geistigen Begabung scheint Leydig eine hohe Meinung gewonnen zu haben. Ihr Gebaren weicht in vielen Stücken von dem der Eidechsen ab. »Vor allem ist sie um vieles ruhiger und nachdenklicher in ihrem ganzen Wesen, und es mag deshalb daran erinnert werden, daß die Lappen des großen Gehirns bei unserem Thiere, in Anbetracht des Mittelhirns, entschieden größer sind als bei den Eidechsen«. Ich kann nicht sagen, daß ich jemals hervorragende geistige Fähigkeiten an ihr wahrgenommen hätte, habe mich aber freilich auch niemals so eingehend mit ihr beschäftigt, so viel mit ihr abgegeben, als es derjenige thun kann, welcher nur eine geringe Anzahl solcher Gefangener zu pflegen hat. Sie zeigt sich nicht scheu und noch viel weniger listig und entgeht den meisten Feinden gewöhnlich bloß dadurch, daß sie, ergriffen, sich heftig, ja unbändig bewegt und dabei meist ein Stück ihres Schwanzes abbricht. »Während nun das abgebrochene Stück«, sagt Lenz, »noch voll Leben herumtanzt und von dem Feinde ergriffen wird, findet sie Gelegenheit, sich aus dem Staube zu machen. Dies kann man leicht beobachten, wenn man verschiedene Thiere mit Blindschleichen füttert.« Gewöhnlich läßt sie sich fangen, ohne sich irgendwie zu vertheidigen; ausnahmsweise macht sie jedoch von ihrem Gebisse Gebrauch, selbstverständlich ohne dadurch irgend einen ihrer Gegner abschrecken zu können. Im Verlaufe der Zeit fügt sie sich in die veränderten Umstände, so in die Gefangenschaft und in ihren Pfleger. »Ist sie«, nach Lenz, »einmal an den Menschen gewöhnt, so läßt sie sich recht gern in die Hand nehmen, schmiegt sich darin, vorzüglich zwischen die Finger mit dem Kopfe und dem Schwanzende und scheint somit ein Versteck zu suchen.« Mit verschiedenen Schlangen, Fröschen und Eidechsen verträgt sie sich sehr gut, aus dem einfachen Grunde, weil sie herzlich froh zu sein scheint, wenn ihr kein anderes Thier zu Leibe geht.

Gleich anderen Kriechthieren besitzt sie eine auffallende Zählebigkeit. »Wenn man sie der Länge nach aufschneidet, das Herz und alle Eingeweide herausnimmt, so schließt sie den aufgeschnittenen [198] Bauch wieder und kriecht noch stundenlang umher oder schwimmt auch, in das Wasser geworfen, noch lange, doch nicht so gut, als wenn sie unversehrt ist.« Tabakssaft, welcher Schlangen leicht umbringt, tödtet sie nicht. Lenz gab zwei Blindschleichen an drei auf einander folgenden Tagen Tabakssaft ein; sie wurden zwar anfangs betäubt, erholten sich aber dann wieder. Eine, welche Steinöl einnehmen mußte, wurde zwar sehr unruhig und bewegte sich so heftig, daß ihr Schwanz abbrach, zeigte aber nicht einmal Spuren von Betäubung und blieb am Leben.

»Sie gebären läbendige junge, welches die erfahrung offtermals bewiesen und an den tag gegeben«, bemerkt schon der alte Geßner hinsichtlich der Fortpflanzung der Blindschleiche. Doch scheint es, als ob sie nicht vor dem vierten Jahre zur Vermehrung ihres Geschlechtes heranreift, da Lenz zur Entwickelung gelangte Eier nur bei erwachsenen oder fast erwachsenen fand. Die Begattung geschieht im Mai und zwar, laut Meyer, nach Art sich paarender Eidechsen. Das Männchen packt das Weibchen mit den Zähnen so derb am Hinterkopfe, daß hierdurch eine Verletzung der Schuppen stattfindet, nähert sich hierauf mit dem Hintertheile dem After des Weibchens und verbleibt, nachdem es sich geschlechtlich vereinigt, mehrere Stunden neben dem Weibchen liegen, ohne sich mit ihr zu verschlingen. Die Geburt der Jungen fällt in die zweite Hälfte des August oder in die erste Hälfte des September; die Eier werden in Zwischenräumen von mehreren Minuten gelegt, und die Jungen winden sich sogleich aus der häutigen, dünnen, durchsichtigen Eischale los. Ihre Färbung ist weißlich, auf Kopf und Bauch ins Bläuliche spielend; längs der Rückenmitte verläuft eine bläuliche Linie. Bei manchen Weibchen erfolgt die Entwickelung übrigens erst später.

