Viertes Kapitel (Fortsetzung des 59. Gegenstandes).

Von Ehesachen: Verlassen des Hauses. Begleitung auf dem Weg. Kurzes und langes Verreistsein.

[250] Für eine Frau, die das Haus ihres Gatten verläßt, beträgt die Strafe 6 paṇa, ausgenommen bei Mißhandlung; für eine, der es (vom Gatten) verboten worden ist,1 12 paṇa. Geht sie dabei nur in ein Nachbarhaus hinüber, dann 6 paṇa.A1

Wenn sie einem Nachbarn Gelegenheit schafft oder die Almosen eines Bettelasketen oder die Waren eines Händlers (zur Aufbewahrung) übernimmt, beträgt die Strafe 12 paṇa. Hat der Gatte ihr die Betreffenden ausdrücklich verboten, die erste Sāhasastrafe. Geht sie dabei in ein Nachbarhaus hinüber, dann 24 paṇa. Wenn sie der Gattin eines anderen Mannes Gelegenheit schafft, beträgt die Strafe hundert paṇa, außer in Fällen der Not.2 Hat sie es gewehrt oder nicht darum gewußt, dann ist sie schuldlos.3

»Wenn sie wegen Mißhandlung durch den Gatten4 zu den von einem guten Mann regierten Hause irgendeines der folgenden geht: eines Blutsverwandten [250] von ihrem Gatten oder eines Dorfvorstehers in gemächlichen Verhältnissen oder eines zu ihrem Schutz Verpfändeten (anvādhi) oder einer Bettelnonne oder eines ihrer eigenen Blutsverwandten, so ist das keine Sünde.« Also die Lehrer.

Einfach zu einem von einem Mann regierten Blutsverwandtenhause. Wozu die Wortgaukelei von einem guten Mann? Das ist leicht zu durchschauen. Also Kauṭilya.5

Bei Anlaß von Tod, Krankheit, Unglück oder Kindbett ist es (der Frau) völlig unverboten, ins Haus von Blutsverwandten zu gehen. Wer bei solchem Anlaß es ihr verwehrt, zahlt eine Strafe von 12 paṇa.6 Wenn sie sich dabei aber dort versteckt (also nicht wieder zum Gatten will), verliert sie ihr Frauengut, oder ihre Blutsverwandten den Rest des Kaufpreises, wenn sie sie verbergen.7 So viel vom Verlassen des Hauses.

Wenn sie des Gatten Haus verläßt und in ein anderes Dorf geht, eine Strafe von 12 paṇa und der Verlust des ihr Auszusetzenden und ihres Schmuckes.

[251] Geht sie aber in Gesellschaft eines Mannes, mit dem sie Geschlechtsumgang haben kann (der also kein näherer Verwandter ist), auf die Reise, eine Strafe von 24 paṇa und der Verlust aller religiösen und gesellschaftlichen Rechte, ausgenommen wenn sie Lebensunterhalt schaffen oder eine Pilgerfahrt machen will.8 Den Mann trifft da die niedrigste Sāhasastrafe, wo es sich um einen ihr gesellschaftlich gleich oder höher stehenden handelt; handelt es sich um einen unter ihr stehenden, die mittlere. Ein Verwandter (von ihr) ist straffrei. Hat ihn aber ihr Gatte ihr verboten, dann die halbe Strafe.

Wenn eine Frau auf der Straße oder mitten im Wald oder beim Besuchen eines heimlichen Ortes von einem Manne, der die Beiwohnung bei ihr begehrt, oder von einem Verdächtigen oder einem ihr Verbotenen im Gehen begleitet wird, so betrachte man dies als Ehebruch.9 Handelt es sich um Tänzer, Wandersänger, Fischer, Jäger, Rinderhirten und Schenkwirte (alles Leute), die ihre Frauen anderen zum Beischlaf überlassen, dann ist die Begleitung [252] auf der Straße keine Sünde (d.h. ihren Frauen darf man sich beigesellen.10 Wo es aber der Gatte verboten hat, da trifft auch da den Mann, der so eine mitführt, und die Frau, die selber mitgeht, die Hälfte dieser selben Strafen.

