A. Der subjektive Zweck

[445] Der subjektive Begriff hat in der Zentralität der objektiven Sphäre, die eine Gleichgültigkeit gegen die Bestimmtheit ist, zunächst den negativen Einheitspunkt wieder gefunden und gesetzt, in dem Chemismus aber die Objektivität der Begriffsbestimmungen, wodurch er erst als konkreter objektiver Begriff gesetzt ist. Seine Bestimmtheit oder sein einfacher Unterschied hat nunmehr an ihm selbst die Bestimmtheit der Äußerlichkeit, und seine einfache Einheit ist dadurch die sich von sich selbst abstoßende und darin sich erhaltende Einheit. Der Zweck ist daher der subjektive Begriff, als wesentliches Streben und Trieb, sich äußerlich zu setzen. Er ist dabei dem Übergehen entnommen. Er ist weder eine Kraft, die sich äußert, noch eine Substanz und Ursache, die in Akzidenzen und Wirkungen sich manifestiert. Die Kraft ist nur ein abstrakt Inneres, indem sie sich nicht geäußert hat; oder sie hat erst in der Äußerung, zu der sie sollizitiert werden muß, Dasein, ebenso die Ursache und die Substanz; weil sie nur in den Akzidenzen und in der Wirkung Wirklichkeit haben, ist ihre Tätigkeit der Übergang, gegen den sie sich nicht in Freiheit erhalten. Der Zweck kann wohl auch als Kraft und Ursache bestimmt werden, aber diese Ausdrücke erfüllen nur eine unvollkommene Seite seiner Bedeutung; wenn sie von ihm nach seiner Wahrheit ausgesprochen werden sollen, so können sie es nur auf eine Weise, welche ihren Begriff aufhebt, – als eine Kraft, welche sich selbst zur Äußerung sollizitiert, als eine Ursache, welche Ursache ihrer selbst oder deren Wirkung unmittelbar die Ursache ist.

Wenn das Zweckmäßige einem Verstande zugeschrieben wird, wie vorhin angeführt wurde, so ist dabei auf das Bestimmte des Inhaltes Rücksicht genommen. Er ist aber überhaupt[445] als das Vernünftige in seiner Existenz zu nehmen. Er manifestiert darum Vernünftigkeit, weil er der konkrete Begriff ist, der den objektiven Unterschied in seiner absoluten Einheit hält. Er ist daher wesentlich der Schluß an ihm selbst. Er ist das sich gleiche Allgemeine, und zwar als die sich von sich abstoßende Negativität enthaltend, zunächst die allgemeine, insofern noch unbestimmte Tätigkeit; aber weil diese die negative Beziehung auf sich selbst ist, bestimmt sie sich unmittelbar und gibt sich das Moment der Besonderheit, welche als die gleichfalls in sich reflektierte Totalität der Form Inhalt gegen die gesetzten Unterschiede der Form ist. Eben [so] unmittelbar ist diese Negativität durch ihre Beziehung auf sich selbst absolute Reflexion der Form in sich und Einzelheit. Einerseits ist diese Reflexion die innere Allgemeinheit des Subjekts, andererseits aber Reflexion nach außen; und insofern ist der Zweck noch ein Subjektives und seine Tätigkeit gegen äußerliche Objektivität gerichtet.

Der Zweck ist nämlich der an der Objektivität zu sich selbst gekommene Begriff; die Bestimmtheit, die er sich an ihr gegeben, ist die der objektiven Gleichgültigkeit und Äußerlichkeit des Bestimmtseins; seine sich von sich abstoßende Negativität ist daher eine solche, deren Momente, indem sie nur die Bestimmungen des Begriffs selbst sind, auch die Form von objektiver Gleichgültigkeit gegeneinander haben. – Im formellen Urteile sind Subjekt und Prädikat schon als Selbständige gegeneinander bestimmt; aber ihre Selbständigkeit ist nur erst abstrakte Allgemeinheit; sie hat nunmehr die Bestimmung von Objektivität erlangt; aber als Moment des Begriffs ist diese vollkommene Verschiedenheit in die einfache Einheit des Begriffs eingeschlossen. Insofern nun der Zweck diese totale Reflexion der Objektivität in sich und zwar unmittelbar ist, so ist erstlich die Selbstbestimmung oder die Besonderheit als einfache Reflexion-in-sich von der konkreten Form unterschieden und ist ein bestimmter Inhalt. Der Zweck ist hiernach endlich, ob er gleich seiner[446] Form nach unendliche Subjektivität ist. Zweitens, weil seine Bestimmtheit die Form objektiver Gleichgültigkeit hat, hat sie die Gestalt einer Voraussetzung, und seine Endlichkeit besteht nach dieser Seite darin, daß er eine objektive, mechanische und chemische Welt vor sich hat, auf welche sich seine Tätigkeit als auf ein Vorhandenes bezieht; seine selbstbestimmende Tätigkeit ist so in ihrer Identität unmittelbar sich selbst äußerlich und sosehr als Reflexion-in-sich, sosehr Reflexion nach außen. Insofern hat er noch eine wahrhaft außerweltliche Existenz, insofern ihm nämlich jene Objektivität gegenübersteht, so wie diese dagegen als ein mechanisches und chemisches, noch nicht vom Zweck, bestimmtes und durchdrungenes Ganzes ihm gegenübersteht.

Die Bewegung des Zwecks kann daher nun so ausgedrückt werden, daß sie darauf gehe, seine Voraussetzung aufzuheben, d. i. die Unmittelbarkeit des Objekts, und es zu setzen als durch den Begriff bestimmt. Dieses negative Verhalten gegen das Objekt ist ebensosehr ein negatives gegen sich selbst, ein Aufheben der Subjektivität des Zwecks. Positiv ist es die Realisation des Zwecks, nämlich die Vereinigung des objektiven Seins mit demselben, so daß dasselbe, welches als Moment des Zwecks unmittelbar die mit ihm identische Bestimmtheit ist, als äußerliche sei, und umgekehrt das Objektive als Voraussetzung vielmehr als durch [den] Begriff bestimmt gesetzt werde. – Der Zweck ist in ihm selbst der Trieb seiner Realisierung; die Bestimmtheit der Begriffsmomente ist die Äußerlichkeit; die Einfachheit derselben in der Einheit des Begriffes ist aber dem, was sie ist, unangemessen, und der Begriff stößt sich daher von sich selbst ab. Dies Abstoßen ist der Entschluß überhaupt der Beziehung der negativen Einheit auf sich, wodurch sie ausschließende Einzelheit ist; aber durch dies Ausschließen entschließt sie sich oder schließt sich auf, weil es Selbstbestimmen, Setzen seiner selbst ist. Einerseits, indem die Subjektivität sich bestimmt, macht sie sich zur Besonderheit, gibt sich einen Inhalt, der in die Einheit des Begriffs eingeschlossen noch ein[447] innerlicher ist; dies Setzen, die einfache Reflexion-in-sich, ist aber, wie sich ergeben, unmittelbar zugleich ein Voraussetzen, und in demselben Momente, in welchem das Subjekt des Zwecks sich bestimmt, ist es auf eine gleichgültige, äußerliche Objektivität bezogen, die von ihm jener inneren Bestimmtheit gleichgemacht, d.h. als ein durch den Begriff Bestimmtes gesetzt werden soll, zunächst als Mittel.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 6, Frankfurt a. M. 1979, S. 445-448.
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