Die einzelnen Linien

[129] Anfangs eine Sechs bedeutet:

Zu rasch Dauer wollen, bringt beharrlich Unheil.

Nichts, was fördernd wäre.


Etwas Dauerndes läßt sich nur allmählich durch lange Arbeit und sorgfältiges Nachdenken schaffen. »Wenn man etwas zusammendrücken will, muß man es erst sich ordentlich ausdehnen lassen«, sagt Laotse in diesem Sinn. Wer gleich auf einmal zu viel verlangt, der überstürzt sich. Und weil er zu viel will, gelingt ihm schließlich gar nichts.


Û Neun auf zweitem Platz bedeutet:

Reue schwindet.


Die Situation ist abnorm. Die Kraft des Charakters ist stärker als die zu Gebote stehende materielle Macht. Da könnte man vielleicht fürchten, daß man sich zu etwas hinreißen ließe, das über die Kraft geht. Allein da es die Zeit der Dauer ist, gelingt es, die innere Kraft zu beherrschen, so daß jedes Zuviel vermieden wird und so der Anlaß zur Reue schwindet.
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Neun auf drittem Platz bedeutet:

Wer seinem Charakter nicht Dauer gibt,

dem bietet man Schande.

Beharrliche Beschämung.


Wenn man in seinem Wesen umgetrieben wird von Stimmungen, die von der Außenwelt durch Furcht und Hoffnung erregt werden, so verliert man die innere Konsequenz des Charakters. Solche innere Inkonsequenz führt dauernd zu peinlichen Erlebnissen. Diese Beschämungen kommen häufig von einer Seite, an die man nicht gedacht hatte. Sie sind auch nicht sowohl Wirkungen der Außenwelt, als gesetzmäßige Zusammenhänge, die von dem eigenen Wesen ausgelöst werden.


Neun auf viertem Platz bedeutet:

Im Feld ist kein Wild.


Wenn man auf der Jagd zu Schuß kommen will, so muß man es auf die rechte Weise anfangen. Wenn man dauernd dem Wild an einem Orte nachstellt, wo es keines gibt, so kann man noch so lange warten und findet keines. Dauer im Suchen genügt nicht. Was man nicht auf die rechte Weise sucht, findet man nicht.


Sechs auf fünftem Platz bedeutet:

Seinem Charakter Dauer geben durch Beharrlichkeit,

das ist für eine Frau von Heil, für einen Mann von Unheil.


Eine Frau soll ihr ganzes Leben einem Manne folgen, der Mann aber soll sich an das halten, was jeweils seine Pflicht ist; wenn er sich dauernd nach der Frau richten wollte, so wäre das für ihn ein Fehler.

Dementsprechend ist für eine Frau konservatives Halten am Hergebrachten ganz gut. Dagegen der Mann muß beweglich und anpassungsfähig bleiben und darf sich nur durch das bestimmen lassen, was jeweils seine Pflicht verlangt.


Oben eine Sechs bedeutet:

Rastlosigkeit als dauernder Zustand bringt Unheil.


Es gibt Menschen, die dauernd in hastiger Bewegung sind, ohne innerlich zur Ruhe zu kommen. Die Rastlosigkeit hindert nicht nur alle Gründlichkeit, sondern wird direkt zur Gefahr, wenn sie an maßgebender Stelle herrscht.


Die einzelnen Linien
Quelle:
I Ging. Köln 141987, S. 129-130.
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