Soviel von der Begleitung auf der Straße (wörtlich: dem Nachlaufen auf dem Weg, pathyanusaraṇa).

Die Gattinnen von solchen Çūdras, Vaiçyas, Kshattriyas und Brahmanen, die auf kurze Zeit verreist sind (aber lange wegbleiben), sollen eine von einem Jahre immer um ein Jahr aufsteigende Frist warten, wenn sie keine Kinder haben; eine Frist, die über jene immer um ein Jahr hinausragt, wenn sie Kinder haben; immer doppelt solang als die jeweilige Wartezeit, wenn von ihren Gatten Vorsorge für sie getroffen worden ist. Ist von ihm keine Vorsorge für sie getroffen worden, dann sollen die Blutsverwandten (des Gatten), wenn diese in gemächlichen Umständen leben, sie höchstens vier oder acht Jahre lang erhalten. Dann sollen sie sie, nachdem sie ihnen (d.h. den Frauen alles, was ihnen (bei ihrer Hochzeit oder in der Ehe) geschenkt worden ist, genommen haben, freigeben (d.h. heiraten lassen).11

Auf den Brahmanen, der zum Studieren verreist ist, soll die Frau, die keine Kinder hat, zehn Jahre, die die Kinder hat, zwölf Jahre, auf den, der in Fürstendiensten steht, bis an das Lebensende warten. Und wenn sie dabei von einem Manne ihrer Kaste (oder Klasse, savarṇa) Kinder bekommt, soll sie keinen Tadel empfangen.12

Oder wenn ihr das Vermögen, den Haushalt zu bestreiten,13 mangelt, und sie von den in gemächlichen Umständen lebenden Verwandten im Stich [253] gelassen (oder freigegeben) wird, mag sie nach Wunsch sich verheiraten oder wenn sie ins Unglück geraten ist, um ihr Leben zu erhalten.

Eine Jungfrau (kumārī), die durch eine der frommen Heiratsarten (d.h. durch eine von den vier erstgenannten) gebunden (aber noch nicht heimgeführt ist), soll auf ihren Bräutigam-Gatten, falls er verreist ist, ohne ihr es anzukünden (wohl: wie lang er wegbleiben wolle), und man nichts von ihm hört,14 sieben Monatsflüsse warten; ein Jahr, wenn man von ihm hört. Auf einen, der verreist ist, nachdem er ihr es angekündigt hat, und von dem man nichts hört, soll sie fünf Monatsflüsse warten; zehn, wenn man von ihm hört. Auf einen, der einen Teil des Brautpreises bezahlt hat, soll sie drei Monatsflüsse warten, wenn man nichts von ihm hört; sieben Monatsflüsse, wenn man von ihm hört. Auf einen, der den ganzen Brautpreis gegeben hat, fünf Monatsflüsse, wenn man nichts von ihm hört; zehn, wenn man von ihm hört.15 Vom Ende dieser Fristen ab soll sie, von den bürgerlichen Richtern freigegeben, nach eigenem Wunsch heiraten dürfen. Denn die Unfruchtbarmachung des Monatsflusses ist ein Mord am heiligen Gesetz und an der Pflicht (dharmavadha).A2 Also Kauṭilya.A3

Die Gattin eines auf lange Zeit Verreisten, eines ins Büßertum Hinausgezogenen, oder eines Toten, soll sieben Monatsflüsse warten; ein Jahr, wenn sie Kinder hat. Dann mag sie zu einem leiblichen Bruder des Gatten gehen. Sind deren viele da, dann zu dem, der dem Gatten im Alter am nächsten steht, oder auch zu dem jüngsten, wenn er rechtschaffen ist und fähig, sie zu erhalten; oder zu dem, der keine Gattin hat.16 Ist auch kein solcher da, dann zu einem, der nicht ein leiblicher Bruder (des Gatten) ist, aber dessen Blutsverwandter durch das Totenopfer oder sein Familienangehöriger (kulya).17 Zu dem Nächststehenden unter diesen, und die Reihenfolge ist dieselbe (wie eben angegeben).

