Vierte Rede

Vor Sāmagāmo

[799] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Sakker, bei Sāmagāmo333.

Um diese Zeit nun war der Freie Bruder Nāthaputto zu Pāvā eben erst gestorben. Nach dessen Tode zerfielen die Freien Brüder, entzweiten sich, Zank und Streit brach aus unter ihnen, sie haderten miteinander und scharfe Wortgefechte fanden statt: ›Nicht du kennst diese Lehre und Ordnung: ich kenne diese Lehre und Ordnung! Was wirst du diese Lehre und Ordnung verstehn? Auf falscher Fährte bist du: ich bin auf rechter Fährte. Mir ist's gelungen: dir mißlungen. Was vorher zu sagen ist hast du nachher gesagt: was nachher zu sagen ist hast du vorher gesagt. Deine Behauptung ist umgestürzt, dein Wort dir entwunden worden: gebändigt bist du, gib deine Rede verloren, oder widersteh' wenn du kannst!‹: so trat einer dem anderen entgegen. Wie ein Mörder schien sich fast jeder von den Freien Brüdern, den Nachfolgern Nāthaputtos, zu gebärden. Die aber da dem Freien Bruder Nāthaputto als Anhänger zugetan waren, im Hause lebend, weiß gekleidet, die schienen vor den Freien Brüdern, den Nachfolgern Nāthaputtos, Unbehagen, Mißfallen, Widerwillen zu empfinden, wie das eintritt bei einer schlechtverkündeten Heilsordnung, bei einer schlechtdargelegten, abstoßenden, Unruhe schaffenden, die kein vollkommen Erwachter kundgetan hat, deren Kuppel geborsten ist, die keine Zuflucht gewährt334.

[799] Da nun begab sich Cundo, ein Asketenlehrling, der die Regenzeit in Pāvā zugebracht hatte, nach Sāmagāmo, dorthin wo der ehrwürdige Ānando weilte. Dort angelangt begrüßte er den ehrwürdigen Ānando höflich und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun Cundo der Asketenlehrling zum ehrwürdigen Ānando also:

»Der Freie Bruder, o Herr, Nāthaputto ist zu Pāvā vor kurzem gestorben. Nach dessen Tode sind die Freien Brüder zerfallen, haben sich entzweit, Zank und Streit ist unter ihnen ausgebrochen, sie hadern miteinander und scharfe Wortgefechte finden statt. Wie ein Mörder scheint sich fast jeder von den Freien Brüdern, den Nachfolgern Nāthaputtos, zu gebärden. Die aber da dem Freien Bruder Nāthaputto als Anhänger zugetan sind, im Hause lebend, weiß gekleidet, die scheinen vor den Freien Brüdern, den Nachfolgern Nāthaputtos, Unbehagen, Mißfallen, Widerwillen zu empfinden, wie das eintritt bei einer schlechtverkündeten Heilsordnung, bei einer schlechtdargelegten, abstoßenden, Unruhe schaffenden, die kein vollkommen Erwachter kundgetan hat, deren Kuppel geborsten ist, die keine Zuflucht gewährt.«

Auf diese Worte wandte sich der ehrwürdige Ānando also an Cundo den Asketenlehrling:

»Es ist, Bruder Cundo, dieser Mitteilung halber geraten, den Erhabenen aufzusuchen. Wir wollen, Bruder Cundo, zum Erhabenen hingehn und davon berichten.«

»Gern, o Herr!« sagte da Cundo der Asketenlehrling, dem ehrwürdigen Ānando zustimmend.

Und der ehrwürdige Ānando begab sich nun mit Cundo dem Asketenlehrling zum Erhabenen hin. Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun der ehrwürdige Ānando also zum Erhabenen:

»Dieser Cundo, der Asketenlehrling, o Herr, hat erzählt: ›Der Freie Bruder, o Herr, Nāthaputto ist zu Pāvā vor kurzem gestorben. Nach dessen Tode sind die Freien Brüder zerfallen, haben sich entzweit, Zank und Streit ist unter ihnen ausgebrochen, sie hadern miteinander und scharfe Wortgefechte finden statt. Wie ein Mörder scheint sich fast jeder von den Freien Brüdern, den Nachfolgern Nāthaputtos, zu gebärden. Die aber da dem Freien Bruder Nāthaputto als Anhänger zugetan sind, im Hause lebend, weiß gekleidet, die scheinen vor den Freien Brüdern, den Nachfolgern Nāthaputtos, Unbehagen, Mißfallen, Widerwillen zu empfinden, wie das eintritt bei einer schlechtverkündeten Heilsordnung, bei einer schlechtdargelegten, abstoßenden, Unruhe schaffenden, die kein vollkommen Erwachter kundgetan hat, deren Kuppel geborsten ist, die keine Zuflucht gewährt.‹ Da ist mir, o Herr, der Gedanke gekommen: ›O daß nicht etwa nach des Erhabenen Hingang unter den Jüngern[800] Hader entstehe: dieser Hader gereichte gar vielen zum Unheil und Unglücke, gar vielen zum Verderben, zum Unheil und Leiden für Götter und Menschen.‹«

