Elftes Brâhmaṇam.

[494] Wie Chând. 8,5 an die Stelle des Opferns, Meditierens, Fastens, Einsiedlerlebens das Brahmacaryam gesetzt wird (oben S. 188. 192), – oder wie Schopenhauer die Gerechtigkeit für das härene Hemd und die Liebe, welche weggibt, was sie selbst bedarf, für das fortwährende Fasten erklärt, – ebenso lehrt unsre Stelle, dass das höchste Tapas nicht in künstlicher Askese, sondern in den Leiden des Lebens und Sterbens bestehe: höher als Selbstpeinigungen sind die Krankheiten des Lebens anzuschlagen, höher als Waldeinsiedlertum das Hinausgetragenwerden des Toten »in die Einöde« (araṇyam), höher als das Sitzen zwischen fünf Feuern das Aufgelegtwerden aufs Feuer als Leichnam. – Die Leiden des Lebens und Sterbens sind die wahre Askese, das ist der Gedanke, durch welchen sich unser Stück als einen Vorläufer buddhistischer Anschauungen darstellt.


Das, fürwahr, ist die höchste Kasteiung, dass man von Krankheit gequält wird; die höchste Welt erwirbt, wer solches weiss. – Das, fürwahr, ist die höchste Kasteiung, dass sie[494] einen, der dahingeschieden ist, in die Einöde [zur Verbrennung] schleppen; die höchste Welt erwirbt, wer solches weiss. – Das, fürwahr, ist die höchste Kasteiung, dass sie einen, der dahingeschieden ist, aufs Feuer [des Scheiterhaufens] legen; die höchste Welt erwirbt, wer solches weiss.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 494-495.
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