Wenn diese (Verwandten des Mannes) übergangen werden bei der Heirat oder bei der sonstigen geschlechtlichen Vereinigung,18 so verfallen der Buhle, die Frau, der Verheirater und der neue Gatte der Strafe für das Vergehen des Ehebruchs.19

Fußnoten

1 Lies pratishiddhāyā.


2 Wörtlich: »in Fällen von Unglück«, d.h. wo sonst ein Unglück geschehen könnte, wohl besonders ihr selber. Avakāçadāna in Zeile 13 hat jedenfalls dieselbe Bedeutung wie 230, 13, wo offenbar Gelegenheitsmacherei, Kuppeldienst damit gemeint ist. Danach muß auch avakāça in Zeile 10 verstanden werden; es ist = avakāçadāna, und vielleicht sollte man so lesen. Anyatrāpadbhyaḥ zwar würde besser passen bei der zunächstliegenden Übertragung: »Wenn sie einem Nachbarn (bzw. der Gattin eines andern) Unterkunft in ihrem Hause gewährt«. Aber woher sollte es dann so viel entsetzlicher sein, wenn sie eine Geschlechtsgenossin in ihr Haus aufnimmt? Für Gelegenheitsmacherei ist die weit strengere Strafe bei solcher Unterstützung einer Frau vollkommen begreiflich. Sodann kann sie nicht in die Nachbarschaft (parigṛiha »die Umhäuserschaft« oder nach B paragṛiha »andere oder anderer Häuser«) hinübergehen, um einen Mann in ihr eigenes Heim aufzunehmen! Endlich ist es doch des Gatten Sache, wenn einem Nachbarn Unterschlupf geboten werden soll.


3 Nirdoshaḥ = adoshaḥ ist kaum richtig. Man muß wohl nirdoshā lesen.


4 Dies ist der Sinn. Wahrscheinlich muß man pativiprakārāt statt des mir sonst unbekannten prativiprakārāt einsetzen.


5 Das einfache purushaṃ in Zeile 16 befremdet. Da muß etwas ausgefallen sein, und Kauṭilyas Einwand beweist diese Annahme. Mehrere Möglichkeiten einer Ergänzung bieten sich dar. Auf der Hand liegt, daß die Lehrer für die Keuschheit der Frau fürchten. Also setze ich, geleitet durch sādhvījanasya. sādhupurushaṃ ein. Sādhvī wäre da wegen der Unfähigkeit, den Text zu verstehen, zurechtgeballhornt worden. Dies ändere ich also in sādhujanasya. Vā stünde im Sinne von eva, wie sonst öfters. Aber natürlicher gäbe sich doch in seiner gewöhnlichen Bedeutung, und im Kauṭ. muß in zahlreichen Fällen das a privat. gesetzt werden, wo es fehlt, und getilgt werden, wo es dasteht. So bekämen wir anyatamam apurusham und könnten sādhvī stehen lassen. »Wenn sie wegen Mißhandlung durch den Gatten zum Hause (in die Familie) irgendeines ... ihrer eigenen Blutsverwandten, wo kein Mann da ist, geht, so ist das keine Sünde«. Oder zu einem Blutsverwandtenhause, wo ein Mann da ist. Weshalb denn der guten Frau gegenüber die Silbenstecherei! Die ist leicht zu durchschauen. In beiden Fällen hieße das also: Macht man solche Klauseln, dann muß das arme Weib immer bei ihrem brutalen Mann bleiben. Da hält man sie an solchen Buchstabenvorwänden fest. Textkritisch ist die zweite Besserung vorzuziehen. In der Sache erregt sie dies Bedenken: Wo sollte denn in Indien ein kula (Haus, Haushalt, Familie) ohne Mann (apurusha) herkommen? Zwar hören wir bei Kauṭ. ja von selbständig lebenden Witwen. Aber die waren kaum zahlreich. Und denken die Lehrer an so ein Haus, weshalb dringen sie dann darauf, daß es das Haus eines wohlhabenden Dorfvorstehers oder eines Mannes sei, der sowieso die Angelegenheiten der Frau zu besorgen hat? Solche näheren Bestimmungen sind ja dann vollkommen unsinnig, so sehr man auch zugeben muß, daß ein überhaupt mannloses Haus dem Anstand und der Keuschheit am förderlichsten wäre. Kauṭilyas sapurusha dagegen ist einfach ein ärgerlicher Ausruf: »Laßt nur ins drei Teufels Namen einen Mann da sein! Ihr habt ja nur Kniffe (chala) im Sinn.« Chala bedeutet nämlich bei Kauṭ. betrügerischer Kniff, Wortgegaukel usw. wie, 161, 11; 200, 2; 222, 17 zeigen.A4


