Einleitung.

[21] Die Kaushîtaki-Upanishad (auch Kaushîtaki-brâhmaṇa-upanishad genannt) gehört dem Brâhmaṇabestande der Schule der Kaushîtakin's oder, wie sie auch heissen, der Çâ khâyana's an, welche ein Brâhmaṇam und im Anschlusse daran ein die Upanishad einschliessendes Âraṇyakam besitzen, ersteres aus 30, letzteres aus 15 Adhyâya's bestehend, deren Hauptinhalt folgender ist.


Kaushîtaki-brâhmaṇam.

1. Agni-âdhânam, die Anlegung des heiligen Feuers.

2. Agnihotram, das tägliche Morgen- und Abendopfer.

3. Darçapûrṇamâsau, das Opfer beim Neu- und Vollmonde.

4. A ga's, Nebenhandlungen beim Neu- und Vollmondsopfer.

5. Câturmâsyâni, Viermonatsopfer.

6. Allgemeines.

7-13. Vorbereitende Handlungen des Soma-Opfers.

14-16. Agnishṭoma als Grundform des Soma-Opfers.

17-27. Andre Formen des Soma-Opfers.

28-30. Funktionen der Hotraka's, Gehilfen des Hotar.


Kaushîtaki-âraṇyakam1.

1-2. Entsprechen dem Ait. Âr. 1 und 5.

3-6. Die Kaushîtaki-Upanishad.

7-8. Entsprechen dem Ait. Âr. 3.

9. Über den Rangstreit der Sinnesorgane.

[21] 10. atha ato adhyâtmikam ântaram agnihotram.

11. Prajâpatir vâ imam purusham udañcat (wie Cowell liest).

12. hastivarcasam prathatâm bṛihad vayo ...

13. atha ato vairâgya-samskṛite çarîre ...

14. ṛicâm mûrdhânam, yajushâm uttama-a gam ...

15. atha vaṅçaḥ, folgende Lehrerliste enthaltend:

Brahmâ Svayambhûḥ

Prajâpatiḥ

Indraḥ

Viçvâmitraḥ

Devarâtaḥ

Sâkamaçvaḥ

Vyaçvaḥ

Viçvamanâḥ

Uddâlakaḥ

Bṛihaddivaḥ Sumnayuḥ

Prativeçyaḥ

Somaḥ Prâtiveçyaḥ

Somapaḥ

Priyavrataḥ Saumâpiḥ

Uddâlaka' Âruṇiḥ

Kaholaḥ Kaushîtakiḥ

Guṇâkhyaḥ Çâ khâyanaḥ,

dessen Schüler der (ungenannte) Verfasser war.

Die Stellung der Upanishad im Âraṇyakam ist nach den verschiedenen Manuskripten verschieden. Einige zählen sie als Adhy. 1, 2, 3, 4 des Âraṇyakam, andre als Adhy. 6, 7, 8, 9, noch andre angeblich als Adhy. 1, 7, 8, 9. Diese Erscheinung ist vielleicht so zu erklären, dass dem fertigen Âraṇyakam die fertige Upanishad hinterher und nicht immer an derselben Stelle eingereiht wurde. Im übrigen können wir über diese Differenzen wie auch über die der verschiedenen Rezensionen, als im allgemeinen für uns unerheblich, hinweggehen.

Über den Zusammenhang der vier Teile unsrer Upanishad äussert sich der Kommentator Ça karânanda in der Einleitung wie folgt:

»Die mit den Worten Citro ha vai Gâ gyâyanir anfangende und mit ya evam veda endigende, aus vier Adhyâya's bestehende Kaushîtaki-brâhmaṇa-Upanishad enthält:

im ersten Adhyâya die Parya ka-vidyâ [Ruhebettlehre, weil darin die ins Jenseits gelangende Seele vor das Ruhebett des Brahmán tritt, um von ihm geprüft zu werden] zugleich mit den Endpunkten des südlichen Weges [des Pitṛiyâna, der zur Erde zurückführt] und des nördlichen [des zu Brahman führenden Devayâna];

im zweiten Adhyâya die Prâṇa-vidyâ [Lehre vom Prâṇa, Leben, als Symbol des Âtman], und für den, der sie kennt, gewisse, auf andre und das eigene Ich bezügliche und zur Erreichung bestimmter Früchte dienliche Werke;

[22] im dritten und vierten Adhyâya die Âtma-vidyâ [Lehre vom Âtman].

Wenn auch der Abschnitt Pratardano ha usw. [d.h. die esoterische Lehre in Adhyâya 3-4] in erster Linie zu studieren ist, so könnte es doch geschehen, dass selbst ein reines Gemüt vor dem attributlosen Brahman, so wenig dasselbe zu fürchten ist, zu Anfang und solange man die Wesenheit des Brahman noch nicht kennt, Furcht empfände, ähnlich wie ein tugendhafter Jüngling, dessen Vater vor seiner Geburt in die Ferne gezogen ist, wenn er seinen Vater zum erstenmal sieht. Darum, um diese Furcht zu beseitigen, schildert die Schrift vorher [in Adhyâya 1] das als Ziel des nördlichen Weges gleichwie ein irdischer König in der Brahmanwelt thronende attributhafte Brahman. Hierbei heisst es: ›Dann kommt er zu dem Ruhebette Amitaujas, das ist der Prâṇa‹. So wird der Prâṇa als ein Ruhebett im ersten Adhyâya geschildert. In betreff dieses Prâṇa entsteht dann bei dem Zuhörer die Frage, ob derselbe der blosse Odem ist, oder ob er nicht vielmehr sich mannigfacher Machtvollkommenheiten erfreut. Um diese Frage zu lösen, wird im zweiten Adhyâya die verehrende Betrachtung des Prâṇa unternommen. Und so bahnt sich in trefflicher Weise die Schrift den Weg, um weiterhin [in Adhyâya 3-4] die Brahmavidyâ zu lehren. Wenn aber auch die attributhafte Brahmanlehre selbst von so grossen Männern wie Gautama und Çvetaketu in aller Demut aus dem Munde des Lehrers angenommen wurde, so müssen auch heute noch die dazu Berufenen in aller Demut die attri buthafte wie die attributlose Brahmanlehre annehmen, – dies zu lehren dient die Erzählung.«

– Die hier vom Kommentator hervorgehobene Absicht, den Leser von dem Exoterischen zum Esoterischen, vom persönlichen Brahmán zum Prâṇa und von diesem zum Âtman stufenweise emporzuführen, scheint in der Tat, wenn auch nicht bei der ursprünglichen Abfassung, so doch bei der Anordnung der Adhyâya's 1, 2, 3-4 der Kaushîtaki-Upanishad zugrunde gelegen zu haben.

Fußnoten

1 Nach Webers Mitteilungen darüber, Ind. Literaturgeschichte, 2. Aufl., p. 54, und Berliner Handschriftenverzeichnisse II, 1, p. 5, wo indes von Adhyâya 7-14 nur die Anfangsworte, nicht der Inhalt, angegeben werden.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 21-23.
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