Tiedemannia neapolitana

[328] Eine zu den Cymbuliaceen gehörige, durch ihre Körperform sehr interessante Gattung ist Tiedemannia. Gegenbaurs Beobachtungen betreffen die Tiedemannia neapolitana. Der Körper (a) bildet ein flaches Oval, ist vorn stark gewulstet und läuft, nach hinten dünner werdend, in einen flachen Rand aus. Es wird diese Gestalt durch eine allseitig vom Mantel des Thieres umflossene glashelle Schale bedingt, welche bei der geringsten Verletzung des Mantels sich sogleich auflöst und dann von der früheren Körperform nur noch spärliche Andeutungen zurückläßt. Die Flossen (b) sind vollständig mit einander verwachsen. Der von der Mitte des tief eingeschnittenen Vorderrandes der Flossen sich erhebende Fortsatz (c), welcher gegen 21/2 Centimeter lang wird und mit zwei Lappen endigt, ist der Rüssel des Thieres. Er liegt in der Ruhe und beim Schwimmen nach hinten gebogen, oft die Mitte der Flossen berührend. Wird das Thier gereizt oder macht es in der Gefangenschaft starke Anstrengungen, so erhebt es sich und kann sich auch langsam nach vorn richten. Im ganzen kommt ihm aber nur eine äußerst geringe Beweglichkeit zu. Fast das ganze Thier ist durchsichtig und macht sich im Meere nur durch seine Bewegungen bemerkbar. Die dunkelbraune Eingeweidemasse ist wie bei Cymbulia in einen spitzen »Kern« vereinigt und schimmert durch die Leibeshülle.

[328] Mehrere Arten der Tiedemannien haben in ihrem Mantel gelbe und braune Flecke, welche in derselben Weise sich ändern, wie die so merkwürdigen Chromatophoren der Kopffüßer, und überhaupt in jeder Beziehung jenen Gebilden gleichzustellen sind. Gegenbaur sagt darüber: »Bei längerer aufmerksamer Beobachtung einer lebenden Tiedemannia bemerkt man, wie Mantel und Flossenrand anstatt der großen braunen Flecke nur feine schwarze Punkte besitzen, und wie nach einiger Zeit eine allmähliche Vergrößerung dieser Punkte auftritt, wie zugleich ihre Farbe etwas heller wird, bis sie endlich in die braunen run den Flecke sich umgewandelt haben, deren früheres Verschwinden zuvor vielleicht räthselhaft erschien.


Tiedemannia neapolitana. Natürliche Größe.
Tiedemannia neapolitana. Natürliche Größe.

Am frappantesten ist die Beobachtung dieser Erscheinung unter dem Mikroskope, wo man das schönste Chromatophorenspiel vor sich zu haben glaubt. Die Farbenzelle nimmt oft die bizarresten Gestalten an. Die Schnelligkeit der dabei thätigen Kontraktion ist äußerst verschieden und währt von einer halben Minute bis zu dreiviertel Stunden und mehr«.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 328-329.
Lizenz:
Kategorien: