Binturong (Arctitis Binturong)

[214] Eine zweite Sippe der Unterfamilie vertritt der Binturong (Arctitis Binturong, Viverra Binturong, Arctitis penicillatus, Ictides ater, Paradoxurus und Ictides albifrons), in den Augen einzelner Forscher eine Schleichkatze, nach Ansicht anderer ein Mittelglied zwischen dieser und dem Bär, von dem Wickel- und Katzenbär, seinen nächsten Verwandten, abweichend durch das Gebiß, in welchem der erste Lückzahn auszufallen pflegt. An Größe übertrifft der Binturong seine Verwandten: seine Länge beträgt 1,25 bis 1,3 Meter, wovon etwas mehr als die Hälfte, 63 Centim., auf den sehr langen Wickelschwanz kommt. Der Leib ist kräftig, der Kopf dick, die Schnauze verlängert; die Beine sind kurz und stämmig, die Füße nacktsohlig, fünfzehig, mit ziemlich starken, nicht einziehbaren Krallen bewehrt. Ein dichter, ziemlich rauhhaariger, lockerer Pelz bekleidet den Leib. Das Haar bildet an den kurzen, abgerundeten Ohren Pinsel, ist aber auch am Leibe und besonders am Schwanze auffallend lang, überhaupt nur an den Gliedern kurz. Dicke, weiße Schnurren zu beiden Seiten der Schnauze umgeben das Gesicht wie mit einem Strahlenkranze. Die Färbung ist ein mattes Schwarz, welches auf dem Kopfe ins Grauliche, an den Gliedmaßen ins Bräunliche übergeht; die Ohrränder und Augenbrauen sehen weißlich aus. Das Weibchen soll grau, das Junge gelblich aussehen, weil die Spitzen der übrigens schwarzen Haare die entsprechenden Färbungen zeigen.

Sumatra, Java, Malakka, Butan und Nepal sind, soweit bis jetzt bekannt, die Heimat dieses wirklich schönen Thieres. Major Farquhar entdeckte es, Raffles beschrieb er zuerst; spätere Reisende sandten Bälge, einige Thierfreunde und Händler in der letzten Zeit auch lebende Stücke nach Europa. Von seinem Freileben wissen wir nichts, über sein Gefangenleben nicht viel. An drei Stücken, von denen ich eines pflegte, beobachtete ich etwa folgendes.

Der Binturong ähnelt dem Wickelbär hinsichtlich seines Wesens; denn auch er ist ein stiller, sanfter und gemüthlicher Gesell, vorausgesetzt natürlich, daß er jung in gute Pflege kam. Obwohl Nachtthier, zeigt er sich doch auch bei Tage zuweilen munter und rege. Seine Bewegungen geschehen langsam und bedächtig, die kletternden stets mit Hülfe des Schwanzes, welcher zwar kein vollständiger Wickelschwanz ist, aber doch als solcher gebraucht wird, indem das Thier mit ihm sich festhält, Aeste und Zweige leicht umschlingend, und die Schlinge sodann lockernd, ohne sie zu lösen, beziehentlich ohne den Halt zu lassen, da die Schwanzschlinge nach und nach mehr nach der Schwanzspitze hin verlegt wird.


Binturong (Arctitis Binturong). 1/7 natürl. Größe.
Binturong (Arctitis Binturong). 1/7 natürl. Größe.

Erst wenn letztere von dem Aste abgleitet, greift der Binturong langsam [214] weiter und verfährt wie vorher. Seine Stimme ähnelt dem Miauen der Hauskatze. Unter seinen Sinnen scheinen Geruch und Gefühl oder Tastsinn obenan zu stehen; er beschnuppert jeden Gegenstand lange und genau und gebraucht seine Schnurrhaare thatsächlich als empfindliche Taster. In seinem Wesen spricht sich weder Raublust noch Mordsucht aus. Er ist ein Fruchtfresser, welcher Pflanzennahrung thierischen Stoffen jeder Art entschieden vorzieht und im Käfige bei einfacher Pflanzenkost recht gut ausdauert.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Zweiter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Dritter Band: Hufthiere, Seesäugethiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 214-215.
Lizenz:
Kategorien: