3. Das Wasser als Bild des Edlen

[180] Dsï Gung sprach: »Wenn Ihr einen großen Strom seht, Meister, so betrachtet Ihr ihn stets. Warum?«

Meister Kung sprach: »Das Wasser gleicht dem Edlen in seinen Eigenschaften. Es spendet allenthalben ohne Selbstsucht: Darin gleicht es der Geisteskraft. Wohin es kommt, bringt es Leben; wohin es nicht kommt, ist der Tod: Darin gleicht es der Gütigkeit. Seine Strömung geht in der Niedrigkeit, es richtet sich nach allen Linienzügen des Geländes: Darin gleicht es der Gerechtigkeit. Wenn es einem hundert Klafter tiefen Abgrund naht, so zögert es nicht: Darin gleicht es dem Mut. Es fließt so glatt dahin, und doch hat es unermeßliche Tiefen: Darin gleicht es der Weisheit. Es duldet Übles, ohne zu schelten: Darin gleicht es der Verträglichkeit. Wenn es verunreinigt wird, reinigt es sich immer wieder: Darin gleicht es der Erneuerungsfähigkeit. Es füllt jeden Raum eben an: Darin gleicht es der Rechtschaffenheit. Wenn es voll ist, bedarf es nicht des Abstreichern: Darin gleicht es der Mäßigkeit. Trotz tausend Windungen hält es die Grundrichtung von West nach Ost inne: Darin gleicht es der Entschlossenheit. Darum: Wenn ich einen großen Strom sehe, betrachte ich ihn stets.«

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 180.
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