II

Das Ernst-Kapitel

[622] 21

Ernst leitet zur Todlosigkeit,

Leichtsinn zum Reich des Sterbens hin;

Die Ernsten sterben nimmermehr,

Die Leichten sind den Leichen gleich.


22

Vollkommen dieses Ernsts bewußt

In allem und in jedem Ding,

Sind Weise ernsten Sinnes froh,

Sind selig ihrer Heiligung.


23

Die Selbstvertieften, Standhaften,

Die unentwegt Gewaltigen,

Die weise Überwindenden

Erreichen Unvergleichliches,

Nibbānam, allerhöchstes Heil.


24

Des kräftig Kühnen, klar Bewußten,

Des wohl Bedachten, Makellosen, Reinen,

Des Selbstbezähmten, Starken, Ordenstreuen,

Des Ernsten Ehre reift empor zur Höhe.


25

Mit Heldenmut und ernstem Sinn,

Mit Selbstbezähmung und Verzicht

Schafft, Standhafte, ein Eiland euch,

Das jeder Flut gewachsen sei.


[623] 26

Dem leichten Sinn ergeben sich

Erlahmte Männer, ohne Mut;

Den Ernst bewahrt der weise Mann

Als köstlich besten Schatzeshort.


27

Ergebt euch nicht dem leichten Sinn,

O folget nicht der Liebeslust!

Der ernst in sich gekehrte Mönch

Ist höchstem Heile selig nah.


28

Wenn mutig mit des Ernstes Kraft

Der Weise sich vom Leichtsinn löst,

Blickt von der Weisheit Warte er

Leidlos in diese Leidenswelt:

Wie einer, der am Gipfel steht,

Tief unten Talbewohner sieht,

Betrachtet er gestählten Sinns

Die Toren und das Torentum.


29

Ernst unter lässig leichtem Volk,

Wach unter Schlafversunkenen,

Dem Renner unter Kleppern gleich,

Besitzlos zieht der Weise hin.


30

Durch Ernst erwarb sich Maghavā,

Der Götterfürst, den ersten Rang;

Verehrung wird dem Ernst zuteil,

Verachtung trifft den Leichtsinn stets.


31

Der ernsten Mutes frohe Mönch,

Der Graus erkennt im leichten Sinn,

Empfindet jedes Daseinsband,

Ob grob, ob fein, wie Feuersglut.


[624] 32

Der ernsten Mutes frohe Mönch,

Der Graus erkennt im leichten Sinn,

Entronnen der Vergänglichkeit,

Ist baldig dem Nibbānam nah.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 3, Zürich/Wien 1957, S. 622-625.
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