10. Einweihung eines Hauses.

[37] III, 12.


1. Allhier erricht ich meines Hauses Pfeiler,

fetttriefend ruhe es auf festem Grunde,

Vollzählig lass uns, Haus! mit tüchtger Mannschaft,

mit unverletzter, jetzo dich betreten.

2. Hier stehe fest, o Haus! auf fester Stelle,

mit Rossen und mit Rindern reich gesegnet,

Mit kräftger Speise, Fett und Milch versehen,

rag hoch empor, ein Port des Glücks und Heiles!

3. Du bist ein Bergungsort, o Haus! Dein hohes Dach birgt edles Korn.

Zu dir geh hin das Kalb, zu dir der Knabe,

dir strömen Abends zu die Mutterkühe![37]

4. Dies Haus mög Savitar und Vāyu gründen,

Indra, Bṛihaspati, der sachverständge;

Die feuchten Marut sollen Fett drauf sprengen,

der König Bhaga lass die Saat uns wurzeln.

5. Des Baues Herrin! Götter haben erstmals

dich auferbaut als göttlich trautes Obdach,

In deinem Strohgewand sei uns behaglich,

schenk kräftge Leute uns und reiche Habe!

6. Das Sparrwerk liege richtig auf den Pfosten;

stark, stattlich aussehnd scheuche fort die Feinde,

Nicht sollst du, Haus! von den Bewohnern leiden,

heg uns mit unsern Mannen hundert Jahre!

7. Hier finde sich das zarte Kind, hier auch das Kalb zusammt dem Vieh,

Hier steh der Krug mit Kräutertrank, mit saurer Milch der Schüsseln Meng.

8. Gefüllt, o Gattin! reiche diesen Krug her,

das fette Nass mit Nektarsaft gemenget,

Die Trinker hier lass in Ambrosia schwimmen;

dies Haus beschirm vollkommene Genüge!

9. Hier diese Wasser stell ich auf; sie sind gesund, der Krankheit feind!

In meine Wohnung zieh ich ein sammt Agni und dem Lebenstrank.


IX, 3.


1. O Haus voll Schätzen aller Art! wir machen dich von Fesseln los,

Von dem, was deine Pfosten zwangt, die Stützen und das Wandgebälk.

2. Was man dir, Güterhort! festband, was Schlingen und was Knoten sind,

Das sprenge ich dir durch mein Wort, wie Vala's Schloss Bṛihaspati.

3. Man zog die Bänder an, man wand und schlang die Knoten fest an dir;

Kraft Indra's lösen wir sie, wie der Schlächter kunstvoll Glieder trennt.

4. An Sparren und am Riegelwerk, am Durchzug und dem Strohgewand,

An Seitenpfosten lösen wir was dich festbindet, Güterhort!

5. An Klammern und am Rohrgeflecht, an dem, was dich umfangen hält,

Da binden wir das los, was dich, des Hauses Göttin, enget ein.

6. Was man behaglich hat in dir mit Tragebändern aufgehängt,

Das knüpfen wir dir wieder los; sei uns vergnüglich, göttlich Haus!

zu unserm Heile auferbaut.

7. »Somabebälter's«, »Feuerhütt«, der »Frauen Sitz,« der »Vordersitz«,

der »Sitz der Götter« bist du, Haus!

8. Das tausendmaschige Geflecht, das netzgleich deinen Scheitel deckt,

Dir aufgebunden, aufgesteckt, das löst dir unser Segensspruch.[38]

9. Der dich, o Haus! nimmt in Besitz, und jener, der dich hat erbaut.

Der eine wie der andre soll lang leben, Schutzgeist dieses Baus!

10. Da drüben werde sein Besitz, reich ausgestattet, fest gefügt,

Du, dessen Körper wir befrein, dem wir los machen Glied für Glied!

11. Der dich, o Haus! gegründet hat, zusammen all die Hölzer bracht,

Der schuf dich, Haus! zur Zeugungsstatt, als Höchster, als Prajāpati.

12. Den ehren wir; wir ehren auch den Hausherrn, der uns gerne gibt;

Dem Agni, der an's Opfer geht, sei Ehr,- den Menschen auch in dir.

13. Gebenedeit sei Rind und Ross, das sich im Hause pflanzet fort;

Du mütterlich gesegnet Haus! wir lösen deine Fesseln auf.

14. Agni beherbergst du in dir, die Menschen auch mit ihrem Vieh;

Du mütterlich gesegnet Haus! wir lösen deine Fesseln auf.


15. Es trennt ein Raum den Himmel von der Erde;

kraft seiner nehm ich für dich diese Wohnung.

Der Mittelraum durchmisst den ganzen Dunstkreis;

ihn wandle ich in eine Schätzekammer;

damit nehm ich für diesen Mann die Wohnung.


16. An kräftgen Labetränken reich, feststehend in der Erde Grund,

Voll Nahrung jeder Art, o Haus! beschädge die Empfänger nicht.

17. Mit Stroh bedecket und gehüllt in Rohrgeflecht,

bringst du die Wandelnden gleichwie die Nacht zur Ruh;

Fest stehst du in dem Boden wie ein Elephant mit mächtgem Fuss.

18. Die Matten nehme ich dir ab, das Ueberzogne deck ich auf.

Wenn Varuṇa dich eingehüllt, enthüll des Morgens Mitra dich!

19. Dess Grund mit Segen ward gelegt, das Haus von Meistern aufgebaut,

Indra und Agni! schützt dies Haus als Somaherd, Unsterbliche!

20. Es schliesst Verschlag sich an Verschlag, und ein Fach deckt das andre zu;

Hier pflanzt sich alles lustig fort; hier kommen Menschen auch zur Welt.

21. Die Wohnung, die auf Pfosten ruht, auf zweien, vieren, ja auf sechs,

Die acht und zehn zur Stütze hat, in ihr, der Göttin unsres Baus,

liegt Agni wie in Mutterleib.

22. Du gastlich Haus! ich lenke gern zu deinem sichern Port den Schritt,

Das Feuer birgst und Wasser du, des heilgen Werkes Element.

23. Diess Wasser bringe ich herzu, das heilsam ist und Seuchen tilgt;

In meine Wohnung zieh ich ein, das ewge Feuer in der Hand.

24. Leg unsrem Fusse keine Schling und drück uns nicht, so schwer du bist;

Wir bringen dich wohin's uns zieht, wie eine junge Frau, o Haus!

Quelle:
Hundert Lieder des Atharva-Veda. Tübingen 1879 [in: Schulschriften a. d. Kgr. Würtemberg. Nachtrag 1869–80], S. 37-39.
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