Erdkröte (Bufo vulgaris)

Erd-, Wechsel- und Kreuzkröte (Bufo vulgaris, Bufo variabilis und Bufo calamita). 2/3 natürl. Größe.
Erd-, Wechsel- und Kreuzkröte (Bufo vulgaris, Bufo variabilis und Bufo calamita). 2/3 natürl. Größe.


[595] Die Erdkröte (Bufo vulgaris, terrestris, salsus, ferrugineus, tuberculosus, alpinus, comutatus, spinosus, colchicus, japonicus, palmarum und gargarizans, Rana bufo, rubeta und verrucosissima, Phryne vulgaris) erreicht ziemlich bedeutende Größe, eine Länge von acht bis zwölf Centimeter, bei sechs bis sieben Centimeter Breite, und erscheint uns noch plumper gebaut als die verwandten Arten. Der ganze Leib ist mit dicken Warzen bedeckt, welche hinter dem Ohre eine große Drüse frei lassen; die Färbung, ein düsteres Rothgrau oder Rothbraun, welches bisweilen ins Oelgrüne, bisweilen ins Schwarze fällt und durch dunkle, undeutliche Flecke gezeichnet [596] wird, geht auf der Unterseite in lichtes Hellgrau über, welches beim Weibchen dunklere Flecke zeigt. Die Augen haben glänzend orangerothe Regenbogenhaut.

Mit Ausnahme der nördlichsten Länder fehlt die Kröte keinem Theile Europas, und ebenso verbreitet sie sich über Mittelasien und Japan. Ihre Wohnsitze sind so verschieden, daß man sie als ein allgemein verbreitetes Thier bezeichnen muß. Sie findet sich in Wäldern, Gebüschen und Hecken, auf Feldern, Wiesen und in Gärten, in Kellern, Höhlen, Grotten, altem Mauerwerke, in Steinhaufen, unter Baumstämmen, einzelnen flachen Steinen, kurz überall, wo sich ihr ein Schlupfwinkel bietet oder sie sich einen solchen herstellen kann; denn sie gräbt, wo es ihr an Versteckplätzen mangelt, mehr oder weniger tiefe Höhlen ins Erdreich, in denen sie dann ebenso regelmäßig verkehrt, wie der Fuchs in seinem Baue. Wo irgend möglich, erwählt sie feuchte, schattige Orte, liegt deshalb auch sehr häufig unter Pflanzen, deren breite Blätter den Boden nicht bloß überschatten, sondern förmlich bedecken. Besondere Vorliebe zeigt sie für stark riechende Kräuter, so beispielsweise für Salbei und für Schierling, welchem sie wahrscheinlich auch theilweise den auf ihr lastenden übeln Ruf verdankt.

Als echtes Nachtthier hält sie sich übertages stets verborgen, es sei denn, daß warmer Regen das Erdreich angefeuchtet habe und das denselben herbeiführende Gewölk noch die ihr lästige Sonne verhülle. Unter solchen Umständen versucht sie wohl auch ausnahmsweise bei Tage ihrer Jagd obzuliegen, während sie diese sonst erst geraume Zeit nach Sonnenuntergang beginnt. Unbehülflich in ihren Bewegungen, kaum geschickt, weitere Sprünge auszuführen, täppisch und schwerfällig, wie sie ist, vermeidet sie Streifzüge, sucht dafür aber das von ihr beherrschte kleine Gebiet um so sorgsamer ab und wird deshalb, und weil ihre Gefräßigkeit einen bedeutenden Nahrungsverbrauch bedingt, der Oertlichkeit, auf welcher sie sich angesiedelt hat, zum wahren Segen. Eine Folge ihrer Ungeschicklichkeit ist, daß sie oft in Keller, Brunnen, Schächte und Grotten hinabstürzt, aus denen es für sie dann kein Entrinnen gibt, und in denen sie sich mit der geringen Beute begnügen muß, welche ebenso, wie sie, zufällig in die Tiefe fällt. Trotzdem gelingt es ihr auch hier, oft merkwürdig lange Zeit, nicht bloß ihr Leben zu fristen, sondern sich förmlich zu mästen. So fand Erber in Dalmatien bei seinen Besuchen von Grotten, in einer Tiefe von neunzig Klaftern und mehr sehr große und zwar stets wohlgenährte Erdkröten, was, wie er sagt, mit der ungeheueren Gefräßigkeit, welche diese Thiere in der Gefangenschaft entwickeln, durchaus nicht übereinstimmen will, da ja doch in den wenigsten Grotten Kerbthiere regelmäßig vorkommen. Ihre Beute besteht, nach Fothergill, in kleinen Würmern, Wespen, Bienen, Spinnen, Käfern, überhaupt in allen Arten von Kerbthieren, mit Ausnahme der Schmetterlinge, welche sie wahrscheinlich deshalb nicht gern nimmt, weil der Flügelstaub derselben an ihrer schleimigen Zunge festklebt, und ihr das Schlucken erschwert. Ungeachtet ihrer Gefräßigkeit, welche man einen fortwährenden Heißhunger nennen möchte, verschmäht sie hartnäckig, todte Thiere zu genießen. Man wollte versuchen, ob nicht der Hunger sie zwingen werde, von solchem Eigensinne abzulassen, und verschloß eine kräftige Kröte in einem Gartentopfe, in welchen man eine ziemliche Anzahl frisch getödteter Bienen gelegt hatte; nach sechs oder sieben Tagen waren jedoch noch alle Bienen vorhanden, während andererseits lebende Kerbthiere dieser Art sofort ergriffen, und, wie es scheint, ohne jeglichen Schaden verspeist werden, obschon, nach Bells Beobachtungen, der Räuber durch Zuckungen und anderweitige Bewegungen es merken läßt, wenn er einen Stich in Schlund oder Magen erhalten hat.

