Siebzehnter Khaṇḍa.

[130] 1. Prajâpati bebrütete die Weltteile; aus ihnen, da sie heiss wurden, zog er ihre Säfte aus, aus der Erde das Feuer, aus dem Luftraum den Wind, aus dem Himmel die Sonne.

2. Diese drei Gottheiten bebrütete er: aus ihnen, da sie heiss wurden, zog er ihre Säfte aus, aus dem Feuer die Ṛigverse, aus dem Winde die Yajussprüche, aus der Sonne die Sâmalieder.

3. Diese dreifache Wissenschaft bebrütete er; aus ihr, da sie heiss wurde, zog er ihre Säfte aus, aus den Ṛigversen den Laut bhûr, aus den Yajussprüchen den Laut bhuvar, aus den Sâmaliedern den Laut svar.

4. Wenn nun in den Ṛigversen etwas missglückt, so soll er [der Brahmán] sprechen: bhûḥ, svâhâ und in dem Gârhapatya-Feuer spenden; wodurch er mit dem Safte der Ṛigverse und mit der Kraft der Ṛigverse an den Ṛigversen des Opfers das Beschädigte wieder zusammenflickt.

5. Wenn hingegen in den Yajussprüchen etwas missglückt, so soll er sprechen: bhuvaḥ svâhâ und in dem Dakshiṇa-Feuer spenden; wodurch er mit dem Safte der Yajussprüche und mit der Kraft der Yajussprüche an den Yajussprüchen des Opfers das Beschädigte wieder zusammenflickt.

6. Oder wenn in den Sâmaliedern etwas missglückt, so soll er sprechen: svaḥ svâhâ und in dem Âhavanîya-Feuer spenden; wodurch er mit dem Safte der Sâmalieder und mit der Kraft der Sâmalieder an den Sâmaliedern des Opfers das Beschädigte wieder zusammenflickt.

7. Darum, gleichwie man mit [Borax-]Salz das Gold zusammenflickt[130] [lötet], mit Gold das Silber, mit Silber das Zinn, mit Zinn das Blei, mit Blei das Eisen, mit Eisen das Holz, oder Holz mit Leder5, 8. so flickt der Brahmán mit der Kraft jener Welträume, jener Gottheiten, jener dreifachen Wissenschaft das Beschädigte des Opfers zusammen. Fürwahr, dasjenige Opfer ist mit Arznei versehen, bei welchem ein solches wissender Brahmán ist.

9. Fürwahr, dasjenige Opfer ist nach Norden geneigt6, bei welchem ein solches wissender Brahmán ist. Auf einen solches wissenden Brahmán geht dieser Dichtervers:


Wohin einer den Schritt wendet,

Dahin gelangt 10. ein Menschenkind7;

Nur der Brahmán beschützt, wachsam

Gleichwie ein Hund, die Opfernden.


Ja wirklich, ein solches wissender Brahmán bewacht schützend das Opfer, den Opferbringer und alle Opferpriester. Darum soll man nur einen solches Wissenden zum Brahmán erwählen, nicht einen, der solches nicht weiss, – nicht einen, der solches nicht weiss!

Fußnoten

1 Sehr ansprechend ist Böhtlingk's Auffassung: ahaha are tvâ, Çûdra, »ich lache über dich, o Çûdra«, und weiter unten die Konjektur: ahaha are imâḥ, Çûdra, »ich lache über jene (Kühe), o Çûdra«.


2 Parallel zu diesem Khaṇḍa ist Talav. Up. Br. 3,1-2.


3 bhagavâns tu eva me kâme brûyât. Kâme für icchâyâm ist allerdings schwerlich haltbar. Aber in Böhtlingk's Vorschlag: bhagavâns tu evam eko me brûyât passt evam nicht. Vielleicht ist kâmam zu lesen.


4 Noch genauer stimmt zu Ait. Br. die Parallelstelle zu unserm Abschnitte Talav. Up. Br. 3,15-17.


5 Vgl. Ait. Br. 5,32,6: »Das sind die Klebemittel der Veden, was diese Ausrufe (bhûr, bhuvaḥ, svaḥ) sind. Darum, wie man etwas mit sich selbst zusammenflickt, wie man ein Glied mit einem Gliede, wie man mit Leim etwas von Leder oder sonst etwas aus dem Leim Gegangenes zusammenleimt, so flickt man mit jenen Ausrufen das an dem Opfer aus dem Leim Gegangene zusammen.«


6 Vgl. Çâ kh. Br. 6,10: »Dessen Opfer, edler als ein südliches, ist nach Norden geneigt, bei welchem ein solches wissender Brahmán ist.«


7 Sprichwörtlich wie unser: »Wie man sich bettet, so liegt man«. Im folgenden ist açvâ »gleichwie ein Hund« eine glänzende Bemerkung des Pet. W., welche von den folgenden Übersetzern teils übersehen (sie steht etwas verborgen), teils wieder vergessen worden zu sein scheint. Das schweigende Aufpassen des Brahmán wird ebenso passend mit dem Bewachen des Hundes, wie unpassend mit der Rettung im Kampfgetümmel durch eine Stute (açvâ) verglichen.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 130-131.
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