IX. Pranou (Praṇava-Upanishad).

[857] Eine Praṇava-Upanishad (so ist ohne Zweifel der Titel zu deuten) befindet sich handschriftlich im Fort St. George (Taylor, Catalogue II, 472), in Tanjore (Burnell 33b), in Jammu (Stein's Katalog p. 31) und in Madras (Katalog der Gov. Or. Ms. library, p. 52); die dritte kann unsere Upanishad nicht sein, es wäre denn teilweise, da sie nur aus vierzehn Zeilen besteht; ob die andern, bleibt abzuwarten. Inzwischen versuchen wir, aus der diffusen und wohl auch hier stark interpolierten persisch-lateinischen Übersetzung den mutmasslichen Text des Originalwerkes herauszuschälen, bemerken aber, dass dieser Versuch ein durchaus hypothetischer ist, namentlich in Anbetracht des abstrusen Inhaltes des Werkes. Dasselbe zerfällt in drei Brâhmaṇa's: das erste betrachtet den Praṇava, d.h. die Silbe Om, nach ihren Schriftzeichen und Lauten und ihre Unentbehrlichkeit beim Beginn jedes Vedastudiums und Opfers; – das zweite Brâhmaṇam begründet diese Unentbehrlichkeit durch einen Mythus; – das dritte lässt den Prajâpati sechsunddreissig, den Om-Laut betreffende, Fragen beantworten. Auch hier scheint (vgl. zu Praçna 4, oben S. 566) die mehr zusammenhängende Darstellung der Antworten das Ursprüngliche, die Voranstellung der sechsunddreissig Fragen eine spätere Rubrizierung des Inhaltes zu sein. Wir haben tunlichst versucht, Fragen und Antworten durch gleiche Numerierung in Beziehung zu setzen; aber schon Anquetil (II, 748) wusste sich hier nicht mehr recht zu helfen; auch sind von ihm oder wohl schon von seinen persischen Vorgängern mehrere Stellen teils missverstanden, teils gar nicht verstanden worden. Wir können kaum hoffen, dass wir bei unserm Versuche, überall Klarheit zu schaffen, immer das Rechte getroffen haben. Im wesentlichen aber wird das Bild, welches unsere Übersetzung von der Upanishad gibt, ein richtiges sein.

[Nachdem Bloomfield, wie in der Vorrede bemerkt wurde, den Sanskrittext der Praṇava-Upanishad im Gopatha-Brâhmaṇam I, 1,16-30 aufgefunden hat, lassen wir in der gegenwärtigen zweiten Auflage eine Übersetzung aus dem stellenweise schwierigen und mehrfach korrupten Sanskritoriginal fortlaufend unserer ursprünglichen Übersetzung aus Anquetil Duperron zur Seite gehen, da ein Vergleich beider Versionen nicht ohne Interesse ist.][858]

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 857-859.
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