Neuntes Kapitel (116. Gegenstand).

Abkommen, um einen Freund zu erhalten, und Abkommen, um Geld zu erhalten.

[447] Bei einem Feldzug von Verbündeten1 ist von diesen Gewinnen: Freund, Geld und Land immer der nachfolgende der beste. Denn Freund und Geld werden einem durch den Gewinn von Land zuteil, und der Freund durch Geldgewinn.2 Oder auch der Gewinn ist der beste, der, wenn er selber zustande gekommen ist, irgendeinen von den beiden übrigen herbeiführt.3

[447] »Wir beide, du und ich, wollen einen Freund gewinnen«, ein Bündnis, das mit solchen und ähnlichen Bedingungen geschlossen wird, ist ein gleiches Bündnis. »Du sollst einen Freund gewinnen«, eins, das mit dieser und ähnlichen Bedingungen eingegangen wird, ist ein ungleiches Bündnis.A1 Dadurch, daß man bei den zweien einen vorzüglicheren gewinnt, wird es ein Überbündnis (zugleich: ein Bündnis, bei dem man den anderen übervorteilt). Wer aber bei einem gleichen Bündnis einen vollkommenen Freund oder da, wo es schwierig ist, einen Freund zu finden und zu behalten (d.h. in der Not)4 einen Freund bekommt, der hat den Vorteil. Denn das Unglück erzeugt Festigung der Freundschaft.

Wo man aber um Freunde verlegen ist (d.h. in der Not), ist da besser ein beständiger, aber einem nicht zu Willen seiender (also ein nicht immer dienstbereiter) Freund, oder ein nicht beständiger, aber einem zu Willen seiender?

»Ein beständiger, wenn auch nicht zu Willen seiender, ist besser; denn wenn er einem auch nicht nützt, schadet er einem doch nicht«. So die Lehrer.

Nein, also Kauṭilya. Ein immer dienstbereiter, wenn auch nicht beständiger, ist besser; insoweit und solange einem ein Freund nützt, insoweit und solange ist er ein Freund. Nützen ist das Merkmal des Freundes.

Ist von zweien, die einem zu jedem Dienst bereit sind, derjenige besser, der großen Nutzen gewähren kann und nicht beständig ist, oder der, der geringen Nutzen bringt und beständig ist?

»Der zu großem Nutzen fähige und nicht beständige ist besser; der zu großem Nutzen fähige und nicht beständige bringt in der kurzen Zeit (die er einem zur Seite steht) große Hilfe und trägt bedeutende Ausgabenposten ab«.5 So die Lehrer.

Nein, also Kauṭilya. Ein beständiger, der geringen Nutzen gewährt, ist besser. Der zu großem Nutzen fähige und, nicht beständige geht aus Angst, für einen etwas tun zu müssen davon. Oder tut er etwas für einen, dann ist er darauf aus, es zurückzubekommen. Der beständige nur wenig [448] nützende hilft, indem er fort und fort ein wenig hilft, im Laufe langer Zeit viel.

Ist besser ein schwerfällig in Aktion tretender großer Freund oder ein mit rascher Leichtigkeit in Aktion tretender kleiner?

»Der schwerfällig handelnde große (mächtige) Freund verschafft ein hohes Ansehen,6 und wenn er sich zum Handeln erhebt, dann bringt er das Werk zustande.« So die Lehrer.

Nein, also Kauṭilya. Ein mit rascher Leichtigkeit handelnder kleiner Freund läßt die richtige Zeit für das Werk nicht vorüberhuschen, und wegen seiner Schwäche kann man ihn nach Wunsch ausnützen. Nicht aber steht es so bei dem anderen mit seinem ausgedehnten und weit entfernten Ländergebiet.7

Ist besser ein aufgelöstes (beurlaubtes) Heer oder ein unfolgsames Heer?

»Ein aufgelöstes (vikshipta) Heer kann wegen seiner Folgsamkeit wieder zusammengezogen werden.« So die Lehrer!

Nein, also Kauṭilya. Ein unfolgsames Heer ist besser. Denn ein unfolgsames kann durch Freundlichkeit und die anderen Mittel folgsam gemacht werden, nicht aber kann das andere, wo jeder durch seinen Beruf anderweitig in Anspruch genommen ist, (rasch genug) wieder zusammengezogen werden.A2

Ist besser ein Freund mit reichem Besitz an Mannen oder einer mit reichem Besitz an Geld?8

»Der Freund mit Besitz an Mannen ist besser; denn er verleiht hohes Ansehen (Prestige, pratāpa). Und wenn er sich erhebt, dann bringt er das Werk zustande«. So die Lehrer.

Nein, also Kauṭilya. Ein Freund mit Geldbesitz ist besser. Denn Geld braucht man immer, nur manchmal ein Heer;9 und ein Heer, sowie andere Wünsche, erlangt man durch Geld.

