A. Das mechanische Objekt

[410] Das Objekt ist, wie sich ergeben hat, der Schluß, dessen Vermittlung ausgeglichen und daher unmittelbare Identität geworden ist. Es ist daher an und für sich Allgemeines; die Allgemeinheit nicht im Sinne einer Gemeinschaftlichkeit von Eigenschaften, sondern welche die Besonderheit durchdringt und in ihr unmittelbare Einzelheit ist.

1. Fürs erste unterscheidet sich daher das Objekt nicht in Materie und Form, deren jene das selbständige Allgemeine des Objekts, diese aber das Besondere und Einzelne sein würde; ein solcher abstrakter Unterschied von Einzelheit und Allgemeinheit ist nach seinem Begriffe an ihm nicht vorhanden; wenn es als Materie betrachtet wird, so muß es als an sich selbst geformte Materie genommen werden. Ebenso kann es als Ding mit Eigenschaften, als Ganzes aus Teilen bestehend, als Substanz mit Akzidenzen und nach den anderen Verhältnissen der Reflexion bestimmt werden; aber diese Verhältnisse sind überhaupt schon im Begriffe untergegangen; das Objekt hat daher nicht Eigenschaften noch Akzidenzen, denn solche sind vom Dinge oder der Substanz[410] trennbar; im Objekt ist aber die Besonderheit schlechthin in die Totalität reflektiert. In den Teilen eines Ganzen ist zwar diejenige Selbständigkeit vorhanden, welche den Unterschieden des Objekts zukommt, aber diese Unterschiede sind sogleich wesentlich selbst Objekte, Totalitäten, welche nicht wie die Teile diese Bestimmtheit gegen das Ganze haben.

Das Objekt ist daher zunächst insofern unbestimmt, als es keinen bestimmten Gegensatz an ihm hat; denn es ist die zur unmittelbaren Identität zusammengegangene Vermittlung. Insofern der Begriff wesentlich bestimmt ist, hat es die Bestimmtheit als eine zwar vollständige, übrigens aber unbestimmte, d. i. verhältnislose Mannigfaltigkeit an ihm, welche eine ebenso zunächst nicht weiter bestimmte Totalität ausmacht; Seiten, Teile, die an ihm unterschieden werden können, gehören einer äußeren Reflexion an. Jener ganz unbestimmte Unterschied ist daher nur, daß es mehrere Objekte gibt, deren jedes seine Bestimmtheit nur in seine Allgemeinheit reflektiert enthält und nicht nach außen scheint. – Weil ihm diese unbestimmte Bestimmtheit wesentlich ist, ist es in sich selbst eine solche Mehrheit und muß daher als Zusammengesetztes, als Aggregat betrachtet werden. – Es besteht jedoch nicht aus Atomen, denn diese sind keine Objekte, weil sie keine Totalitäten sind. Die Leibnizische Monade würde mehr ein Objekt sein, weil sie eine Totalität der Weltvorstellung ist, aber in ihre intensive Subjektivität eingeschlossen soll sie wenigstens wesentlich eins in sich sein. Jedoch ist die Monade, als ausschließendes Eins bestimmt, nur ein von der Reflexion angenommenes Prinzip. Sie ist aber teils insofern Objekt, als der Grund ihrer mannigfaltigen Vorstellungen, der entwickelten, d.h. der gesetzten Bestimmungen ihrer bloß an sich seienden Totalität, außer ihr liegt, teils insofern es der Monade ebenso gleichgültig ist, mit anderen zusammen ein Objekt auszumachen; es ist somit in der Tat nicht ein ausschließendes, für sich selbst bestimmtes.[411]