Lenz sagt, daß er mehr als hundert Junge von seinem gefangenen Weibchen bekommen habe, dieselben jedoch in Zeit von einer bis sechs Wochen sämmtlich verhungert seien. Andere Liebhaber, namentlich Erber, waren glücklicher, denn es gelang ihnen, die kleinen Thierchen aufzuziehen. Doch ist dies in der That nicht leicht, da die jungen Blindschleichen nur die allerzartesten Kerfe bewältigen können, und man nicht immer im Stande ist, diese zu beschaffen. Alt eingefangene gehen gewöhnlich ohne Widerstreben ans Futter, lassen sich daher bei geeigneter Behandlung ohne besondere Schwierigkeit jahrelang erhalten. In einem theilweise mit Erde ausgefüllten, theilweise mit Steinen und Moos verzierten Käfige finden sie alle Erfordernisse, welche sie an einen derartigen Raum stellen, nehmen sich hier auch niedlich aus. Mit Recht kann man sie jedermann empfehlen.

Noch heutigentages gilt die Blindschleiche in den Augen der ungebildeten Menschen als ein höchst giftiges Thier und wird deshalb rücksichtslos verfolgt und unbarmherzig todtgeschlagen, wo immer sie sich sehen läßt, während man sie im Gegentheile schonen, insbesondere in Gärten hegen und pflegen sollte. Daß sie nicht giftig ist, wußten schon die Alten, und auch Geßner hebt ausdrücklich hervor, daß »deß blindenschleichers bisß nit vergifft vnd sonders schedlich«, glaubt aber freilich noch beinahe dasselbe, welches die Italiener der Erzschleiche nachreden. »Wenn daß vych, als ochsen vnd dergleychen sich in den weiden ohngeferd auff sie niderlegen, vnd sie mit dem last jres leybs zum zorn reitzen, so beissen sie, daß der bisß zu zeyten aufflaufft vnd eyteret. Woh sich nun diser fal zutregt, so soll der bisß mit einem laßeisen oder einer alsen geöffnet vnd gebickt, darnach kreiden oder wascherden in essich zertriben darauff gelegt werden.« Dafür weiß derselbe Naturbeschreiber aber auch von einem Nutzen der Blindschleiche zu reden – von dem wirklichen, den sie durch Aufzehren schädlicher Thiere leistet, freilich nicht, sondern von dem, welchen sie der damaligen Quacksalberei leistete und unserer heutigen unzweifelhaft ebenfalls leisten würde. »Ettliche«, fährt er fort, »haben ein theriack auß blindenschleicheren zubereitet vnd denselben zur zeyt der pestilentz mit nutz in schweißtrünken gebraucht, zwey oder dreymal eingegeben, vnd vil damit beym läben erhalten.« Ueber diese Anschauung hat sich die Mehrzahl des Volkes hinweggesetzt; an der Giftigkeit hält sie fest und wird darin leider noch von gar manchem Gebildeten unterstützt.

[199] Die Wühlechsen, bei denen die Augenlider verkümmert sind oder gänzlich fehlen, werden von einigen Forschern unter dem Namen Schlangenaugen (Ophiophthalmina) in einer besonderen Unterfamilie vereinigt. Im allgemeinen wiederholen diese Thiere die Verwandten, indem auch bei ihnen die Gliedmaßen bald eine größere, bald eine geringere Entwickelung zeigen oder gänzlich fehlen. So haben die Natteraugen noch vier Füße mit je fünf Zehen, die Nacktaugen (Gymnophthalmus) ebenfalls vier Glieder, aber nur an den hinteren Füßen fünf, an den Vorderfüßen vier Zehen, die Flossenfüßler (Pygopus) keine Füße mehr und anstatt der Hinterfüße zugerundete Stummel und die Blödschleichen (Typhline) endlich gar keine Gliedmaßen, und während man bei jenen noch das Ohr bemerken kann, sieht man es hier nicht mehr, ebenso, wie die Augen unter der Haut verborgen sind oder gänzlich fehlen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 195-200.
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