»Was bedünkt dich, Ānando: was ich euch unterweisend oftmals gezeigt habe, und zwar die vier Pfeiler der Einsicht, die vier gewaltigen Kämpfe, die vier Machtgebiete, die fünf Fähigkeiten, die fünf Vermögen, die sieben Erweckungen, den heiligen achtfältigen Weg, kennst du da wohl, Ānando, auch nur zwei Mönche, die verschiedener Meinung sind?«

»Was da, o Herr, der Erhabene unterweisend oftmals gezeigt hat, und zwar die vier Pfeiler der Einsicht, die vier gewaltigen Kämpfe, die vier Machtgebiete, die fünf Fähigkeiten, die fünf Vermögen, die sieben Erweckungen, den heiligen achtfältigen Weg, da kenne ich auch nicht zwei Mönche, die verschiedener Meinung sind. Es gibt aber etliche, o Herr, die sich so stellen, als ob sie dem Erhabenen ergeben wären335, und die nach des Erhabenen Hingang unter den Jüngern Hader anstiften möchten, sei es um der Lebensnotdurft, sei es um der Ordensregel willen: dieser Hader gereichte gar vielen zum Unheil und Unglücke, gar vielen zum Verderben, zum Unheil und Leiden für Götter und Menschen.«

»Wenig läge daran, Ānando, am Hader um die Lebensnotdurft oder um die Ordensregel: doch um den Weg, Ānando, oder den Pfad, wenn darum unter den Jüngern Hader entstehen sollte, so gereichte solcher Hader gar vielen zum Unheil und Unglücke, gar vielen zum Verderben, zum Unheil und Leiden für Götter und Menschen.


Sechs gibt es, Ānando, der Wurzeln des Haders: und welche sechs? Da ist, Ānando, ein Mönch zornig und feindselig. Ein Mönch, Ānando, der zornig und feindselig ist, der hat vor dem Meister keine Achtung, keine Ergebung, hat vor der Lehre keine Achtung, keine Ergebung, hat vor den Jüngern keine Achtung, keine Ergebung, und der Regel kommt er nicht vollkommen nach. Ein Mönch, Ānando, der vor dem Meister, vor der Lehre, vor den Jüngern keine Achtung hat, keine Ergebung, und der Regel nicht vollkommen nachkommt, der stiftet unter den Jüngern Hader an. Gereicht dieser Hader gar vielen zum Unheil und Unglücke, gar vielen zum Verderben, zum Unheil und Leiden für Götter und Menschen, und ihr nehmt nun, Ānando, eines solchen Haders Wurzel in euch oder außer euch wahr, so mögt ihr, Ānando, darauf hinarbeiten, die Wurzel eben dieses üblen Haders auszujäten. Nehmt ihr nun, Ānando, eines solchen Haders Wurzel in euch oder außer euch nicht wahr, so mögt ihr, Ānando, darauf bedacht sein, die Wurzel eben dieses üblen Haders künftighin nicht erwachsen zu lassen. Also jätet man die Wurzel dieses üblen Haders aus, also läßt man die Wurzel dieses üblen Haders künftighin nicht erwachsen.

[801] Weiter sodann, Ānando: ein Mönch ist heuchlerisch und neidisch, er ist eifernd und selbstsüchtig, er ist listig und gleisnerisch, er ist boshaft und falsch, er hat nur für das vor Augen Liegende Sinn, greift mit beiden Händen zu, läßt sich schwer abweisen. Ein solcher Mönch, Ānando, der hat vor dem Meister keine Achtung, keine Ergebung, hat vor der Lehre keine Achtung, keine Ergebung, hat vor den Jüngern keine Achtung, keine Ergebung, und der Regel kommt er nicht vollkommen nach. Ein Mönch, Ānando, der vor dem Meister, vor der Lehre, vor den Jüngern keine Achtung hat, keine Ergebung, und der Regel nicht vollkommen nachkommt, der stiftet unter den Jüngern Hader an. Gereicht dieser Hader gar vielen zum Unheil und Unglücke, gar vielen zum Verderben, zum Unheil und Leiden für Götter und Menschen, und ihr nehmt nun, Ānando, eines solchen Haders Wurzel in euch oder außer euch wahr, so mögt ihr, Ānando, darauf hinarbeiten, die Wurzel eben dieses üblen Haders auszujäten. Nehmt ihr nun, Ānando, eines solchen Haders Wurzel in euch oder außer euch nicht wahr, so mögt ihr, Ānando, darauf bedacht sein, die Wurzel eben dieses üblen Haders künftighin nicht erwachsen zu lassen. Also jätet man die Wurzel dieses üblen Haders aus, also läßt man die Wurzel dieses üblen Haders künftighin nicht erwachsen. Das sind, Ānando, die sechs Wurzeln des Haders.

