6. Unabhängigkeit

[195] Wenn man den Schriftgelehrten bestechen will mit Gütern und Reichtümern, wenn man ihn ertränken will in Lust und Freude, so wird er angesichts des Gewinns nie seine Pflicht verletzen; wenn man ihn einschüchtern will durch Massen und ihn hindern will durch Waffen, so wird er auch angesichts des Todes seine Grundsätze nicht ändern. Er ist wie ein Adler oder sonst ein Raubtier, die ihre Krallen in die Beute schlagen, unbekümmert darum, wie weit ihr Mut reicht, oder wie einer, der einen schweren Opferkessel schleppt, unbekümmert darum, wie weit seine Kraft reicht. Was vergangen ist, bereut er nicht; was kommen wird, das bedenkt er nicht. Hat er im Reden einen Fehler gemacht, so wiederholt er ihn nicht. Umlaufenden Geschwätzen forscht er nicht nach. Er bleibt dauernd in seiner ehrfurchtgebietenden Haltung; er gibt seine Ratschläge nicht gewohnheitsmäßig. So ist sein besonderer Standpunkt.

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Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 195-196.
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