Die Art und Weise, in welcher die Kröte ihren Raub erwirbt, kann man leicht beobachten, da sie auch bei Tage keine Beute an sich vorübergehen läßt, vielmehr nach allem, was in ihren Bereich kommt, gierig hascht, ihr lecker erscheinende Kerbthiere sogar auf kleine Entfernungen verfolgt. Ihre weit vorstehenden und höchst beweglichen Augen nehmen da, wo das sie blendende, grelle Sonnenlicht durch Pflanzen gedämpft wird, jedes Thierchen wahr, es mag erscheinen, von welcher Seite es will, und die Zunge wird mit einer wunderbaren Beweglichkeit und Gelenkigkeit auf das erspähte [597] Beutestück geworfen, so daß dieses selten entkommen kann. Wer einer verborgenen Kröte, ohne sie zu behelligen, einen Wurm, eine Raupe oder ein anderes Kerbthier vorhält, bezüglich zuwirft, kann sie in ihrem vollen Treiben belauschen. Augenblicklich beginnen die Augen zu funkeln, und sie selbst erhebt sich aus ihrem scheinbar schlaftrunkenen Zustande und bewegt sich mit einer Hurtigkeit, welche mit ihrem sonstigen Wesen im vollsten Widerspruche steht, auf ihre Beute zu. Hat sie sich bis auf die rechte Entfernung genähert, so hält sie in ihrem Laufe an, faßt, wie ein vor dem Wilde stehender Hühnerhund, den Raub fest ins Auge, schießt die Zunge hervor und wirft mit ihr das Opfer in den weit geöffneten Rachen, fast gleichzeitig es verschluckend und in dem Magen bergend. Ist ein Bissen zu groß oder zu lang, hat sie z.B. einen Regenwurm gepackt, und ragt derselbe noch aus dem Maule heraus, so hilft, wie Sterki beobachtete, »ein rasch und sicher geführter, wischender Schlag eines Vorderfußes nach«. Sofort ist der Bissen verschluckt, und unmittelbar darauf sitzt die Kröte wiederum in ihrer lauernden Stellung unbeweglich da, und von neuem späht sie in die Runde. Wenn sie, wie nicht ganz selten geschieht, eine Beute fehlt, oder sie durch einen Schlag mit der Zunge nur betäubt, nicht aber anleimt, steht sie gewöhnlich von aller weiteren Verfolgung ab, nimmt aber die Jagd augenblicklich wieder auf, wenn das Kerbthier sich zu regen anfängt. Doch kann es auch geschehen, daß sie erst rasch nacheinander zwei- bis dreimal die Zunge vorschnellt, in der Hoffnung, das zu ermöglichen, was das erste Mal mißlang. Sie verzehrt eine unglaubliche Menge von Ungeziefer aller Art. Neben dem genannten Kleingethier scheinen Nacktschnecken beliebt zu sein; außerdem vergreift sie sich an kleinen Kriechthieren und Lurchen, einigen Beobachtern zufolge, sogar an Jungen der eigenen Art, obgleich sie sonst mit ihresgleichen im Frieden lebt, sich auch durch keinerlei Erregung zu Streit mit anderen ihrer Art aufstacheln läßt. Einen Beleg dafür gibt folgende Erzählung. Um eine Kröte, deren ständigen Aufenthalt man kannte, bei ihrem Kerbthierfange zu beobachten, bestrich man ein Blatt mit etwas Honig und legte dieses vor den Schlupfwinkel. Der Honig zog bald eine Menge Fliegen und Wespen herbei, welche von der Bewohnerin der Höhlung weggeschnappt wurden. Als einst eine andere Kröte sich an dieser stets reich bestellten Tafel einfand, warf man viele Kerbthiere zwischen beide, so daß ihre