Gießkannenschwamm (Euplectella aspergillum)

[527] Der schönste aller Schwämme, wegen seines wunderbar zarten Kieselgeflechtes, ist der Gießkannen-Schwamm (Euplectella aspergillum). Die langen Nadeln, zwischen denen zahlreiche Varietäten kleinerer, oft mikroskopischer Sternchen enthalten sind, verschmelzen oder backen theilweise fest aneinander und bilden in Längs- und Ringzügen die durchbrochene Wandung eines leichtgebogenen, drei bis vier Centimeter dicken und dreißig bis vierzig Centimeter langen Hohlcylinders. Auch das obere Ende desselben ist mit einem gleichen durchbrochenen Geflecht deckelähnlich geschlossen, woraus sich der Name (spanisch regadera) ergibt. Die vordere Hälfte pflegt mit unregelmäßigen Kreiskämmen umgeben zu sein. Das Hinterende, welches im Schlamme steckt, wird von einem dichten Schopfe feinster, biegsamer Nadeln gebildet. Die von den leicht abfallenden Weichtheilen [527] befreite Röhre, die jetzt eine für sechs bis acht Mark zu beschaffende Zierde der meisten Sammlungen ist, erglänzt im reinsten Weiß.

Der Gießkannen-Schwamm kommt von den Philippinen, namentlich der Insel Cebu. Wir hören über Vorkommen und Fang wieder Willamoes-Suhm.


Gießkannen-Schwamm (Euplectella aspergillum). 2/3 natürl. Größe.
Gießkannen-Schwamm (Euplectella aspergillum). 2/3 natürl. Größe.

»Der Gießkannen-Schwamm wurde zuerst vor siebzig Jahren in einem Exemplare zufällig aufgefischt, das vor cirka dreißig Jahren (1841) in Owens Hände kam. Jetzt wurden hohe Anerbietungen für weitere Exemplare gemacht, und noch der zweite zu hohem Preise gekauft. Noch vor acht bis zehn Jahren waren sie sehr theuer, als plötzlich die hierdurch angespornten Fischer ganz in der Nähe der Stadt Cebu eine Stelle entdeckten, wo sie mittels eines aus Bambusstäben und mit Haken versehenen Gestelles, das sie am Meeresgrunde herzogen, die Euplectella in Menge auffischten. Der Schwamm lebt hier in einer Tiefe von hundert Faden in schwärzlichem Schlamme. Während unseres Aufenthaltes in Cebu fuhr das Schiff eines Tages eigens zu dem Zwecke an die betreffende Stelle, und nun wurden gleichzeitig von einem Fischerboote das Bambusgestell und vom Schiffe ein kleines Schleppnetz hinabgelassen. Aber während ersteres ihn in Menge fing, gingen wir leer aus, und erst die Wucht eines der großen Schleppnetze genügte, um die offenbar in Masse, aber sehr fest im Schlamme sitzenden Schwämme loszureißen. Mit der Euplectella fingen wir zwei Thiere, welche nicht einer bestimmten Flachwasserfauna, sondern der pacifischen Tiefsee von drei- bis achthundert Faden eigenthümlich sind, nämlich große Pentacrinen, sowie einen großen weichen Seeigel, Phormosoma hoplacanthus, verwandt mit der Grube'schen Gattung Asthenosoma und ausgezeichnet durch große kolbenförmig endigende Stacheln. Letzteren haben wir im ganzen pacifischen Meere überall in mittleren Tiefen angetroffen. Es wird den Lesern erinnerlich sein, daß ich die Glasschwämme als häufig im tiefen Wasser vorkommend erwähnt habe, und es ist recht interessant zu sehen, wie hier in den Philippinen die Euplectella und in Japan Hyalonema in geringen Tiefen von einer Anzahl von Formen begleitet wird, die für gewöhnlich die großen Tiefen des Meeres bewohnen.«

Nicht selten wird der Gießkannen-Schwamm von einer Assel, welche der erste genaue Beobachter dieses Thieres, Semper, Aega spongiophila genannt hat, und fast ganz regelmäßig [528] von einem Garneelenpaare, Männchen und Weibchen, der Gattung Palaemon bewohnt. Die Thiere schlüpfen in einem Jugendzustande, vielleicht schon als Larven, in das schöne, schützende Gitterwerk hinein und werden bald so groß, daß sie das selbst gewählte Gefängniß nicht wieder verlassen können. Daraus erklärt sich, daß die Bewohner von Cebu und Manila den Schwamm für ein von seinen Insassen selbst verfertigtes Haus halten. Einen anderen schwammbewohnenden Krebs, Typton spongicola, haben wir früher kennen gelernt (S. 28).

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 527-529.
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