Kapitel LXXIII.
De quaestura
oder
Vom Schösser-Dienst

[7] Die Schösser sind nicht viel besser als die Kaufleute, und ebenso eine räuberische Art von Leuten; sie sind servilisch und ums Geld feil, faul und grob, aber dabei kühne und unverschämt, und verkaufen ihr bisschen Rechnen und Schreiben, oder was sie sonst gelernt haben, sehr teuer; aber ihre Arten zu stehlen sind sinnreich und ingeniös, und sie dürfen nicht mit unter die gemeinen Strassenräuber gerechnet werden. Also sind sie unter allen Menschen, die auf Erden leben, die diebischesten, und von ihren fünf Fingern (womit sie viel Millionen zusammenrechnen)[7] reich, welche sie so anklebend haben, dass das Geld, ob es schon leicht und flüchtig, und wie ein Aal und eine Schlange schlupferig ist, wann es nur von ihnen angerühret wird, so bleibet es in ihren diebischen Klauen hängen, woraus es hernach niemand leicht wieder losreissen kann. Und darinnen sind sie weniger schlimm als andere, weil sie nur königlichen, fürstlichen und grosser Herren Beutel bestehlen und nachstellen. Was sie nun daraus diebisch entwenden, das wenden sie oft aufs Huren, aufs Brettspiel, Gastereien und schöne prächtige Gebäude, und halten Schmarutzer, Gaukler, Hunde, Pferd und Wagen; werden sie alt und hinterlassen Kinder, so sehen wir, wie dieselben dasjenige, was ihre Väter mit Unrecht geraubet, gestohlen und durch andere unzulässige Mittel nach und nach zusammen gekratzet und gescharret haben, mit Schmausen, Huren, Jagen, prächtiger Kleidung, oder was sonsten zur Wollust dienet, in viel Stücke zerteilen und alles unglücklich verschwenden. Aber was treiben diese Schösser nicht selbsten vor Wucher! Sie nehmen Zinsen und Geschenke, plündern die Schuldner durch Prolongationen, stellen falsche Rechnungen auf, fälschen Wechselbriefe, liegen unter einer Decke mit den Feldhauptleuten, machen Siegel nach, schiessen falsche Münze mit unter und machen sie mit Metall und Quecksilber an, sind meistenteils gute Freunde mit den Goldmachern und haltens mit ihnen als Genossen oder als Begünstiger. Aber, wie Cicero saget, die Kaufmannschaft selbsten, wann sie gross und weitläuftig[8] ist, und viel aus- und einbringet, die ist eben nicht so zu schelten; die Kaufleute also und Schösser, die können dann erst recht gelobet werden, wann sie genug gewuchert und gestohlen haben, dass sie endlich ein Landgut kaufen und sich auf den Ackerbau legen. Derowegen wollen wir, was vom Ackerbau zu halten sei, im nachfolgenden erwägen.[9]

Quelle:
Agrippa von Nettesheim: Die Eitelkeit und Unsicherheit der Wissenschaften und die Verteidigungsschrift. München 1913, Band 2, S. 7-10.
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