A. Die Grundlagen

[27] Was der Himmel (dem Menschen) bestimmt hat, ist sein Wesen. Was dieses Wesen (zum Rechten) leitet, ist der Weg. Was den Weg ausbildet, ist die Erziehung1.

Der Weg darf nicht einen Augenblick verlassen werden. Dürfte er verlassen werden, so wäre es nicht der Weg.

Darum ist der Edle vorsichtig gegenüber dem, das er nicht sieht, und besorgt gegenüber dem, das er nicht hört.

Es gibt nichts Offenbareres als das Geheime, es gibt nichts Deutlicheres als das Allerverborgenste; darum ist der Edle vorsichtig in dem, was er allein für sich ist.

Der Zustand, da Hoffnung und Zorn, Trauer und Freude sich noch nicht regen, heißt die Mitte2. Der Zustand, da sie sich äußern, aber in allem den rechten Rhythmus treffen, heißt Harmonie. Die Mitte ist die große Wurzel aller Wesen auf Erden, die Harmonie ist der zum Ziel führende Weg auf Erden.

Bewirke Harmonie der Mitte, und Himmel und Erde kommen an ihren rechten Platz, und alle Dinge gedeihen.

1

Man sieht hier den prinzipiellen Gegensatz des Konfuzianismus und Taoismus. Für den Taoismus ist das Tao (Weg, Sinn, kosmisches Gesetz) das Primäre, aus dem in seiner polaren Trennung erst Himmel und Erde hervorgehen. Für den Konfuzianismus ist Gott (der Himmel) das Primäre. Der »Weg« ist das Mittel zur Ordnung in Natur und Menschenleben.

2

d.h. das Zentrum des Wesens, das Unbewußte. Das Bewußtsein wird wach an den sich regenden Gefühlen, die es in Bewegung bringen; aber solange die Gefühle harmonisch sind, ist die Bewegung des Bewußtseins eine rhythmische, so daß das Zentrum nicht gestört wird.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 27.
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