Gutfeldt, Ina

[297] *Gutfeldt, Ina, geb. Viller, Ps. Ani Kathrein, Dipl. Sprach- und wissenschaftliche Lehrerin, lebt seit 1895 in Deutschland und wohnt gegenwärtig in Berlin W. Bendlerstrasse 13. Sie wurde am 15. Juni 1863 zu Livland geboren. Schon mit vier Jahren wurde sie der Eltern beraubt und verlebte nun eine überaus bittere Kindheit auf einem einsamen Gute Ehstlands, im Hause eines entfernten Verwandten, der die schutz- und wehrlose Waise auf das liebloseste behandelte. In einem der ersten Mädchen-Pensionate zu Dorpat erhielt sie ihre Ausbildung und verliess dasselbe als diplomierte Gouvernante. Hierauf widmete sie sich mit grossem Eifer der Musik und dem Studium der fremden Sprachen, von denen sie ausser ihrer Muttersprache deutsch noch fünf beherrscht und zwar die russische, französische, englische, italienische und ehstnische. Bald führte der Lehrerinnen-Beruf sie abwechselnd nach Moskau, Ehstland und der russischen Ukraine. In Reval lernte sie einen intelligenten, musikalisch begabten Kaufmann kennen, den sie später heiratete, aber[297] schon nach kurzer, kaum 11 Monate dauernder Ehe durch den Tod verlor. Tief gebeugt durch den harten Schlag und innerlich gänzlich gebrochen, fand die junge Witwe, deren eigenes Leben lange in ernster Gefahr schwebte, ihren Lebensmut erst an der Wiege ihres hilflosen Kindes wieder, dem sie jetzt Mutter und Vater sein sollte. Aller Mittel bar, sah sie sich genötigt, um für ihr Kind und sich zu sorgen, wieder ihren Lehrerinnenberuf aufzunehmen. Man sah sie die nächsten 5 Jahre an einem Mädchenpensionate in Reval ihres Amtes walten, woselbst innere Kämpfe und harte Stürme ihr nicht erspart blieben. In Liedern gab sie jetzt wieder, was sie litt. Bis 1893 blieb sie in Reval thätig und lebt seit dieser Zeit ganz ihrer schriftstellerischen Neigung und Befähigung. Skizzen und Novellen aus ihrer Feder finden sich in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften. Ihre vor 4 Jahren herausgegebene Gedichtsammlung, welche sie als ihre »beste Biographie« bezeichnet, soll jetzt eine neue, vielfach vervollständigte Ausgabe erfahren. Auch sind ein grösserer Roman und ein Märchenbuch in Vorbereitung. Ihre Märchen, Romanzen, Balladen und Lieder hat sie in den verschiedensten Städten und Badeorten Deutschlands selbst vorgetragen, und sowohl Presse als Publikum für sich zu gewinnen gewusst. Zwei Dichtungen »Elegie auf den Tod Alexander III.« und »Der Engel von Ruhberg« (Elisa von Radziwill) wurden vom russischen Kaiserhause wie von der Kaiserin Friedrich durch warme Anerkennungsschreiben ausgezeichnet, desgleichen von der Königin von Rumänien, Carmen Sylva.

‒ Warum? Balladen, Romanzen u. Lieder. 2. Aufl. 1896. 4. (140) Königsberg, Bernhard Teichert. geb. 2.50

Der II. Band ebenda in Vorbereitung, erscheint 1898.

Quelle:
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder Bd. 1. Berlin, 1898., S. 297-298.
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