A. Das Urteil des Daseins

[311] Im subjektiven Urteil will man einen und denselben Gegenstand doppelt sehen, das eine Mal in seiner einzelnen Wirklichkeit, das andere Mal in seiner wesentlichen Identität oder in seinem Begriffe: das Einzelne in seine Allgemeinheit erhoben oder, was dasselbe ist, das Allgemeine in seine Wirklichkeit vereinzelt. Das Urteil ist in dieser Weise Wahrheit; denn es ist die Übereinstimmung des Begriffs und der Realität. So aber ist zuerst das Urteil nicht beschaffen; denn zuerst ist es unmittelbar, indem sich an ihm noch keine Reflexion und Bewegung der Bestimmungen ergeben hat. Diese Unmittelbarkeit macht das erste Urteil zu einem Urteile des Daseins, das auch das qualitative genannt werden kann, jedoch nur insofern, als die Qualität nicht nur der Bestimmtheit des Seins zukommt, sondern auch die abstrakte Allgemeinheit darin begriffen ist, die um ihrer Einfachheit willen gleichfalls die Form der Unmittelbarkeit hat.

Das Urteil des Daseins ist auch das Urteil der Inhärenz; weil die Unmittelbarkeit seine Bestimmung, im Unterschiede des Subjekts und Prädikats aber jenes das Unmittelbare, hierdurch das Erste und Wesentliche in diesem Urteile ist, so hat das Prädikat die Form eines Unselbständigen, das am Subjekte seine Grundlage hat.

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 6, Frankfurt a. M. 1979, S. 311.
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