6 Weniger wahrscheinlich: »Wer solchen Anlaß nicht gelten läßt«. Kindbett wird auch die Niederkunft der Frau selber einschließen. Diese findet in gewissen Fällen unter dem väterlichen Dache statt.


7 Tratrāpi: »sogar dabei, sogar in diesem Fall« (sie ist strafbar, wenn sie die Gelegenheit mißbraucht).


8 Tīrthagamana der Besuch heiliger Badeplätze, Wallfahrt. Freilich ist auch in Altindien das Verbot des Wallfahrens für die Frau da. Siehe Weib im altind. Epos S. 259 Anm. Trotzdem sind natürlicherweise noch heute unter den Wallfahrern die Frauen viel zahlreicher als die Männer. Krupabai Sathianadhan, Kamala. Eine Geschichte aus dem Hinduleben. Leipzig 1898, S. 107 ff Aber die von Sham. in seiner Übersetzung angeführte Glosse wird Recht haben. Danach wäre tīrthagamana = ṛitugamana der Besuch des Weibes durch den Gatten in der zum Beischlaf besonders geeigneten Zeit. Vgl. 153, 16, 17; 159, 5 ff.; die Nachträge; Weib im altind. Epos bes. S. 162 ff. Mithin muß wahrscheinlich übersetzt werden: »oder wenn der Gatte wegen der Menstruation ihr beiwohnen muß«. Der Mann wäre da also nicht daheim und sie zöge zu ihm, damit die kostbare Zeit genutzt werde; denn Vogelpost, den Samen des Mannes da zu überbringen, wie in jener Geschichte des MBh. (Weib im altind. Epos S. 168 f.), ist selten zur Hand.A5 Statt papīyasoḥ ist pāpīyasaḥ und statt bharmadāna- vielleicht bharmādāna- zu lesen: »ausgenommen, wenn sie Lebensunterhalt in Empfang nehmen will«. Da in Altindien die Bezahlung in Naturalien das Alltägliche ist, so muß natürlicherweise die Frau, deren Gatte z.B. wo anders arbeitet, selber nicht nur die eheliche Gebühr, sondern auch ihr Essen bei ihm abholen. Was den Verlust der religiösen und gesellschaftlichen Rechte (sarvadharmalopa) betrifft, so werden wir durch Parāçara 10, 26–30 belehrt: »Wenn aber eine Brahmanin in Begleitung eines fremden Mannes geht, ist sie von der heiligen Überlieferung als Verlorene bezeichnet worden; sie kann nicht wiederkehren. Wenn aber eine aus Liebe, aus Verblendung davongeht, indem sie Verwandte, Kinder und Gatten verläßt, ist sie eine Verlorene in jener Welt, besonders aber unter den Menschen«. Vor allem natürlich ist sie von den religiösen Werken und Verrichtungen ihres Gatten ausgeschlossen. Vgl. zu diesem Abschnitt auch Manu VIII, 354 ff.


