a. Begriff derselben

[260] Das Quantum verändert sich und wird ein anderes Quantum; die weitere Bestimmung dieser Veränderung, daß sie ins Unendliche fortgeht, liegt darin, daß das Quantum als an ihm selbst sich widersprechend gestellt ist. – Das Quantum wird ein Anderes; es kontinuiert sich aber in sein Anderssein; das Andere ist also auch ein Quantum. Aber dieses ist das Andere nicht nur eines Quantums, sondern des Quantums selbst, das Negative seiner als eines Begrenzten, somit seine Unbegrenztheit, Unendlichkeit. Das Quantum ist ein Sollen; es enthält, für sich bestimmt zu sein, und dieses Fürsichbestimmtsein ist vielmehr das Bestimmtsein in einem Anderen, und umgekehrt ist es das aufgehobene Bestimmtsein in einem Anderen, ist gleichgültiges Bestehen-für-sich.[260]

Die Endlichkeit und Unendlichkeit erhalten dadurch sogleich jede an ihr selbst eine gedoppelte, und zwar entgegengesetzte Bedeutung. Endlich ist das Quantum erstens als Begrenztes überhaupt, zweitens, als das Hinausschicken über sich selbst, als das Bestimmtsein in einem Anderen. Die Unendlichkeit desselben aber ist erstens sein Nichtbegrenztsein; zweitens sein Zurückgekehrtsein-in-sich, das gleichgültige Fürsichsein. Vergleichen wir sogleich diese Momente miteinander, so ergibt sich, daß die Bestimmung der Endlichkeit des Quantums, das Hinausschicken über sich zu einem Anderen, in dem seine Bestimmung liege, ebenso Bestimmung des Unendlichen ist; die Negation der Grenze ist dasselbe Hinaus über die Bestimmtheit, so daß das Quantum in dieser Negation, dem Unendlichen, seine letzte Bestimmtheit habe. Das andere Moment der Unendlichkeit ist das gegen die Grenze gleichgültige Fürsichsein; das Quantum selbst aber ist so das Begrenzte, daß es das für sich Gleichgültige gegen seine Grenze, damit gegen andere Quanta und sein Hinaus, ist. Die Endlichkeit und die (von ihr getrennt sein sollende, schlechte) Unendlichkeit haben beim Quantum jede das Moment der anderen bereits an ihr.

Das qualitative und quantitative Unendliche unterscheiden sich dadurch, daß im ersten der Gegensatz des Endlichen und Unendlichen qualitativ ist und der Übergang des Endlichen in das Unendliche oder die Beziehung beider aufeinander nur im Ansich, in ihrem Begriffe liegt. Die qualitative Bestimmtheit ist als unmittelbar und bezieht sich auf das Anderssein wesentlich als auf ein ihr anderes Sein; sie ist nicht gesetzt, ihre Negation, ihr Anderes an ihr selbst zu haben. Die Größe hingegen ist, als solche, aufgehobene Bestimmtheit; sie ist gesetzt, ungleich mit sich und gleichgültig gegen sich selbst, daher das Veränderliche zu sein. Das qualitative Endliche und Unendliche stehen sich daher absolut, d.h. abstrakt gegenüber; ihre Einheit ist die zugrunde liegende innerliche Beziehung; das Endliche kontinuiert sich daher nur an sich, aber nicht an ihm, in sein Anderes. Hingegen[261] das quantitative Endliche bezieht sich an ihm selbst in sein Unendliches, an dem es seine absolute Bestimmtheit habe. Diese ihre Beziehung stellt zunächst der quantitativ unendliche Progreß dar.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 5, Frankfurt a. M. 1979, S. 260-262.
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