Aufmerksamkeit wechselseitig erregt wurde. Dabei geschah es, daß zuweilen beide nach einem und demselben Kerfe haschten; niemals aber zeigte diejenige, welche leer ausging, den geringsten Unwillen oder gar ein Gelüst nach Rache. Niemals überhaupt sah man zwei Kröten miteinander streiten. Diese Gutmüthigkeit, welche man ebensowohl als Geistlosigkeit bezeichnen darf, ist vielen, aber doch nicht allen Kröten gemein: der Magen bestimmt ihr Gebaren. Sie versuchen, ein sich ihnen nahendes Thier zu verschlingen, wenn sie dies vermögen, lassen es im übrigen aber vollkommen unbehelligt, weil bei ihnen alle Gefühle, welche Ueberlegung erfordern, nur angedeutet sind oder ihnen gänzlich abgehen. Doch soll damit durchaus nicht gesagt sein, daß ihnen jede geistige Thätigkeit mangele. Sie unterscheiden zwischen den verschiedenen Geschöpfen, mit denen sie zu verkehren haben, und passen ihre Gewohnheiten den Verhältnissen an. Mehr als andere Lurche noch fliehen sie ängstlich jedes Thier, und wagen im Bewußtsein ihrer Schwäche nicht, einem starken Feinde Widerstand zu leisten; aber auch sie erkennen ihnen erwiesene Wohlthaten dankbar an und legen gegenüber dem, welcher sie freundlich behandelt, nach und nach die ihnen sonst eigene Scheu fast gänzlich ab. Bell hatte eine Kröte soweit gezähmt, daß sie ruhig auf der einen Hand sitzen blieb und die ihr mit der anderen vorgehaltenen Fliegen aus den Fingern nahm; andere Freunde dieser so verachteten Thiere brachten ihre Gefangenen dahin, daß sie sich auf einen ihnen geltenden Ruf oder Pfiff regelmäßig einstellten, um das ihnen zugedachte Futter in Empfang zu nehmen. Fothergill glaubt sogar, daß gezähmte Kröten ihren Gebieter und dessen Familie von fremden Leuten unterscheiden können. Als er eines Sommers zufällig einen umgestülpten Blumentopf aufhob, von welchem ein Theil des Randes ausgebrochen war, bemerkte er, daß dieser Topf einer Kröte zum Schlupfwinkel diente. Er beschloß, letztere zu beobachten, begann sie mit Kerbthieren zu füttern und gewöhnte sie bald so an sich, daß sie ohne jegliche Scheu erschien, so oft er sie durch [598] vorgeworfene Speise lockte. Gegen Abend verließ sie ihren Schlupfwinkel, um im Garten umherzustreifen; gegen Morgen kehrte sie regelmäßig zu ihrem Topfe zurück. In dieser Weise verlief ihr Leben wochenlang, bis eines Tages eine Gesellschaft Fremder bei Fothergill erschien und die Fütterung der Kröte mit anzusehen wünschte. Das Thier zeigte sich angesichts der ihr unbekannten Leute ungewöhnlich scheu und unruhig, verließ am Abende ihren Platz und kehrte in diesem Jahre nicht mehr dahin zurück. Im folgenden Sommer jedoch fand sich dieselbe oder doch eine andere, ihr ganz ähnliche Kröte wieder unter dem Topfe ein und wurde, wie früher, sorgfältig gefüttert. Fortan erschien sie jedesmal zu Ende des Mai und verschwand Mitte September wieder, ließ auch deutlich erkennen, daß sie ihrem Pfleger vertraue, da sie ruhig aushielt, wenn dieser sie streichelte oder mit einem Rüthchen berührte, nicht aber sich so eilig als möglich verbarg, wie andere in solchem Falle zu thun pflegen.