9 Vyantara, das hier wohl höchstens Zwischenraum bedeuten könnte, kenne ich nicht. Etwas anderes ist das Vyantara der Jaina. Wahrscheinlich muß man einen Ausfall annehmen und aṭavyantare lesen, das zu Manu VIII, 356 stimmt und offenbar auch Sham. bei seiner Übersetzung vorgelegen hat. Ob aber damit der Text vollständig wird, ist noch sehr die Frage; denn man erwartet ein vā. Also vielleicht gūḍhadeçe vābhigamane oder gar abhigamanena (das letztgenannte am Ende auch wenn man gūḍhadeçābhigamana beibehält). Dann wörtlich: »Auf Grund des um des Beischlafs willen geschehenden Hingehens (zu einem Mann) auf der Straße (auf die Straße), mitten in den Wald oder zu einem verborgenen Ort, oder auf Grund der auf dem Wege erfolgenden Begleitung durch einen verdächtigen oder ihr verbotenen Mann erkenne man Ehebruch (nehme man Ehebruch an).« Vgl. auch Weib im altind. Epos S. 188 Anm.A6


10 Es ist natürlich prasṛishṭastrīkāṇāṃ zu lesen. Vgl. Weib im altind. Epos, bes. S. 98, Anm. 2.


11 Die kinderlose Çūdrafrau des Verreisten soll also ein Jahr warten, die Vaiçyā ohne Kinder zwei, die Kshattriyā drei, die Brahmanin vier. Haben sie aber Kinder, dann die Çūdrā zwei Jahre, die Vaiçyā drei, die Kshattriyā vier, die Brahmanin fünf. Das stimmt so einigermaßen mit den Regeln der Rechtsliteratur, vollkommen freilich mit keiner einzigen Smṛiti. Siehe Weib im altind. Epos 304, Anm. 1. Darum auch am Ende: »Also Kauṭilya«. Manu X, S. 74 heißt es: »Hat ein Mann ein Geschäft auszuführen, dann soll er erst verreisen, nachdem er für den Lebensunterhalt seiner Gattin gesorgt hat. Denn wenn diese wegen Mangel an Lebensunterhalt Not leidet, wird sogar die anständige schlecht.«


12 Nach Sham. gehört da der Betreffende demselben gotra oder Vatersgeschlecht an und ist ihr zweiter Gatte. Solch eine zweite Ehe aber ist allem Anschein nach bloß in die Stelle hineinexegesiert. Ja, sie widerspricht wohl Kauṭ.'s eigenen Worten. Gibt er doch ausdrücklich solche Bestimmungen nur für den Fall, wo der Gatte auf lange Zeit verreist, die Frau aber rasch wieder verheiratet wird. Auch savarṇa hat nicht die hier angenommene Bedeutung. Freilich könnte dabei für diese Auslegung auf mehreres in der Smṛiti hingewiesen werden. Das Weib aber ist zum Gebären da und muß versuchen, Kinder zu bekommen. So findet es Devayānī, die Brahmanentochter, MBh. I, 83, 1–8 ganz in der Ordnung, daß sich ein Mädchen von einem vorzüglichen Brahmanen (oder: von einem Brahmanen als dem vorzüglichsten Manne) Kinder machen lasse; ähnlich wie im 3. Kap. des 3. Buchs von Malorys Morte d'Arthur erklärt wird, es sei keine Schande, wenn ein Mädchen von einem tüchtigen Manne ein Kleines kriege (ed, Strachey, London 1906, p. 66).A7


13 Kuṭumba »Haushaltung« ist sogar auch = Hausvermögen, Haushaltungsgeld (Manu IX, 199).


14 Man muß natürlich açrūyamāṇaṃ lesen.


15 Die Kaufehe gehört ja nicht zu den frommen (dharmavivāha). Sie wird nicht einmal so hoch gewertet, wie die ohne Wissen der Angehörigen geschlossene Liebesheirat. Im Leben freilich war sie die gewöhnlichste und eine völlig unverfängliche Form.