Ist besser ein Freund mit Reichtum an Geld oder mit Reichtum an Land?

[449] »Ein Freund mit Geldreichtum. Der besorgt wegen seines Reichtums an Mitteln die Bestreitung aller Ausgaben«.10 So die Lehrer.

Nein, also Kauṭilya. »Denn Freund und Geld werden einem durch Landgewinn zuteil«, ist schon vorher gesagt worden. Deshalb ist ein Freund mit Reichtum an Land und Hilfeleistung durch dieses besser.

Wo der Reichtum an Mannen und die Hilfe durch sie gleich ist, da hat man dann am meisten von der Schar der Freunde, wenn die Mannen tapfer sind, fähig, Mühsale zu ertragen, treu ergeben oder von allen Truppengattungen genommen werden können.11

Wenn der Besitz an Geld und die Hilfe mit Geld gleich ist, dann liegt der größte Vorteil darin, daß die Dinge, die man braucht, einem zu Gebote stehen, daß genug da ist, daß man wenig Mühe aufwenden muß (das Nötige zu bekommen) und daß die Mittel ständig fort fließen.12

Hier gilt das Folgende:

Sechs Eigenschaften hat ein vollkommener Freund, wie man sagt; (er ist): beständig, immer dienstbereit, mit rascher Leichtigkeit auf dem Plan, von Vater und Großvater her ererbt, mächtig und ohne Falsch.

Ein Freund, der ohne eigenen Nutzen, aus Liebe geschützt wird und schützt, und bei dem das Band der Zugehörigkeit von früheren Zeiten her stark geworden ist, wird ein beständiger Freund genannt.A3

Der einem willig zu Dienst stehende Freund ist, wie man sagt, von dreierlei Art, 1. der mit allem nützt oder hilft, 2. der mit mannigfachem (Kriegsbedarf) nützt, 3. der gewaltig nützt; und andererseits (wieder von dreierlei Art: 1. der nach einer Richtung nützt, 2. der nach zwei Richtungen nützt, 3. der nach allen Richtungen nützt.13

Ob er nun bloß an sich nehme oder auch gebe, er lebt unter schädigender Feindseligkeit gegen die Feinde und zieht sich (wenn [450] er bedrängt wird) in Festung oder Waldwildnis zurück – das ist ein beständiger, aber nicht immer dienstbarer Freund.14

Wenn er von anderswoher bekriegt wird oder auch nur in ein geringes Unglück gerät, dann schließt er ein Bündnis,A4 damit man ihm selber helfe – das ist ein williger, aber unsicherer Freund.

Er ist durch gleichen Vorteil und Nachteil an einen gebunden, er nützt, er ändert sich nicht, er hat das Wesen des Freundes (taugt zum Freunde) – das ist der Freund ohne Falsch in der Not.

Seiner Freundesgesinnung nach ein bleibender Freund, aber schwankend, weil er mit dem Feind gemeinsame Interessen hat, gegen keinen von den zweien gleichgültig – das ist der auf beiden Achseln tragende.15

Der dem Eroberer (im Herzen) feindlich Gesinnte, der aber, weil dieser ihn in der Zange hält, sein Bundesgenosse (Freund) ist, gibt sich entweder dazu her zu nützen oder, wenn er es sich leisten kann, nützt er nicht.

Ein Freund, der einem (wohl) Beistand leistet, aber dem Feinde lieb, schützens- und ehrenswert oder gar sein Verwandter ist, das ist einer, den man mit dem Feinde teilt.

Einer mit ausgedehntem und weit weg gelegenem Landbesitz, zufrieden, mächtig und faul, das ist ein gleichgültig abseits Sitzender und wird im Unglück verachtet.16

Einen, der sich aus Schwäche (je nachdem es ihm nützt) der angewachsenen Macht des Feindes des Eroberers oder der des Eroberers nachschmiegt, sogar mit beiden unverfeindet, erkenne man als einen, der auf beiden Achseln trägt.17

[451] Wer einen Freund, der mit gutem Grund oder ohne guten Grund (je nachdem es ihm in den Sinn kommt) abfällt und mit gutem Grund oder ohne guten Grund wieder herbeigelaufen kommt, ruhig hinnimmt, der umarmt den Tod.

Was ist besser: rasch ein kleiner Gewinn oder langsam ein großer? »Rasch ein kleiner Gewinn, der dem Ort und der Zeit des Unternehmens entspricht,18 ist besser«. So die Lehrer.

Nein, also Kauṭilya. Langsam (nach längerer Zeit) ein nicht wieder dahinfallender, einem (emporsprossenden) Samenkorn gleich gearteter großer Gewinn ist besser. Beim Gegenteil aber der erstgenannte (d.h. wenn der langsam kommende große Gewinn doch nur flüchtig wäre oder nicht weiteren Vorteil hervorbrächte, dann besser ein rascher kleiner Gewinn).