2. Indem das Objekt nun Totalität des Bestimmtseins ist, aber um seiner Unbestimmtheit und Unmittelbarkeit willen nicht die negative Einheit desselben, so ist es gegen die Bestimmungen als einzelne, an und für sich bestimmte, sowie diese selbst gegeneinander gleichgültig. Diese sind daher nicht aus ihm, noch aus einander begreiflich; seine Totalität ist die Form des allgemeinen Reflektiertseins seiner Mannigfaltigkeit in die an sich selbst nicht bestimmte Einzelheit überhaupt. Die Bestimmtheiten, die es an ihm hat, kommen ihm also zwar zu; aber die Form, welche ihren Unterschied ausmacht und sie zu einer Einheit verbindet, ist eine äußerliche, gleichgültige; sie sei eine Vermischung oder weiter eine Ordnung, ein gewisses Arrangement von Teilen und Seiten, so sind dies Verbindungen, die den so Bezogenen gleichgültig sind.

Das Objekt hat hiermit, wie ein Dasein überhaupt, die Bestimmtheit seiner Totalität außer ihm, in anderen Objekten, diese ebenso wieder außer ihnen und sofort ins Unendliche. Die Rückkehr dieses Hinausgehens ins Unendliche in sich muß zwar gleichfalls angenommen und als eine Totalität vorgestellt werden, als eine Welt, die aber nichts als die durch die unbestimmte Einzelheit in sich abgeschlossene Allgemeinheit, ein Universum ist.

Indem also das Objekt in seiner Bestimmtheit ebenso gleichgültig gegen sie ist, weist es durch sich selbst für sein Bestimmtsein außer sich hinaus, wieder zu Objekten, denen es aber auf gleiche Weise gleichgültig ist, bestimmend zu sein. Es ist daher nirgend ein Prinzip der Selbstbestimmung vorhanden; der Determinismus – der Standpunkt, auf dem das Erkennen steht, insofern ihm das Objekt, wie es sich hier zunächst ergeben hat, das Wahre ist – gibt für jede Bestimmung desselben die eines anderen Objekts an; aber dieses andere ist gleichfalls indifferent, sowohl gegen sein Bestimmtsein als gegen sein aktives Verhalten. – Der Determinismus ist darum selbst auch so unbestimmt, ins Unendliche fortzugehen; er kann beliebig allenthalben stehenbleiben[412] und befriedigt sein, weil das Objekt, zu welchem er übergegangen, als eine formale Totalität in sich beschlossen und gleichgültig gegen das Bestimmtsein durch ein anderes ist. Darum ist das Erklären der Bestimmung eines Objekts und das zu diesem Behufe gemachte Fortgehen dieser Vorstellung nur ein leeres Wort, weil in dem anderen Objekt, zu dem sie fortgeht, keine Selbstbestimmung liegt.

3. Indem nun die Bestimmtheit eines Objekts in einem anderen liegt, so ist keine bestimmte Verschiedenheit zwischen ihnen vorhanden; die Bestimmtheit ist nur doppelt, einmal an dem einen, dann an dem anderen Objekt, ein schlechthin nur Identisches, und die Erklärung oder das Begreifen insofern tautologisch. Diese Tautologie ist das äußerliche, leere Hin- und Hergehen; da die Bestimmtheit von den dagegen gleichgültigen Objekten keine eigentümliche Unterschiedenheit erhält und deswegen nur identisch ist, ist nur eine Bestimmtheit vorhanden; und daß sie doppelt sei, drückt eben diese Äußerlichkeit und Nichtigkeit eines Unterschiedes aus. Aber zugleich sind die Objekte selbständig gegeneinander; sie bleiben sich darum in jener Identität schlechthin äußerlich. – Es ist hiermit der Widerspruch vorhanden zwischen der vollkommenen Gleichgültigkeit der Objekte gegeneinander und der Identität der Bestimmtheit derselben oder ihrer vollkommenen Äußerlichkeit in der Identität ihrer Bestimmtheit. Dieser Widerspruch ist somit die negative Einheit mehrerer sich in ihr schlechthin abstoßender Objekte, – der mechanische Prozeß.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 6, Frankfurt a. M. 1979, S. 410-413.
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