Im engeren Gewahrsam gehalten, wird sie noch eher und vollständiger zahm, als wenn man ihr einen Garten zu ihrem Wohngebiete anweist. Ihre Unterhaltung verursacht kaum Schwierigkeiten, da sie keines der ihr vorgeworfenen kleinen Thiere verschmäht, falls dieses sich bewegt, und sie andererseits ohne den geringsten Schaden hungern kann. Mit gleichgroßen Artgenossen oder mit Verwandten verträgt sie sich ausgezeichnet, wie in dem vorhergehendem zur Genüge dargethan.

Abweichend von anderen Froschlurchen verschläft die Kröte den Winter in fern vom Wasser gelegenen, trockenen Erdhöhlen. Sie verkriecht sich Ende September oder anfangs Oktober in vorgefundenen oder selbstgegrabenen Bauen, oft gesellschaftlich, schützt sich durch einen die Höhlung vorn schließenden Damm aus Erde gegen die Einwirkungen der Kälte und verharrt nun, regungslos und erstarrt, bis zum März oder April in der Winterherberge. Sie gräbt sich mit Hülfe der Hinterfüße ein und fördert sich in gleicher Weise zu Tage, anscheinend gedrängt von dem sich in ihr regenden Paarungstriebe, da sie, noch bevor sie sich wieder durchgewühlt hat, bereits zu quaken oder doch zu knurren beginnt. Sofort nach dem Verlassen ihres Winteraufenthaltes schreitet sie zur Paarung und begibt sich zu diesem Zwecke in irgend ein in der Nähe gelegenes Gewässer, mit jedem, auch dem kleinsten, vorlieb nehmend. Die Paarungslust gibt sich zunächst durch heulendes und unangenehmes Geschrei zu erkennen, welches die Männchen Tag und Nacht vernehmen lassen; währenddem erwählt sich jedes von diesen, soweit es möglich, ein Weibchen, umfaßt es in der bei Froschlurchen üblichen Weise, aber mit solcher Kraft, daß die Zehen förmlich in die Haut eingedrückt werden und von außen nicht mehr sichtbar sind, und hält es, wie sorgfältige Beobachter versichern, acht bis zehn Tage lang ununterbrochen fest, bis endlich das Eierlegen beginnt und das lange Vorspiel ein Ende nimmt. In Ermangelung eines Weibchens ihrer Art setzt sie sich, ganz nach Art des Teichfrosches, auf anderen Thieren, insbesondere Fischen, fest und kann diesen, wie Förster an Goldfischen wahrnehmen mußte, durch ihre brünstigen Umarmungen den Erstickungstod bereiten. Der Laich geht in zwei Schnüren ab, von denen je eine in einem Eierstocke und bezüglich Eileiter erzeugt wird; das Eierlegen geschieht jedoch absatzweise, und das Männchen befruchtet deshalb immer einzelne Theile der Schnüre. Wenn ein Stück zu Tage gekommen, nehmen beide für kurze Zeit eine bequemere Stellung ein, indem sie zur Oberfläche des Wassers emporsteigen und hier gewissermaßen sich erholen; hierauf sinken beide wieder in die Tiefe, um ein neues Stück der Schnüre zu gebären und zu befruchten. Solches Wechselspiel wiederholen sie acht- bis zehnmal nacheinander; sobald aber das letzte Stück der Eierschnüre abgegangen, verläßt das Männchen sein Weibchen, und jeder der beiden Gatten begibt sich nunmehr wieder auf das trockene Land hinaus. Die Eierschnüre haben die Dicke eines Strohhalmes, erreichen bis 1,5 Meter an Länge und enthalten viele hunderte von Eiern. Noch während der Paarung werden sie von den sich hin- und herbewegenden Eltern um Wasserpflanzen und dergleichen gewickelt und hierdurch in der Tiefe festgehalten; nach zwei bis drei Tagen haben sie sich merklich vergrößert, nach vier bis fünf Tagen gestreckt, am siebzehnten oder achtzehnten Tage die inzwischen entwickelten Larven die Eihäute durchbrochen, am zwanzigsten Tage auch den Schleim verlassen. Von nun an geht ihre Verwandlung [599] in regelrechter Weise vor sich. Ende Juni haben sich die vier Beine entwickelt, und wenn dies geschehen, verlassen die jungen Kröten das Wasser, obgleich ihr Schwanz um diese Zeit noch nicht gänzlich eingeschrumpft ist. Von nun an führen sie das Leben ihrer Eltern. Ihr Wachsthum ist ein sehr langsames; doch sind auch sie in ihrem fünften Lebensjahre fortpflanzungsfähig. Rösel nimmt an, daß sie ihr Leben auf funfzehn Jahre bringen können, unterschätzt die Wahrheit aber höchst wahrscheinlich bedeutend: will man doch beobachtet haben, daß einzelne Kröten sogar in der Gefangenschaft viel länger ausgehalten haben! So erzählt Pennant von einer, welche sechsunddreißig Jahre in Gefangenschaft verbrachte und vielleicht noch länger ausgehalten haben würde, hätte nicht ein Zufall ihrem Leben ein Ende gemacht.