16 Oder: »zu dem (dem Gatten im Alter) am nächsten stehenden, oder dem frommrechtschaffenen oder dem zu ihrer Ernährung fähigen oder auch zu dem jüngsten, wenn er noch keine Gattin hat.«


17 Lies kulyaṃ und vgl. 163, 14–15. Verwandtschaft durch das Totenopfer oder Sapiṇḍaschaft gründet sich auf das Anrecht an die Manenspenden und auf die Pflicht, sie darzubringen. Sie erstreckt sich durch sieben Geschlechter und umfaßt in aufsteigender Linie Vater, Großvater, Urgroßvater, in absteigender Sohn, Enkel, Großenkel; manchmal auch noch weitere Verwandte. Siehe Jolly, Recht und Sitte S. 85.


18 Wörtlich: »Zeugungswerk« (jātakarman, vgl. das engl. the act of kind).


19 Betreffs der Wiederverheiratung der Witwe und der Gattin des Verschollenen siehe Weib im altind. Epos S. 304, Anm. 1. Die Wiederverehelichung der Witwe erscheint z.B. auch MBh. III, 227 als das Natürliche. Nach Mahānirvāṇat. XI, 55 ff.; 67 soll freilich nur die Mädchenwitwe wieder verheiratet werden, die wirkliche ein keusches, strenges Leben führen. Sogar bei demselben Schriftsteller aber finden sich freiere und strengere Lehren nebeneinander. So heißt es sogar noch Parāçara IV, 28 ff.: »Wenn der Gatte tot, verschollen, Mönch geworden, impotent oder aus der Kaste gestoßen ist, soll die Frau einen anderen Mann heiraten. Sehr groß aber ist der Lohn, wenn sie nach dem Tod des Gemahls der Keuschheit lebt oder gar sich mit ihm verbrennt. Da wird sie ihren Ehegefährten aus der Hölle erlösen und so viele Jahre im Himmel mit ihm leben, als Haare am menschlichen Körper sind.« Verschollen ist Nala noch kaum drei Jahre, und doch erscheint es als selbstverständlich, daß Damayantī sich einen zweiten Gatten sucht, obwohl sie Kinder hat (MBh. III, 76, 37, 51; vgl. 71, 6–7). Eine »Selbstwahl« der Frau des Verschollenen haben wir auch Chavannes, Cinq cents contes II, 398 ff. Sonst freilich hat man es mit dem armen Verschollenen kaum so eilig. Zwölf Jahre billigt ihm Mahānirvāṇat. XII, 83 f. zu. Hat man zwölf Jahre lang von einem nichts mehr gehört, dann soll man ein Kuçagrasbild von ihm machen und verbrennen, drei Tage die Pflichten der Unreinheit beobachten und ihn durch die Totengebräuche vom Preta- oder Gespensterdasein erlösen (vgl. aber 87). Aus Palāçastielen wird die Figur gemacht bei Caland, Die altindischen Toten-oder Bestattungsgebräuche 1896, S. 88. Kehrt solch ein endgültig Abgetaner nun aber doch wieder, so muß er trotz des ungläubigen Ausrufs des Nikodemus »wieder in der Mutter Leib gehen und wieder geboren werden«, wenn auch nur in symbolischer Form, und sogar mit seiner rechtmäßigen Frau aufs neue die Ehe eingehen. Caland, a.a.O. S. 89; Zachariae, Ztschr. d. Vereins f. Volksk., Bd. 20, S. 141 ff. (= Kleine Schriften 245 ff.)


A1 Gaṇ. hat ebenfalls pratishiddhāyāṃ, verstellt es aber genau wie ich mein pratishiddhāyā. Solch ein Loc. zwischen zwei Gen. aber wäre hier so gut wie ausgeschlossen. Im nächsten Abschnitt macht sich der Wechsel zwischen Gen. und Loc. weit natürlicher. Mit pratishiddhāyāṃ muß man übersetzen: »Ist die Frau (zu der sie läuft) ihr verboten.«


A2 Ebenso ernst N. in ähnlichem Zusammenhang: Etat kāryaṃ Prājāpatyam »Hier handelt es sich um das Werk des Zeugungsgottes«, also um eine sehr wichtige Sache.


