[73] 25. chando 'bhidhânân na, iti cen? na! tathâ ceto– 'rpaṇa-nigadât, tathâ hi darçanam
wegen der Erwähnung des Metrums nicht, meint ihr? O nein! weil dadurch die Fixierung der Gedanken ausgedrückt, indem dies erweisbar.

[73] Noch wurde behauptet, dass auch in dem Vorhergehenden nicht von Brahman die Rede sei, indem in den Worten: »fürwahr die Gâyatrî ist alles dieses Gewordene, was immer vorhanden ist«, (Chând. 3, 12, 1) nur das Gâyatrî genannte Metrum erwähnt werde; dieses bleibt noch zu widerlegen.

Aber wie kann man nur bestreiten, dass in der Erwähnung des Metrums das Brahman gemeint sei, da doch in dem Verse: »So gross die Majestät ist der Natur« u.s.w., das Brahman [entsprechend dem Gâyatrî-Metrum, welches aus dreimal vier iambischen Füssen U– U– U– U– besteht] als vierfüssig hingestellt worden war? – ›Dem ist nicht so‹, könnte man sagen, ›vielmehr ist in den Worten »fürwahr die Gâyatrî ist alles dieses« von der [wirklichen] Gâyatrî die Rede, und nachdem eben diese ihrer Beschaffenheit nach durch die [sechs] Bestandteile [des Naturganzen, nämlich:] Wesen, Erde, Leib, Herz, Rede und Odem [richtiger: Erde und Wesen, Leib und Prâṇa's (Sinnesorgane), Herz und Prâṇa's (die fünf Lebenshauche)] erläutert worden, so heisst es weiter (Chând. 3, 12, 5-6): »dieses ist die vierfüssige, sechsfache Gâyatrî; eben dieses wird dargelegt durch den Vers: ›so gross die Majestät ist der Natur‹;« hier wird der Vers mit Beziehung auf die eben ihrer Beschaffenheit nach erklärte Gâyatrî angeführt; wie kann man denselben also ohne Veranlassung auf das vierfüssige Brahman beziehen? Und wenn das Wort »Brahman« dabei vorkommt, indem es [im Anschluss an den citierten Vers] heisst: »Fürwahr was dieses Brahman ist« (Chând. 3, 12, 7), so ist auch dieses, weil von dem Metrum die Rede ist, nur [etwa indem brahman »Gebet« bedeutet] auf das Metrum zu beziehen. Denn auch an der [kurz vorhergehenden] Stelle: »wer also diese Brahman-Upanishad weiss« (Chând. 3, 11, 3), bedeutet dies soviel wie »Veda-Upanishad«. Somit ist »wegen Erwähnung des Metrums« anzunehmen, dass hier nicht von Brahman die Rede ist.‹ – Auf diese Einwendung entgegnen wir, dass dieselbe ohne Grund ist, »weil dadurch die Fixierung der Gedanken ausgedrückt« wird; d.h.: dadurch, nämlich durch das Gâyatrî genannte Metrum, wird eine Fixierung der Gedanken, ein Concentrieren des Denkens, auf das in jenem Metrum angeschaute Brahman von unserm Texte ausgedrückt, | indem er sagt: »fürwahr die Gâyatrî ist diese ganze[74] Welt« (Chând. 3, 12, 1.) Denn von der Gâyatrî als einer blossen Anordnung von Silben kann nicht behauptet werden, dass sie das Selbst (die Seele) von allem sei. Es ist somit das Brahman als Weltursache, welches hier, aufgefasst als die aus ihm entstandene Gâyatrî, bezeichnet wird als dasjenige, welches »diese ganze Welt« sei; ebenso wie es [im Folgenden, Chând. 3, 14, 1] heisst: »fürwahr das Brahman ist diese ganze Welt.« Dass aber alles Entstandene der Weltursache immanent ist, werden wir zeigen bei den Worten: »Identität mit ihm, wegen des Schriftworts von dem, Sich-anklammern und anderen« (Sûtram 2, 1, 14.) »Indem dies« [wie die Schlussworte unseres Sûtram lauten] auch anderweit »erweisbar« ist, dass Brahman in Gestalt einer seiner Umwandlungen verehrt wird, denn es heisst z.B.: »er ist es, den die Bahvṛica's [Priester des Ṛigveda] als das grosse Preislied, er, den die Adhvaryum's [Priester des Yajurveda] als das Opferfeuer, den die Chandoga's [Priester des Sâmaveda] als das grosse Gelübde überdenken« (Ait. âr. 3, 2, 3, 12.) Somit ist auch unter der Erwähnung des Metrums im Vorhergehenden das Brahman zu verstehen; und ebenso wird dieses an unserer Stelle als »das Licht« bezeichnet, um noch eine weitere Art seiner Verehrung vorzuschreiben.

Ein anderer [Erklärer] behauptet: Brahman wird hier geradezu als die Gâyatrî bezeichnet, wegen der Gleichheit der Zahl. Denn so wie die Gâyatrî aus vier Füssen zu je sechs Silben [in welche hier die dreimal acht Silben der Gâyatrî unberechtigterweise zerlegt werden] besteht, | so ist auch das Brahman vierfüssig. »Indem dies erweisbar« daraus ist, dass auch anderweit Worte, welche ein Metrum bedeuten, wegen der Gleichheit der Zahl von andern Dingen gebraucht werden. So z.B. an der Stelle: »Beide, die einen fünf [die Elemente] und die andern fünf [die Sinnesorgane], welche zehn machen, sind das Kṛitam« [der höchste Wurf beim Würfelspiele, zehn Augen zählend], heisst es weiter: »dieses ist die Virâj [ein zehnsilbiges Metrum], die Speiseesserin« (Chând. 4, 3, 8.) – Nach dieser Auffassung wird das Brahman selbst [als die Gâyatrî] bezeichnet, und liegt eine »Erwähnung des Metrums« überhaupt nicht vor, weil im Vorhergehenden schon von Brahman die Rede war.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 73-75.
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