X, 68. [894.] An Brihaspati.

[353] Der Angiras-entsprossene in Vers 2 ist Brihaspati, sein Busenfreund der Sänger. In V. 4 zersprengt Brihaspati die Rinde der Erde, wie[353] flutende Gewässer die Erde durchbrechen; der Schooss des heiligen Werkes ist (nach Sāyaṇa) die Wolke, in welcher Brihaspati seine Werke vollbringt.


1. Wie Vögel, die im Wasser plätschernd kreischen,

wenn sie sich bergen, wie Gewitterrauschen,

Wie Wogen, die durch Felsen tobend brechen,

so schallen dem Brihaspati Gesänge.

2. Sich nahend schenkt der Angiras-entsprossne

wie Bhaga Kühe seinem Busenfreunde,

Wie Mitra schmückt er Mann und Frau im Volke,

wie Renner stärk', Brihaspati, im Kampf uns.

3. Die vorwärts streben wandernd, munter eilend,

die viel begehrten schön an Form und Farbe,

Die Kühe lösend von den Felsen, drosch sie

Brihaspati hervor wie Korn aus Aehren.

4. Des heil'gen Werkes Schooss mit Meth benetzend,

und wie der Blitz des Himmels Fackel schleudernd,

Die Kühe holend aus dem Fels, zersprengte

der Erde Haut Brihaspati wie Fluten.

5. Durch Licht vertrieb das Dunkel aus der Luft er,

so wie der Sturm die Binsen aus dem Wasser;

Brihaspati, des Vala Kühe fassend,

trieb sie herbei wie Wind die Wetterwolke.

6. Als er des bösen Vala Burg zersprengte,

Brihaspati durch heissentflammte Gluten,

Und das umfasste wie mit Zähnen kaute,

da that er auf der Kühe reiche Ställe.

7. Brihaspati nahm wahr der Kühe Wesen,

der brüllenden, das in dem Sitz verborgne,

Da knickte er des Geiers Brut wie Eier,

und führte aus dem Fels heraus die Kühe.

8. Er sah das Süss von dem Gestein umschlossen,

gleich wie ein Fisch im seichten Wasser schmachtet;

Er schuf's heraus wie aus dem Holz den Becher,

Brihaspati, den Fels mit Krachen spaltend.

9. Er fand den Morgen, Himmelsglanz und Feuer,

er jagte fort durch Licht die Finsternisse,

Des Vala schöne Kühe zog hervor dann

Brihaspati wie Mark aus Pflanzenstengeln.

10. Wie Bäume, die durch Frost des Laubs beraubt sind,

betrauert' Vala die geraubten Kühe;

Brihaspati, was unnachahmlich, that er,

dass Sonn' und Mond in stetem Wechsel aufgehn.

11. Den Himmel schmückten mit Gestirn die Väter,

gleich wie das schwarze Ross mit Edelsteinen;[354]

Zum Tag das Licht, zur Nacht das Dunkel fügend;

Brihaspati brach Felsen, fand die Kühe.

12. Wir haben dies Gebet dem Wolkensohne

gemacht, der vielen Kühen brüllend zujauchzt,

Brihaspati verleihe uns durch Rinder,

durch Rosse, Männer, Helden, Jugendstärke.

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1877, [Nachdruck 1990], Teil 2, S. 353-355.
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