A3 Wegen der Wiedervergebung eines Mädchens siehe Weib 46 bis 50, besonders 48, Anm. 5. Nach MBh. VII, 55, 15–16 sind eben sieben Dinge nötig, ein Weib wirklich zur Gattin zu machen (dāralakshaṇa, wie man mit K. und N. XII, 3 lesen muß): Der Wille des Freiers, seine Werbung (vāc), der Entschluß, ihm das Mädchen zu geben, die Verabredung der beiden Parteien (saṃbhāshā), die wasserbegleitete Schenkung, die heiligen Sprüche bei der Handergreifung und die sieben Schritte, und erst die sieben Schritte sind entscheidend (nishṭhā). N. XII, 2–3 lehrt: Zweierlei gehört zur Heirat: die Werbung und die Handergreifung. Aber erst die mantra bei der Handergreifung sind endgültige Beglaubigung der Ehe (dāralakshaṇa). Vorher darf und soll das Verhältnis gelöst werden, wenn Fehler an den Tag kommen.


A4 Gaṇ. hat apurusha, sonst aber denselben Text wie Sham. Seine Erklärung ginge sprachlich schon an, in der Sache aber gar nicht. Wegen chala vgl. N. Einleit. II, 25, wo vākchalena bleiben muß: »Bei allen Prozeßsachen verliert man, wenn man Wortgegaukel (Trug in Worten) übt. Wo es sich aber um Vieh, Weib, Land oder Einziehung von Schulden handelt, da verliert man seine Sache (oder: sein Gut) nicht, wenn man auch (wegen solcher Finten) strafbar wird.« Die Erklärungen des Schol. sind ein Unrecht an N. Und weshalb sollte jemand durch »verbal error« punishable werden. Vgl. Çukran. IV, 5, 325 f. u. Y. II, 19. Dagegen heist chala in N. Einleit. I, 29 wirklich Irrtum, dann Trugschluß, verkehrte Auffassung und Entscheidung durch den Richter.


A5 Dieselbe Bedeutung hat tīrthagamana, zu dem man besonders Nītiv. 89, 6–90, 1 vergleiche, in der von den Indern und von Bühler mißverstandenen Stelle Vas. XXI, 9: Vyavāye tīrthagamane dharmebhyas tu nivartate. Die Frau, die körperlichen Ehebruch begangen hat, wird in der von sūtra 8 vorgeschriebenen Weise wieder rein. »Hat sie aber während der Zeit, wo der Gatte ihr wegen des ṛitu hätte beiwohnen sollen, fleischlichen Umgang (mit einem andern) gehabt, dann geht sie aller gesellschaftlichen und religiösen Rechte verlustig.« Wenn in jener Zeit das Weib dem Gatten sein für diese und für jene Welt so wichtiges Alleinrecht verkürzt, dann ist das besonders schlimm. Siehe Weib 92. So erzählt Brantome von Frauen, die so gewissenhaft sind, daß sie sich dem Galan nur während der Schwangerschaft hingeben, Dames gallantes ed. du Panthéon S. 267b. Vgl. auch Vas. XXI, 12, wo freilich ein anderer Gesichtspunkt hinzukommt. Für »Besuch der hl. Badestellen« finden wir in Vish. XXXV, 6 und XXXVI, Stīrthānusāraṇa.


A6 Nach Gaṇ. wäre vyantara = mārgavidūrāvakāça »eine Stelle weit weg von der Straße«. Vorläufig glaube ich nicht daran.


A7 Vas. XVII, 77 lautet: »Wenn der Gatte wegen religiöser oder weltlicher Zwecke verreist, und die Gattin ist damit nicht einverstanden, dann mag sie gegen ihn wie gegen einen Toten verfahren.« Das heißt der Frau viel Gewalt in die Hand geben! Dennoch scheint mir die bisherige Auffassung, nach der wie im vorhergehenden sūtra von des Weibes Reise zu dem fernen Gemahl die Rede wäre, nicht richtig zu sein. Dann hätten wir wohl gamanam statt pravāsaṃ. Dieses entspricht natürlicherweise dem vorhergehenden proshita.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 250-254.
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