[651] 19. anushṭheyaṃ Bādarāyaṇaḥ, sāmya-ēruteḥ
zu betreiben Bādarāyana, weil die Schrift in gleicher Weise.

Hingegen meint der Lehrer Bādarāyaṇa, dass auch das andere Lebensstadium [des Vānaprastha und Parivrājaka] zu betreiben sei, und er verwirft die Meinung, als ob dieses andere Lebensstadium deswegen, weil das Feueropfer u.s.w., die im Veda vorkommen und unweigerlich zu betreiben sind, mit ihm in Widerspruch stehen, nur für solche, die von der Verpflichtung entbunden seien, Geltung habe; vielmehr nimmt er an, dass gerade so gut wie das Hausvatertum | auch jenes andere Lebensstadium, selbst wenn man es nicht gern thut, unternommen werden muss. Warum? »weil die Schrift in gleicher Weise«; d.h. es giebt eine Schriftstelle, welche in gleicher Weise wie das Hausvatertum auch das andere Lebensstadium erwähnt, nämlich eben die Stelle: »es giebt drei Abteilungen der Pflicht« u.s.w. (Chānd. 2, 23, 1.) Ebenso wie hier der Hausvaterstand, nachdem er in einer andern Schriftstelle vorgeschrieben war, nur wieder erwähnt wird, ebenso auch hat man es von dem andern Lebensstadium anzunehmen. Es ist damit, wie wenn das in andern Schriftstellen behandelte Tragen der Opferschnur um den Hals oder über die rechte Schulter an der Stelle, welche sich mit der Vorschrift des Tragens derselben über der linken Schulter beschäftigt, nur wieder erwähnt wird. Somit steht die Betreibung des andern Lebensstadiums mit der des Hausvatertums auf gleicher Linie. Dafür spricht, dass an der Stelle: »zu ihm auch pilgern hin die Pilger, als die nach der Heimat sich sehnen« (Bṛih. 4, 4, 22) dieses [Lebensstadium des Parivrājaka] mit dem [vorher Bṛih. 4, 4, 22 erwähnten] Studium des Veda und ähnlichem zusammengefasst wird, sowie jenes [Lebensstadium des Vānaprastha] mit der Fünf-Feuer-Lehre zusammengefasst wird an der Stelle: »jene aber, welche dort im Walde den Glauben und die Busse betreiben« (Chānd. 5, 10, 1.) Wenn weiter behauptet wurde, dass an der Stelle: »die Busse ist das zweite« u.s.w. (Chānd. 2, 23, 2) die Erwähnung eines weiteren Lebensstadiums [ausser dem des Gṛihastha] eine zweifelhafte[651] sei, | so trifft das nicht zu, weil ein Grund sich zeigt, der die Sache unzweifelhaft macht. Nämlich in den Worten: »es giebt drei Abteilungen der Pflicht« (Chānd. 2, 23, 1) wird eine Dreiheit von Abteilungen angenommen. Nun können die mancherlei Pflichten wie Opfer u.s.w., welche ihrem Ursprunge nach verschieden sind, nur dadurch in die Dreiheit eingereiht werden, dass sie in einem einzigen Lebensstadium einbegriffen werden. Hieraus folgt, dass das durch Opfer gekennzeichnete Lebensstadium im Hause nur die eine der drei Abteilungen der Pflicht ausmacht. Ein zweites Lebensstadium wird mit voller Deutlichkeit durch das Wort »Brahmanenschüler« bezeichnet. Und wenn weiter die »Busse« genannt wird, so lässt sich darunter gar nichts anderes verstehen, als dass als eine besondere Abteilung der Pflicht dasjenige Lebensstadium [nämlich das des Vānaprastha] zu betrachten ist, dessen Hauptbeschäftigung die Busse bildet; wie ja auch in den Worten: »jene dort aber, welche im Walde [den Glauben und die Busse betreiben]« (Chānd. 5, 10, 1) unter Glauben und Busse, wie das Wort »Wald« beweist, das betreffende Lebensstadium [des Vānaprastha] zu verstehen ist. Somit folgt, dass auch das andere Lebensstadium [des Vānaprastha und des Parivrājaka], wiewohl es [an den in Frage stehenden Stellen nicht vorgeschrieben, sondern] nur erwähnt wird, doch pflichtmässig zu betreiben ist.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 651-652.
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