B. Der mechanische Prozeß

[413] Wenn die Objekte nur als in sich abgeschlossene Totalitäten betrachtet werden, so können sie nicht aufeinander wirken. Sie sind in dieser Bestimmung dasselbe, was die Monaden, die eben deswegen ohne alle Einwirkung aufeinander gedacht worden. Aber der Begriff einer Monade ist eben darum eine mangelhafte Reflexion. Denn erstlich ist sie eine [413] bestimmte Vorstellung ihrer nur an sich seienden Totalität; als ein gewisser Grad der Entwicklung und des Gesetztseins ihrer Weltvorstellung ist sie ein Bestimmtes, indem sie nun die in sich geschlossene Totalität ist, so ist sie gegen diese Bestimmtheit auch gleichgültig; es ist daher nicht ihre eigene, sondern eine durch ein anderes Objekt gesetzte Bestimmtheit. Zweitens ist sie ein Unmittelbares überhaupt, insofern sie ein nur Vorstellendes sein soll; ihre Beziehung auf sich ist daher die abstrakte Allgemeinheit –, dadurch ist sie ein für andere offenes Dasein. – Es ist nicht hinreichend, um die Freiheit der Substanz zu gewinnen, sie als eine Totalität vorzustellen, die, in sich vollständig, nichts von außen her zu erhalten habe. Vielmehr ist gerade die begrifflose, bloß vorstellende Beziehung auf sich selbst eine Passivität gegen Anderes. – Ebenso ist die Bestimmtheit, sie mag nun als die Bestimmtheit eines Seienden oder eines Vorstellenden, als ein Grad eigener, aus dem Innern kommender Entwicklung gefaßt werden, ein Äußerliches; – der Grad, welchen die Entwicklung erreicht, hat seine Grenze in einem Anderen. Die Wechselwirkung der Substanzen in eine vorherbestimmte Harmonie hinauszuschieben heißt weiter nichts, als sie zu einer Voraussetzung machen, d. i. zu etwas, das dem Begriffe entzogen wird. – Das Bedürfnis, der Einwirkung der Substanzen zu entgehen, gründete sich auf das Moment der absoluten Selbständigkeit und Ursprünglichkeit, welches zugrunde gelegt wurde. Aber da diesem Ansichsein das Gesetztsein, der Grad der Entwicklung nicht entspricht, so hat es eben darum seinen Grund in einem Anderen.

Vom Substantialitätsverhältnisse ist seinerzeit gezeigt worden, daß es in das Kausalitätsverhältnis übergeht. Aber das Seiende hat hier nicht mehr die Bestimmung einer Substanz, sondern eines Objekts; das Kausalitätsverhältnis ist im Begriffe untergegangen; die Ursprünglichkeit einer Substanz gegen die andere hat sich als ein Schein, ihr Wirken als ein Übergehen in das Entgegengesetzte gezeigt. Dies Verhältnis hat daher keine Objektivität. Insofern daher das eine Objekt[414] in der Form der subjektiven Einheit als wirkende Ursache gesetzt ist, so gilt dies nicht mehr für eine ursprüngliche Bestimmung, sondern als etwas Vermitteltes; das wirkende Objekt hat diese seine Bestimmung nur vermittels eines anderen Objekts. – Der Mechanismus, da er der Sphäre des Begriffs angehört, hat an ihm dasjenige gesetzt, was sich als die Wahrheit des Kausalitätsverhältnisses erwies, daß die Ursache, die das Anundfürsichseiende sein soll, wesentlich ebensowohl Wirkung, Gesetztsein ist. Im Mechanismus ist daher unmittelbar die Ursächlichkeit des Objekts eine Nichtursprünglichkeit; es ist gleichgültig gegen diese seine Bestimmung; daß es Ursache ist, ist ihm daher etwas Zufälliges. – Insofern könnte man wohl sagen, daß die Kausalität der Substanzen nur ein Vorgestelltes ist. Aber eben diese vorgestellte Kausalität ist der Mechanismus, indem er dies ist, daß die Kausalität, als identische Bestimmtheit verschiedener Substanzen, somit als das Untergehen ihrer Selbständigkeit in dieser Identität, ein bloßes Gesetztsein ist; die Objekte sind gleichgültig gegen diese Einheit und erhalten sich gegen sie. Aber ebensosehr ist auch diese ihre gleichgültige Selbständigkeit ein bloßes Gesetztsein, sie sind darum fähig, sich zu vermischen und zu aggregieren und als Aggregat zu einem Objekte zu werden. Durch diese Gleichgültigkeit ebensowohl gegen ihren Übergang als gegen ihre Selbständigkeit sind die Substanzen Objekte.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 6, Frankfurt a. M. 1979, S. 413-415.
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