B. Das Mittel

[448] Das erste unmittelbare Setzen im Zwecke ist zugleich das Setzen eines Innerlichen, d.h. als gesetzt Bestimmten, und zugleich das Voraussetzen einer objektiven Welt, welche gleichgültig gegen die Zweckbestimmung ist. Die Subjektivität des Zwecks ist aber die absolute negative Einheit; ihr zweites Bestimmen ist daher das Aufheben dieser Voraussetzung überhaupt; dies Aufheben ist insofern die Rückkehr in sich, als dadurch jenes Moment der ersten Negation, das Setzen des Negativen gegen das Subjekt, das äußerliche Objekt aufgehoben wird. Aber gegen die Voraussetzung oder gegen die Unmittelbarkeit des Bestimmens, gegen die objektive Welt ist es nur erst die erste, selbst unmittelbare und daher äußerliche Negation. Dies Setzen ist daher noch nicht der ausgeführte Zweck selbst, sondern erst der Anfang dazu. Das so bestimmte Objekt ist erst das Mittel.

Der Zweck schließt sich durch ein Mittel mit der Objektivität und in dieser mit sich selbst zusammen. Das Mittel ist die Mitte des Schlusses. Der Zweck bedarf eines Mittels zu seiner Ausführung, weil er endlich ist, – eines Mittels, d.h. einer Mitte, welche zugleich die Gestalt eines äußerlichen, gegen den Zweck selbst und dessen Ausführung gleichgültigen Daseins hat. Der absolute Begriff hat in sich selbst so die Vermittlung, daß das erste Setzen desselben nicht ein Voraussetzen ist, in dessen Objekt die gleichgültige Äußerlichkeit die Grundbestimmung wäre; sondern die Welt als Geschöpf hat nur die Form solcher Äußerlichkeit, aber ihre[448] Negativität und das Gesetztsein macht vielmehr deren Grundbestimmung aus. – Die Endlichkeit des Zweckes besteht sonach darin, daß sein Bestimmen überhaupt sich selbst äußerlich ist, somit sein erstes, wie wir gesehen, in ein Setzen und in ein Voraussetzen zerfällt; die Negation dieses Bestimmens ist daher auch nur nach einer Seite schon Re-flexion-in-sich, nach der ändern ist sie vielmehr nur erste Negation; – oder: die Reflexion-in-sich ist selbst auch sich äußerlich und Reflexion nach außen.

Das Mittel ist daher die formale Mitte eines formalen Schlusses; es ist ein Äußerliches gegen das Extrem des subjektiven Zwecks sowie daher auch gegen das Extrem des objektiven Zwecks; wie die Besonderheit im formalen Schlüsse ein gleichgültiger medius terminus ist, an dessen Stelle auch andere treten können. Wie dieselbe ferner Mitte nur dadurch ist, daß sie in Beziehung auf das eine Extrem Bestimmtheit, in Beziehung aber auf das andere Extrem Allgemeines ist, ihre vermittelnde Bestimmung also relativ durch andere hat, so ist auch das Mittel die vermittelnde Mitte nur erstlich, daß es ein unmittelbares Objekt ist, zweitens, daß es Mittel durch die ihm äußerliche Beziehung auf das Extrem des Zweckes [ist], – welche Beziehung für dasselbe eine Form ist, wogegen es gleichgültig ist.

Begriff und Objektivität sind daher im Mittel nur äußerlich verbunden; es ist insofern ein bloß mechanisches Objekt. Die Beziehung des Objekts auf den Zweck ist eine Prämisse, oder die unmittelbare Beziehung, welche in Ansehung des Zwecks, wie gezeigt, Reflexion in sich selbst ist, das Mittel, ist inhärierendes Prädikat; seine Objektivität ist unter die Zweckbestimmung, welche [um] ihrer Konkretion willen Allgemeinheit ist, subsumiert. Durch diese Zweckbestimmung, welche an ihm ist, ist es nun auch gegen das andere Extrem der vorerst noch unbestimmten Objektivität subsumierend. – Umgekehrt hat das Mittel gegen den subjektiven Zweck, als unmittelbare Objektivität, Allgemeinheit des Daseins, welches die subjektive Einzelheit des[449] Zweckes noch entbehrt. – Indem so zunächst der Zweck nur als äußerliche Bestimmtheit am Mittel ist, ist er selbst als die negative Einheit außer demselben, sowie das Mittel mechanisches Objekt, das ihn nur als eine Bestimmtheit, nicht als einfache Konkretion der Totalität an ihm hat. Als das Zusammenschließende aber muß die Mitte selbst die Totalität des Zwecks sein. Es hat sich gezeigt, daß die Zweckbestimmung am Mittel zugleich Reflexion in sich selbst ist; insofern ist sie formelle Beziehung auf sich, da die Bestimmtheit, als reale Gleichgültigkeit, als die Objektivität des Mittels gesetzt ist. Aber eben deswegen ist diese einerseits reine Subjektivität zugleich auch Tätigkeit. – Im subjektiven Zweck ist die negative Beziehung auf sich selbst noch identisch mit der Bestimmtheit als solcher, dem Inhalt und der Äußerlichkeit. In der beginnenden Objektivierung des Zweckes aber, einem Anderswerden des einfachen Begriffes, treten jene Momente auseinander, oder umgekehrt besteht hierin dies Anderswerden oder die Äußerlichkeit selbst.

Diese ganze Mitte ist somit selbst die Totalität des Schlusses, worin die abstrakte Tätigkeit und das äußere Mittel die Extreme ausmachen, deren Mitte die Bestimmtheit des Objekts durch den Zweck, durch welche es Mittel ist, ausmacht. – Ferner aber ist die Allgemeinheit die Beziehung der Zwecktätigkeit und des Mittels. Das Mittel ist Objekt, an sich die Totalität des Begriffs; es hat keine Kraft des Widerstands gegen den Zweck, wie es zunächst gegen ein anderes unmittelbares Objekt hat. Dem Zweck, welcher der gesetzte Begriff ist, ist es daher schlechthin durchdringlich und dieser Mitteilung empfänglich, weil es an sich identisch mit ihm ist. Es ist aber nunmehr auch gesetzt als das dem Begriffe Durchdringliche, denn in der Zentralität ist es ein Strebendes nach der negativen Einheit; ebenso im Chemismus ist es als Neutrales sowie als Differentes ein Unselbständiges geworden, – Seine Unselbständigkeit besteht eben darin, daß es nur an sich die Totalität des Begriffs ist; dieser[450] aber ist das Fürsichsein. Das Objekt hat daher gegen den Zweck den Charakter, machtlos zu sein und ihm zu dienen; er ist dessen Subjektivität oder Seele, die an ihm ihre äußerliche Seite hat.

Das Objekt, auf diese Weise dem Zwecke unmittelbar unterworfen, ist nicht ein Extrem des Schlusses; sondern diese Beziehung macht eine Prämisse desselben aus. Aber das Mittel hat auch eine Seite, nach welcher es noch Selbständigkeit gegen den Zweck hat. Die im Mittel mit ihm verbundene Objektivität ist, weil sie es nur unmittelbar ist, ihm noch äußerlich; und die Voraussetzung besteht daher noch. Die Tätigkeit des Zwecks durch das Mittel ist deswegen noch gegen diese gerichtet, und der Zweck ist eben insofern Tätigkeit, nicht mehr bloß Trieb und Streben, als im Mittel das Moment der Objektivität in seiner Bestimmtheit als Äußerliches gesetzt ist und die einfache Einheit des Begriffs sie als solche nun an sich hat.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 6, Frankfurt a. M. 1979, S. 448-451.
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