2.

[614] Dann spricht er [zu dem Wasser]: »Du bist die Decke! Zur Unsterblichkeit decke ich dich darüber!« und spült damit den Mund aus, nimmt nochmals davon und spült nochmals aus. Dann nimmt er Wasser mit der linken Hand (lies: savye pâṇau apo gṛihîtvâ), fasst damit an das Herz und murmelt:


Das Hauchfeuer, von fünf Winden

Umringt, der höchste Âtman ist,

Der allen Wesen gibt Frieden!

Nicht werde ich geboren mehr!


Alles bist du, allmenschlich, allgestaltig,

Du trägst das Weltall, das aus dir geboren,


in dich mögen eingehen (lies: viçantu) alle Opferspenden, da wo du Brahmán, unsterblich in allen, bist.


Gross ist und Labung jener Geist,

Der auf des Daumens Spitze weilt;[614]

Ihn will mit Wasser ich netzen,

Er bring an Fingerendstätte Unsterblichkeit.1


Diesen Âtman möge man meditieren und denken: »Ihm bringe ich ein Feueropfer«. Denn er ist ein Sohn (Pflegling) aller.

So bringt er, um das Opfer in Umlauf zu setzen, die Spenden2 in dem eignen Leib dar, indem er denkt: dadurch setze ich das Opfer in Umlauf.

Vier Feuer [und das Allsühnefeuer als fünftes, waren oben, am Ende des ersten Teiles, erwähnt worden]; welches sind deren Namen?

Die Sonne als Feuer, in Gestalt der Sonnenscheibe, von tausend Strahlen umgeben, befindet sich als Ekarshi im Haupte, weil es von ihm gesagt wird (etwa Maitr. 6,8).

Das Sehensfeuer (vgl. Garbha 3, oben S. 610; oder etwa: daçanâgnir das Zähnefeuer?) befindet sich als das viereckige Âhavanîyafeuer im Munde.

Das Leibesfeuer, die Verdauung befördernd, bewältigt die Opferspeise3 und befindet sich als das halbmondförmige Dakshiṇafeuer im Herzen.

Dann kommt das Eingeweidefeuer. Dieses sogenannte Eingeweidefeuer, welches das Gegessene, Getrunkene, Geleckte und Gekaute vollständig garkocht (lies: çrapayitvâ) befindet sich als das [runde] Gârhapatyafeuer im Nabel.

Das Allsühnefeuer endlich ist unterhalb desselben, [hat die drei Hauptadern Iḍâ, Pi galâ, Sushumnâ] als drei Frauen und bewirkt mittels des [durch sie zugeführten] Mondglanzes die Zeugung.4

Fußnoten

1 so' sya ante amṛitâya yonau; schon die überzählige Silbe zeigt an, dass die Stelle verderbt ist.


2 Lies: atha yajñaparivṛittaye âhutîr homayati.


3 Es wird mit dem Telugudrucke havir avaskandati zu lesen sein. Die Lesart der übrigen Texte ist wohl unmöglich.


4 »Dieses Feuer ist dasjenige, welches mittels des (von der an der Stirn befindlichen Mondscheibe durch die Adern als Same herabfliessenden) Mondlichtes die Zeugung bewirkt. Nämlich die Wurzel des Zeugungsgliedes befindet sich mitten in dem Feuertopfe; durch dasselbe wird der in den Feuertopf fallende Same, nachdem er durch den Prâṇa in die Höhe bezogen, mittels der Spitze des Gliedes in den Uterus geleitet und so zur Nachkommenschaft. Darum heisst es, dass der Leib aus Agni und Soma (Feuer und Mond) besteht« (Nârâyaṇa).

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 614-615.
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