Vier Arten gibt es, Ānando, der Streitigkeiten: und welche vier? Wegen Haders, wegen Tadels, wegen Schuld, wegen Sühne. Das sind, Ānando, vier Arten von Streitigkeiten. Und sieben der Mittel gibt es, Ānando, um Streitigkeiten aufzulösen, um da manche aufgestiegenen Streitigkeiten aufzulösen, zu schlichten: Abweisung durch Gegenüberstellen, die Mehrheit, Abweisung durch Erinnern, Abweisung durch Entblöden, Annahme des Geständnisses, die schlimmere Weise, Gras darüber streuen.

Wie aber wird, Ānando, durch Gegenüberstellen abgewiesen? Da hadern, Ānando, die Mönche: ›So ist die Lehre‹, ›So ist die Lehre nicht‹, ›So ist die Zucht‹, ›So ist die Zucht nicht‹. Da haben denn, Ānando, eben alle diese Mönche in Eintracht zusammenzukommen und, zusammengekommen, die Richtschnur der Lehre gemeinsam zu ziehn: und haben sie die Richtschnur der Lehre gemeinsam gezogen, wie sie da übereinstimmt, danach diese Streitigkeit zu schlichten. Also wird, Ānando, durch Gegenüberstellen abgewiesen, und also werden da gar manche Streitigkeiten geschlichtet, eben durch Gegenüberstellen.

Wie aber kommt, Ānando, die Mehrheit zustande? Wenn nun, Ānando, diese Mönche die Streitigkeit an ihrem Orte nicht zu schlichten vermögen, so haben, Ānando, diese Mönche einen Ort aufzusuchen wo mehr der Mönche verweilen, und dort eben alle in Eintracht zusammenzukommen und, zusammengekommen, die Richtschnur der Lehre gemeinsam zu ziehn: und haben [802] sie die Richtschnur der Lehre gemeinsam gezogen, wie sie da übereinstimmt, danach diese Streitigkeit zu schlichten. Also kommt, Ānando, die Mehrheit zustande, und also werden da gar manche Streitigkeiten geschlichtet, eben durch die Mehrheit.

Wie aber wird, Ānando, durch Erinnern abgewiesen? Da ermahnen, Ānando, die Mönche einen Mönch einer so gewichtigen Schuld wegen, daß Ausschließung folgen oder drohen muß: ›Erinnert sich der Ehrwürdige, eine so gewichtige Schuld begangen zu haben, daß Ausschließung folgen oder drohen muß?‹ Er aber sagt: ›Nein, Brüder, ich erinnere mich nicht, eine so gewichtige Schuld begangen zu haben, daß Ausschließung folgen oder drohen muß.‹ Einen solchen Mönch, Ānando, hat man also durch Erinnern abzuweisen. Also wird, Ānando, durch Erinnern abgewiesen, und also werden da gar manche Streitigkeiten geschlichtet, eben durch Erinnern.

Wie aber wird, Ānando, durch Entblöden abgewiesen? Da ermahnen, Ānando, die Mönche einen Mönch einer so gewichtigen Schuld wegen, daß Ausschließung folgen oder drohen muß: ›Erinnert sich der Ehrwürdige, eine so gewichtige Schuld begangen zu haben, daß Ausschließung folgen oder drohen muß?‹ Er aber sagt: ›Nein, Brüder, ich erinnere mich nicht, eine so gewichtige Schuld begangen zu haben, daß Ausschließung folgen oder drohen muß.‹ Und da er es nicht zugibt, wird er überführt: ›Sieh' doch, Ehrwürdiger, besinne dich nur genau, ob du dich nicht erinnerst, eine so gewichtige Schuld begangen zu haben, daß Ausschließung folgen oder drohen muß?‹ Und er sagt: ›Ich war, Brüder, in Irrsinn geraten, hatte den Verstand verloren, als Irrsinniger hab' ich viel begangen, was Asketen nicht ziemt, habe wirr gesprochen: ich erinnere mich dessen nicht, blöde hab' ich es getan.‹ Einen solchen Mönch, Ānando, hat man also durch Entblöden abzuweisen. Also wird, Ānando, durch Entblöden abgewiesen, und also werden da gar manche Streitigkeiten geschlichtet, eben durch Entblöden.

