Klage der verstoßenen Königin.1

[378] Weiß umblühte Binsenreiser

Schnüren weiße Halme ein.

Ach, von Ihm hinweggesendet,

Bin ich einsam und allein.


Die beglänzte weiße Wolke

Thauet Halm' und Binsen an.

Hart und schwer des Himmels Wege.

Ach, daß Er sich nicht besann!


Nordwärts fließen Rieselgräben,

Wässern Reißgefilde an.

Seufzend sing ich, Weh im Busen,

Denk' an den erhabnen Mann.


Maulbeerholz, geholt zum Brande,

Zünd' ich an im Öfelein.

Dieser Mann, so hoch von Stande,

Ja, er giebt mein Herz der Pein.


Pauk' und Glocke vom Palaste

Hör' ich schallen bis hierher.

Sein gedenk' ich unter Schmerzen,

Und er achtet mein nicht mehr.
[379]

Ist der Reiher an dem Deiche,

Ist der Kranich in dem Hain.

Dieser Mann, so hoch von Stande,

Ja, er giebt mein Herz der Pein.


Haubenenten sind am Deiche,

Falten links die Flügel ein.

Ohne Güte läßt er gleiche

Tugend dieß wie jenes sein.2


Jener Stein ist zu verächtlich,

Ihn betreten bringt nur Schmach.

Doch daß Er mich weggesendet,3

Läßt mir bittre Schmerzen nach.

1

Es ist dieß die Gemahlin des König Jēu, die er um der Pāo-ssè willen verstoßen.

2

Wegen der Haubenenten S. II. 7, 2. Anm. Die beiden letzten Verse dieser Strophe, in denen auch das Enjambement verziehen werden möge, heißen wörtlich: »Dieser Mann ha keine Güte; zweifach, dreifach ist seine Tugend«. Vgl. I. 5, 4 V. 4.

3

Bezieht sich auf die Pāo-ssè.

Quelle:
Schī-kīng. Heidelberg 1880, S. 378-380.
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