α). Die Begierde
§ 426

[215] Das Selbstbewußtsein in seiner Unmittelbarkeit ist Einzelnes und Begierde, – der Widerspruch seiner Abstraktion, welche objektiv sein soll, oder seiner Unmittelbarkeit, welche die Gestalt eines äußeren Objekts hat und subjektiv sein soll. Für die aus dem Aufheben des Bewußtseins hervorgegangene Gewißheit seiner selbst ist das Objekt und für die Beziehung des Selbstbewußtseins auf das Objekt ist seine abstrakte Idealität ebenso als ein Nichtiges bestimmt.


§ 427

[215] Das Selbstbewußtsein weiß sich daher an sich im Gegenstande, der in dieser Beziehung dem Triebe gemäß ist. In der Negation der beiden einseitigen Momente, als der eigenen Tätigkeit des Ich, wird für dasselbe diese Identität. Der Gegenstand kann dieser Tätigkeit keinen Widerstand leisten, als an sich und für das Selbstbewußtsein das Selbstlose; die Dialektik, welche seine Natur ist, sich aufzuheben, existiert hier als jene Tätigkeit des Ich. Das gegebene Objekt wird[216] hierin ebenso subjektiv gesetzt, als die Subjektivität sich ihrer Einseitigkeit entäußert und sich objektiv wird.


§ 428

Das Produkt dieses Prozesses ist, daß Ich sich mit sich selbst zusammenschließt und hierdurch für sich befriedigt. Wirkliches ist. Nach der äußerlichen Seite bleibt es in dieser Rückkehr[217] zunächst als Einzelnes bestimmt und hat sich als solches erhalten, weil es sich auf das selbstlose Objekt nur negativ bezieht, dieses insofern nur aufgezehrt wird. Die Begierde ist so in ihrer Befriedigung überhaupt zerstörend wie ihrem Inhalte nach selbstsüchtig, und da die Befriedigung nur im Einzelnen geschehen, dieses aber vorübergehend ist, so erzeugt sich in der Befriedigung wieder die Begierde.


§ 429

Aber das Selbstgefühl, das ihm [dem Ich] in der Befriedigung wird, bleibt nach der inneren Seite oder an sich nicht im abstrakten Fürsichsein oder in seiner Einzelheit, sondern als die Negation der Unmittelbarkeit und der Einzelheit enthält das Resultat die Bestimmung der Allgemeinheit und der Identität des Selbstbewußtseins mit seinem Gegenstande. Das Urteil oder die Diremtion dieses Selbstbewußtseins ist das Bewußtsein eines freien Objekts, in welchem Ich das Wissen seiner als Ich hat, das aber auch noch außer ihm ist.[218]

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 10, Frankfurt a. M. 1979, S. 215-219.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 8: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse 1830. Erster Teil. Die Wissenschaft der Logik. ... Zusätzen (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 9: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse 1830. Zweiter Teil. Die Naturphilosophie. Mit ... Zusätzen (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 10: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse 1830. Dritter Teil. Die Philosophie des ... Zusätzen (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)
Gesammelte Werke, Bd.13, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1817).
Philosophische Bibliothek, Bd.33, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830).