Kolbenfuß (Hyla palmata)

[560] Dieselben Gegenden beherbergen eines der größten Mitglieder der Familie, den Kolbenfuß (Hyla palmata, pardalis und faber, Rana maxima und zebra, Calamita maxima und palmata, Hypsiboas palmatus), so genannt wegen seinen breiten Zehenballen, in Brasilien bekannt unter dem Namen Schmied, in Guayana unter dem Namen Rude rer. Seine Gestalt ist plump, der Kopf platt, breiter als der Leib; die Glieder zeichnen sich durch Stärke aus. Ein [560] gleichmäßiges blasses Lehmgelb, welches durch einen längs der Rückenmitte verlaufenden Streifen und einzelne unregelmäßige, feine, schwarze Züge gezeichnet wird, ist die Färbung der Oberseite, ein gleichmäßiges Gelblichweiß die der Unterseite. Andere Stücke, wahrscheinlich die des zweiten Geschlechtes, sind auf gleichfarbigem Grunde olivenbraun gezeichnet. Die Länge beträgt acht bis neun Centimeter.

Der Kolbenfuß oder schmiedende Baumfrosch lebt außer der Paarungszeit auf hohen, starkblätterigen Bäumen der gedachten Länder, hauptsächlich auf solchen, welche die Ufer der Flüsse und Sümpfe besäumen, laut Schomburgk häufiger in der Nähe der Küste als im Innern, nach Prinz von Wied überall in den Urwäldern, jedoch nur auf gewissen Bäumen, deren kräftige Blätter einem so schweren Thiere genügenden Halt geben. Während der Regenzeit erfüllen diese Baumfrösche, wie der Prinz sagt, die Sümpfe in unzähligen Scharen, und man hört alsdann abends und in der Nacht bis gegen den Tag hin ihre sonderbare, laute und hellklingende, metallische Stimme in zahlreichem Chor, so daß man glaubt, eine vereinigte Menge von Blechschlägern zu vernehmen.


Laubkleber (Hyla leucophyllata). Natürliche Größe.
Laubkleber (Hyla leucophyllata). Natürliche Größe.

In den südlichen Theilen fand der Prinz das Thier minder häufig als andere Arten der Familie und, im Gegensatze zu Schomburgk, an der Küste seltener als in den Urwäldern, was jedoch wohl nur auf die betreffende Oertlichkeit selbst zurückzuführen sein möchte. Nach der Paarungszeit begibt sich der Frosch am liebsten auf das unmittelbar über der Oberfläche des Flußspiegels überhängende Gebüsch, von welchem er, verfolgt, stets ins Wasser springt, obgleich er dasselbe sofort wieder verläßt und von neuem an den oder auf den Zweigen, welche das Wasser berühren, emporklettert. Schomburgk vergleicht die Stimme dem Geräusche, welches durch das Einsetzen der Ruder hervorgerufen wird, und versichert, daß er durch dasselbe häufig genug getäuscht worden. »Die Ruderer berühren bei jedem Ruderschlage zugleich den Rand des Corials, wodurch ein eigenthümlich hohler Ton hervorgebracht wird, und mag nun das Corial sechs bis acht oder [561] zehn Ruder besitzen, so hört man doch nur immer einen sich schnell wiederholenden, taktmäßigen Schlag. An diesem Geräusche erkennt man, besonders während der Nacht, schon in weiter Ferne die Ankunft eines Fahrzeuges. Die Stimme aber, welche der Frosch in taktmäßigen, kurzen Zwischenräumen fallen läßt, ist gedachtem Geräusche täuschend ähnlich.«

Der Prinz erzählt, daß er anfangs äußerst begierig gewesen sei, das Thier kennen zu lernen, die ihn begleitenden Brasilianer deshalb des Nachts mit Feuerbränden zur Jagd ausgezogen und mit reicher Beute zurückgekehrt seien.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 560-562.
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