[151] 15. gati-çabdâbhyâṃ, tathâ hi dṛishṭaṃ, li gañ ca
wegen des Gehens und des Wortes; denn dass dem so, ist ersichtlich, und dies ein Anzeichen.

Es war gesagt worden, dass der kleine Raum wegen der im Folgenden liegenden Gründe der höchste Gott sein müsse. Diese Gründe sollen jetzt im Einzelnen dargelegt werden. Und zwar muss der kleine Raum darum der höchste Gott sein, weil im Verlaufe der Stelle »das Gehen und das Wort« vorkommen, welche auf den höchsten Gott hinweisen. | Denn erstens heisst es: »ebenso finden alle Kreaturen diese Brahmanwelt nicht, obwohl sie tagtäglich [im tiefen Schlafe] in sie eingehen« (Chând. 8, 3, 2.) Wenn hier von dem in Rede stehenden und als die Brahmanwelt bezeichneten kleinen Raume gelehrt wird, dass die unter den Kreaturen zu verstehenden individuellen Seelen in denselben eingehen, so beweist dies, dass der kleine Raum das Brahman ist. Denn »dass dem so ist«, dass die individuellen Seelen tagtäglich im Zustande des Tiefschlafes in das Brahman eingehen, »ist ersichtlich« aus einer andern Schriftstelle (Chând. 6, 8, 1), wo es heisst: »alsdann ist er, o Teurer, eingegangen in das Seiende.« Auch sagt man ja im Gebrauche des gewöhnlichen Lebens von einem tief Schlafenden »er ist Brahman geworden« oder »er ist zu dem Brahmansein eingegangen«. Zweitens aber beweist auch »das Wort«, nämlich das Wort »Brahmanwelt« in seiner Anwendung auf den in Rede stehenden kleinen Raum, indem es den Gedanken an die individuelle Seele und das Ätherelement ausschliesst, dass derselbe das Brahman bedeutet. – ›Aber kann das Wort »Brahmanwelt« nicht auch die Welt des Kamalâsana [des persönlich gedachten Brahmán] bedeuten?‹ – Allerdings, wenn das Compositum als ein Compositum im Genitivverhältnis aufgefasst und aufgelöst wird als »die Welt des Brahman«. Löst man es aber so auf, dass die beiden Glieder coordiniert sind, so dass die Brahmanwelt »Brahman als Welt« bedeutet, so kann es nur auf das höchste Brahman sich beziehen. Und eben jenes [aus Chând. 6, 8, 1] »ersichtliche« tagtägliche Eingehen in die Brahmanwelt | ist »ein Anzeichen« dafür, dass man [auch an unserer Stelle, Chând. 8, 3, 2] den Ausdruck »Brahmanwelt« im Sinne der Coordination [der beiden in ihm enthaltenen Begriffe] zu fassen hat. Denn dass die Kreaturen tagtäglich in die, Satyaloka genannte, Himmelswelt des erschaffenen [niedern] Brahman eingingen, daran ist doch nicht zu denken.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 151.
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