Die lange Lebensdauer der Kröte trägt wesentlich zu ihrer Erhaltung bei. Sie hat zwar verhältnismäßig von wenigen Feinden zu leiden, da ihres Drüsensaftes halber die Raubthiere, mit Ausnahme der Schlangen, nicht wagen, an ihr sich zu vergreifen; aber die Vermehrung ist eine verhältnismäßig schwache, weil infolge der Unachtsamkeit der Eltern beim Austrocknen unbedeutender Gewässer oft tausende von Larven zu Grunde gehen. Und als der Feinde schlimmster tritt der wahnbefangene, mordlustige Mensch auf, welcher gerade die erwachsenen, also fortpflanzungsfähigen Kröten in unverantwortlicher Weise verfolgt, gewiß nicht zu Ehren seiner Bildung oder auch nur seines Verstandes, vielmehr ausschließlich zum Schaden seines Besitzthumes.

Um der abergläubischen Vernichtungswuth der Krötenfeinde auch den Schein einer Rechtfertigung zu nehmen, will ich ausdrücklich hervorheben, daß die Kröte übertages doch nur höchstens an solchen Bienen sich vergreift, welche ihr sozusagen vor der Nase herumfliegen, auf ihren nächtlichen Ausflügen mit nützlichen Kerbthieren gar nicht in Berührung kommt, demgemäß auch nicht im Stande ist, uns Schaden zuzufügen. Das abgeschmackte Vorurtheil, daß sie, wenn sie ihre sogenannte Harnblase ausleert, Gift von sich spritze; die Meinung, daß der allerdings scharfe Schleim, welchen ihre Hautdrüsen ausschwitzen, vergiften könne; der Wahn, daß sie die Viehställe besuche, um die Euter der Kühe oder Ziegen zu leeren, und was derartige Verleumdungen mehr sind: sie alle können jener Vernichtungswuth ebensowenig zur Entschuldigung dienen; denn es ist durch die sorgfältigsten Versuche erwiesen worden, daß die Kröte kein Gift von sich spritzt, daß jener Drüsensaft, auf Schleimhäute gebracht, wohl ein Brennen verursacht, aber nicht gefährden kann, kurz, daß sie in keiner Weise im Stande ist, uns irgend welchen Nachtheil zuzufügen. Wer also im blinden Wahne oder aus unverzeihlichem Uebermuthe ein so nützliches Thier todtschlägt, stellt sich damit ein vollgültiges Zeugnis beklagenswerther Unwissenheit und Roheit aus. Die englischen Gärtner, vernünftiger als die unserigen, haben, wie bemerkt, längst erkannt, welch großen Vortheil ihnen diese fleißigen, ja unermüdlichen Thiere durch Wegfangen von allerlei den Pflanzen schadendem Geziefer bringen und kaufen gegenwärtig Kröten dutzend- und schockweise, um sie in ihren Gärten arbeiten zu lassen. Ihre deutschen Berufsgenossen kommen vielleicht auch noch zu derselben Ansicht, und möglicherweise findet auch einer oder der andere Lehrer so viele Zeit, als erforderlich, um seinen Schülern die Nützlichkeit dieser Thiere begreiflich zu machen und wiederum ein Stück Aberglauben ausrotten zu helfen.


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Das Fehlen von Schwimmhäuten an den Hinterfüßen mag uns als das hauptsächlichste Merkmal der Untersippe der Buntkröten (Bufo) gelten.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 595-600.
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