Cyclas cornea

[369] Die Beobachtung und wissenschaftliche Untersuchung hat sich mit Vorliebe mit einigen dem süßen Wasser angehörigen Tellinaceen beschäftigt, namentlich der ziemlich viele Arten enthaltenden und weit verbreiteten Gattung Cyclas. Sie graben sich seltener ein, halten sich sogar lieber zwischen den Stengeln der Pflanzen auf, wo sie mit einer für eine Muschel ganz anständigen Beweglichkeit einhersteigen. Sie sollen auch, was ich jedoch nicht gesehen, gleich den Süßwasserschnecken an dem Wasserspiegel hängen und kriechen können. Die größte der einheimischen, Cyclas rivicola, wird 2 Centimeter lang, die übrigen kaum halb so lang, darunter die gemeinste, C. cornea, so genannt von dem graulich hornfarbenen Aussehen ihrer Schale. Auch bei den Cycladen gelangen die Eier, um sich zu entwickeln, nicht ins Freie, sondern in eigenthümliche, an der Innenseite der Kiemenblätter zur Brutzeit auftretende Bruttaschen. Wir haben neuerlich durch Stepanoff erfahren, daß die Entstehung dieser Bruttaschen große Analogie bietet mit den Wulsten, welche bei der Krötengattung Pipa um die auf den Rücken des Weibchens gebrachten Eier sich legen. Stepanoff fand gewöhnlich an einem Kiemenblatte eine ganze Reihe von Bruttaschen in verschiedenen Entwickelungsstadien. »In den einzelnen Bruttaschen findet sich eine wechselnde Anzahl von Embryonen, die allerjüngsten enthalten deren immer nur einen oder zwei, die ausgebildeten Bruttaschen dagegen gewöhnlich bis zu sieben. Außerdem ist hervorzuheben, daß man in den kleinen Säcken immer nur Embryonen gleicher Entwickelung findet, während die ausgewachsenen Taschen immer mit einer Brut von verschiedener Reife erfüllt sind. Diese Thatsache ist damit zu erklären, daß die einzelnen aneinander gelegenen Säcke mit der Zeit verwachsen. In den ersten Phasen der Entwickelung bewegen sich die jungen Cycladen lebhaft in den Bruttaschen, indem sie durch die Thätigkeit ihrer Flimmerhaare in dem flüssigen Inhalte derselben umherschwimmen. Später, wenn die Thiere größer und schwerer werden, tritt für sie eine Ruhezeit ein, die durch die Ausbildung des Mantels und der Schalen, wie auch durch wichtige innere Bildungsprocesse ausgefüllt wird. – Was die Nahrung der Embryonen während ihres [369] Aufenthaltes in den Bruttaschen anbetrifft, so besteht diese aus denselben Schleimhautzellen, durch die sie umwuchert sind. Die Cycladen verhalten sich in dieser Hinsicht abweichend von den bekannten übrigen Lamellibranchiaten, die während des Aufenthaltes in den Kiemen ihrer Mutter sämmtlich ihre Eihüllen behalten und sich von dem darin enthaltenen Eiweiße nähren«, mithin sich ähnlich wie jene Schnecken (Purpura, Buccinum, Nerita) verhalten, wo einzelne sich entwickelnde Junge sich auf Kosten der nicht zur Entwickelung kommenden Eier mästen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 369-370.
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