Tridacna elongata

[387] Eine zweite Tridacna-Art, Tridacna elongata, welche im Rothen Meere sehr häufig ist, wurde vor einigen Jahren sehr ausführlich von einem jungen französischen Zoologen, Vaillant, beobachtet. Sie gehört zu den kleineren und wird 12 bis 20 Centimeter lang. Auch sie lebt der Art in den Sand vergraben, daß man nur den gezähnten Schalenrand hervorragen sieht. Die oben [387] erwähnte Oeffnung am Rücken ist also nach unten gekehrt und mit dem daraus hervortretenden Fuße und Barte ballt sie Sand und Steine zusammen, heftet sich auch wohl gelegentlich an darunter befindlichen Felsen an und legt sich, so zu sagen, für einen ohne Zweifel längeren Aufenthalt vor Anker. Daß sie jedoch von Zeit zu Zeit ihren Standort ändern, geht daraus hervor, daß man die größeren Exemplare in immer größerer Tiefe aufsuchen muß. Vaillant kann nicht Worte finden, um den prächtigen Anblick zu schildern, den die fast immer geöffnete Muschel mit ihren Mantelrändern gewährt, wenn man sie bei ruhigem Wasser in einer Tiefe von zwölf bis sechzehn Fuß beobachtet. Tridacna elongata, von den Arabern »Arbi-nem-Bous« genannt, ist bei Suez so gemein, daß ihre Schale zum Kalkbrennen benutzt wird; auch ist sie eine sehr beliebte Speise, und sollen namentlich die Muskeln wie Hummerfleisch schmecken.

Die oben mitgetheilten Angaben, daß die Riesen-Tridacna im Stande sei, ein Tau abzukneipen, zieht der französische Zoolog in Zweifel, nicht weil das Thier nicht die Muskelkraft dazu besäße, sondern weil die Schale bei einer solchen Anstrengung zerbrechen würde. Ueber die Leistungsfähigkeit der Muskeln der Suezer Art hat er einige bemerkenswerthe Versuche angestellt. Die Schalenränder können nicht vollständig geschlossen werden; Vaillant konnte also immer an der einen Klappe einen Haken anbringen und die ganze Muschel daran aufhängen, und an der anderen ein Gefäß befestigen, welches allmählich mit Wasser gefüllt wurde. Zu dem Gewichte des Gefäßes und des Wassers muß natürlich noch dasjenige der unteren Schalenhälfte und der durch die Muskel ebenfalls zu besiegende Widerstand des Ligamentes gerechnet werden, welcher auch noch überwunden wurde, wenn nahe am Höhepunkte des dem Thiere zugemutheten Gewichtes die Muschel gereizt wurde und mit äußerster Kraftanstrengung die Schale zusammenzog. Ein vierundzwanzig Centimeter langes Exemplar entfaltete so eine Kraft von über sieben Kilogramm.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 387-388.
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