Sechzehnter Khaṇḍa.

[169] 1. »Einen Menschen, o Teurer, führen sie heran mit geknebelten Händen und rufen: ›Er hat geraubt, hat einen Diebstahl begangen! macht das Beil für ihn glühend!‹ – Wenn er der Täter ist, so machet er sich selbst unwahr; Unwahres aussagend hüllt er sich selbst in Unwahrheit, fasst das glühende Beil an, verbrennt sich und wird hingerichtet:[169]

2. aber wenn er nicht der Täter ist, so machet er sich selbst wahr; Wahres aussagend hüllt er sich selbst in Wahrheit, fasst das glühende Beil an, verbrennt sich nicht und wird losgelassen [d.h. aus der Unwahrheit folgt Bindung, aus der Wahrheit Erlösung, Brahmasûtra p. 103,9. 447,6].

3. Das wodurch jener sich nicht verbrannte [die Wahrheit], ein Bestehen aus dem ist dieses Weltall, das ist das Reale, das ist die Seele, das bist du, o Çvetaketu!«

Also wurde er von ihm belehrt, – von ihm belehrt.

Fußnoten

1 aitadâtmyam, von Böhtlingk unnötig in etadâtmakam abgeschwächt; etad-âtman adj. »dieses als Wesen habend«, davon das Substantivum abstractum aitadâtmyam »das dieses-als-Wesen-Haben«. Die Welt ist nicht eine Substanz, welche etadâtman als Eigenschaft trüge, sondern sie ist durch und durch nur diese Eigenschaft (sie ist nicht aus ihm bestehend sondern ein blosses Aus-ihm-Bestehen) und im übrigen ein wesenloser Schein. So ist aitadâtmyam das Produkt einer sich selbst überbietenden und (streng logisch genommen) über das Ziel hinausschiessenden Kraft der Abstraktion.


2 Um einen Unterschied des Bildes vom vorhergehenden zu gewinnen, übersetzte ich, nach Ça kara, im »System des Vedânta«, S. 285: »Aus dem Ozean [kommen sie und] in den Ozean gehen sie ein; im Ozean also werden sie geboren«. Aber der Text enthält von dieser Rückkehr des Meerwassers in die Flüsse (durch Wolken und Regen) keine Spur.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 169-170.
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