Wie aber wird, Ānando, das Geständnis angenommen? Da erinnert sich, Ānando, ein Mönch, ermahnt oder nicht ermahnt, einer Schuld, er deckt sie auf, legt sie dar. Ein solcher Mönch, Ānando, hat einen älteren Mönch aufzusuchen, den Mantel um die eine Schulter zu schlagen, sich zu verneigen, auf der Erde niederzusitzen, die Hände zu falten und also zu reden: ›Ich habe, o Herr, eine derartige Schuld begangen: das geb' ich zu erkennen.‹ Und jener sagt: ›Siehst du es ein?‹ – ›Ich seh' es ein.‹ – ›Willst du künftighin dich hüten?‹ – ›Ich werde mich hüten.‹ Also wird, Ānando, das Geständnis angenommen, und also werden da gar manche Streitigkeiten geschlichtet, eben durch Annahme des Geständnisses.

Was aber ist, Ānando, die schlimmere Weise? Da ermahnen, Ānando, die Mönche einen Mönch einer so gewichtigen Schuld wegen, daß Ausschließung [803] folgen oder drohen muß: ›Erinnert sich der Ehrwürdige, eine so gewichtige Schuld begangen zu haben, daß Ausschließung folgen oder drohen muß?‹ Er aber sagt: ›Nein, Brüder, ich erinnere mich nicht, eine so gewichtige Schuld begangen zu haben, daß Ausschließung folgen oder drohen muß.‹ Und da er es nicht zugibt, wird er überführt: ›Sieh' doch, Ehrwürdiger, besinne dich nur genau, ob du dich nicht erinnerst, eine so gewichtige Schuld begangen zu haben, daß Ausschließung folgen oder drohen muß?‹ Er aber sagt: ›Nein, Brüder, ich erinnere mich nicht, eine so gewichtige Schuld begangen zu haben, daß Ausschließung folgen oder drohen muß: doch erinnere ich mich, Brüder, eine ganz belanglose Schuld begangen zu haben.‹ Und da er es nicht zugibt, wird er überführt: ›Sieh' doch, Ehrwürdiger, besinne dich nur genau, ob du dich nicht erinnerst, eine so gewichtige Schuld begangen zu haben, daß Ausschließung folgen oder drohen muß?‹ Er aber sagt: ›Ich mochte ja doch, Brüder, diese belanglose Schuld, die ich begangen, ohne gefragt zu sein bekennen: wie werd' ich da eine so gewichtige Schuld, deren Begehn von Ausschließung gefolgt oder bedroht sein muß, wo man mich fragt, nicht bekennen?‹ Und jener sagt: ›Du würdest wohl, Bruder, die Begehung dieser belanglosen Schuld ohne gefragt zu sein nicht bekannt haben: wie hättest du erst die Begehung einer so gewichtigen Schuld, daß Ausschließung folgen oder drohen muß, ohne gefragt zu sein bekennen mögen? Sieh' doch, Ehrwürdiger, besinne dich nur genau, ob du dich nicht erinnerst, eine solche Schuld begangen zu haben?‹ Und er sagt: ›Ich erinnere mich, Brüder, eine so gewichtige Schuld begangen zu haben, daß Ausschließung folgen oder drohen muß: zum Spaße hab' ich gesagt, zum Spotte hab' ich gesagt »Ich erinnere mich nicht daran«.‹ Das ist, Ānando, die schlimmere Weise, und also werden da gar manche Streitigkeiten geschlichtet, eben auf die schlimmere Weise.

Wie aber wird, Ānando, Gras darüber gestreut? Da ist, Ānando, unter den Mönchen Zank und Streit ausgebrochen, sie sind in Hader geraten und haben viel begangen, was Asketen nicht ziemt, haben wirr gesprochen. Da haben denn, Ānando, eben alle die Mönche in Eintracht zusammenzukommen; und sind sie zusammengekommen, so soll auf der einen Seite der Mönche ein erfahrenerer Mönch aufstehn, den Mantel um die eine Schulter schlagen, die Hände emporheben und die Jünger einladen: ›Hören möge mich die werte Jüngerschaft: es ist da unter uns Zank und Streit ausgebrochen, wir sind in Hader geraten und haben viel begangen, was Asketen nicht ziemt, haben wirr gesprochen. Wenn es der Jüngerschaft angemessen erscheint, so will ich eben dieser Ehrwürdigen Schuld wie auch meine eigene Schuld, eben diesen Ehrwürdigen zum Heile wie auch mir zum Heile, inmitten der Jünger bekanntgeben, um Gras darüber zu streuen; doch ist es kein grobes Vergehn, ist kein[804] häuslicher Vorgang336.‹ Und auch auf der anderen Seite der Mönche soll ein erfahrenerer Mönch aufstehn, den Mantel um die eine Schulter schlagen, die Hände emporheben und die Jünger einladen: ›Hören möge mich die werte Jüngerschaft: es ist da unter uns Zank und Streit ausgebrochen, wir sind in Hader geraten und haben viel begangen, was Asketen nicht ziemt, haben wirr gesprochen. Wenn es der Jüngerschaft angemessen erscheint, so will ich eben dieser Ehrwürdigen Schuld wie auch meine eigene Schuld, eben diesen Ehrwürdigen zum Heile wie auch mir zum Heile, inmitten der Jünger bekanntgeben, um Gras darüber zu streuen; doch ist es kein grobes Vergehn, ist kein häuslicher Vorgang.‹ Also wird, Ānando, Gras darüber gestreut, und also werden da gar manche Streitigkeiten geschlichtet, eben durch Gras darüber streuen.

Sechs Dinge gibt es, Ānando, nicht zu vergessende, hoch und hehr gehaltene, die zum allgemeinen Verträgnis, zum Frieden, zur Eintracht führen: und welche sind das? Da dient, Ānando, ein Mönch seinen Ordensbrüdern mit liebevoller Tat, so offen als verborgen. Das ist eines der nicht zu vergessenden, hoch und hehr gehaltenen Dinge, das zum allgemeinen Verträgnis, zum Frieden, zur Eintracht führt. Weiter sodann, Ānando: der Mönch dient seinen Ordensbrüdern mit liebevollem Worte, so offen als verborgen. Auch das ist eines der nicht zu vergessenden, hoch und hehr gehaltenen Dinge, das zum allgemeinen Verträgnis, zum Frieden, zur Eintracht führt. Weiter sodann, Ānando: der Mönch dient seinen Ordensbrüdern mit liebevollem Herzen, so offen als verborgen. Auch das ist eines der nicht zu vergessenden, hoch und hehr gehaltenen Dinge, das zum allgemeinen Verträgnis, zum Frieden, zur Eintracht führt. Weiter so dann, Ānando: wenn der Mönch Gaben empfängt, Ordenspenden, so teilt er sie nicht nach Belieben, sondern bis auf die Brocken in seiner Almosenschale nach dem Maße der bewährten Brüder des Ordens. Auch das ist eines der nicht zu vergessenden, hoch und hehr gehaltenen Dinge, das zum allgemeinen Verträgnis, zum Frieden, zur Eintracht führt. Weiter sodann, Ānando: der Mönch bewahrt die Ordenspflichten, ungebrochen, unverletzt, ungemustert, ungesprenkelt, aus freiem Entschlusse, als von Verständigen gepriesen, nicht angetastet, zur Vertiefung tauglich, er übt diese Pflichten gleich seinen Ordensbrüdern, so offen als verborgen. Auch das ist eines der nicht zu vergessenden, hoch und hehr gehaltenen Dinge, das zum allgemeinen Verträgnis, zum Frieden, zur Eintracht führt. Weiter sodann, Ānando: der Mönch hat jene Ansicht, die heilige, ausreichende, die dem Grübler zur gänzlichen Leidensversiegung ausreicht, jene Ansicht hat er mit seinen Ordensbrüdern gemeinsam bewahrt, so offen als verborgen. Auch das ist eines der nicht zu vergessenden, hoch und hehr gehaltenen Dinge, das zum allgemeinen Verträgnis, zum Frieden, zur Eintracht führt. [805] Das aber sind, Ānando, die sechs Dinge, nicht zu vergessende, hoch und hehr gehaltene, die zum allgemeinen Verträgnis, zum Frieden, zur Eintracht führen.

Und wenn ihr, Ānando, diese sechs nicht zu vergessenden Dinge treulich bewahren wollt, wißt ihr dann, Ānando, von einer Redeweise, ob fein oder gemein, die ihr nicht zu ertragen vermöchtet?«

»Gewiß nicht, o Herr!«

»Darum also, Ānando, mögt ihr diese sechs nicht zu vergessenden Dinge treulich bewahren: das wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.«


Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Ānando über das Wort des Erhabenen337.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 1, Zürich/Wien 41956, S. 799-806.
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