Nachdem er so in dauerndem Gewinn oder Gewinnanteil dessen vorzügliche Folgen gesehen hat, ziehe er, verbündet mit den Alliierten, einzig bedacht auf die Erreichung seiner eigenen Ziele, seinen Weg dahin.19

Fußnoten

1 Saṃhitaprayāṇa. Die Verbündeten sind hier jedenfalls wie im 6. Kap., beim saṃhitaprayāṇika, zunächst der Eroberer und sein Nebenbuhler (ari). Daß aber das in diesem Kapitel Vorgetragene auch die Allianz (samavāya) mit mehreren einschließt, zeigt deutlich die Schlußstrophe.


2 Dagegen Kām. X, 32: »Wichtig ist Reichtum, wichtiger als er der Freund, wichtiger als dieser Land. Vom Land (Gebietsfülle) stammen alle Machtäußerungen und von diesen die Scharen der Verwandten und Freunde«.A5


3 Der Text selber zeigt durch sein – lābhāt, daß dahinter ein Punkt zu setzen und mithin mitraṃ statt mitra – zu lesen ist. Çaṅk. zu Kām. X, 32 hat nun in der Tat diesen Text. Ganz logisch freilich ist so die Geschichte nicht. Denn wenn erklärt wird: »Durch Geld bekommt man den Freund«, so kann nicht fortgefahren werden: »Wenn man durch Geld einen Freund erhält, so ist Geld besser«. Ich möchte also lieber den Text für richtig halten nur mit der Änderung von – lābhāt in lābhād: »Von den Gewinnen: Freund und Geld ist der Gewinn, welcher, wenn zustande gekommen, irgendeinen von den zwei übrigen herbeiführt, der beste«. Oder: »Welcher durch die Erlangung von Freund oder von Geld zustande gekommene Gewinn irgendeinen von den beiden übrigen (d.h. übrigen, nachdem ›Land‹ ausgeschieden ist) herbeiführt, der ist der bessere.« Grammatisch vgl. zu der ersten dieser zwei Auslegungen den Abl. 292, 18, statt des zu erwartenden Gen., den wir in 14 wirklich haben. Hier wäre lābhayor zweideutig gewesen. Da würde also zuerst das Land reinlich für sich herausgehoben als das unter allen Umständen beste, und der Rangstreit zwischen Freund und Geld dahin entschieden: »Gewinnt man mit dem Geld auch einen Freund, dann ist Geld besser. Gewinnt mit man dem Freund auch Geld, dann strebe man nach dem Freund«. Jetzt aber hebt sich der erste kategorische Satz empor, und die Logik verfliegt wieder in alle Winde. So läßt man es wohl doch lieber bei mitraṃ hiraṇyalābhāt bewenden, und versteht die Sache im letzten Satz so: »Oder auch der Gewinn (unter allen dreien) ist der beste, der, wenn er erlangt worden ist, irgendeinen (beliebigen, gerade nötigen) von den zwei anderen herbeiführt«. Da wäre also çeshayor anyataraṃ letzten Endes = çeshau. Daß çreyān oder sa çreyān zu ergänzen ist (hinter sādhayati), erhellt aus dem Kontext. Wirklich dazustehen braucht es keineswegs, und Çaṅk., der aus dem Gedächtnis zitiert, kann es auch eingefügt haben. Mithin sollte man auch hier nicht den Text nach dem Kommentatorenzitat zurechtrücken.


4 Mitrakṛicchra »Verlegenheit wegen eines Freundes«, wie arthakṛicchra Verlegenheit wegen einer Sache, schwierige Sache, schwierige Lage (28, 7; 240, 5; Rām. II, 100, 22 usw.). Das folgende āpad zeigt, daß kṛicchra in mitrakṛicchra = Unglück, schlimme Lage ist.


5 Wörtlicher: »Hilft bedeutenden Ausgabenveranlassungen« oder: Ausgabestellen, Ausgabeneinzelheiten ab, bestreitet sie. Vgl. 289, 10; 294, 6ff.; 309, 17–20.


6 Gibt einem »Prestige« (pratāpa).


7 Wohl kaum nur: »seinem weitentlegenen, weit entfernten« (prakṛishṭa). Beides kommt etwa auf das gleiche hinaus. Weil er ein großes Reich hat, ist ein großer Teil auch für ihn selber so weitentlegen, daß er von dorther seine Kampfmittel nicht rasch genug beitreiben kann. Immerhin aber scheint vor allem auch an die größere oder geringere Entfernung des Freundes, also die größere und geringere Leichtigkeit, Hilfe zu bringen, gedacht zu sein. Wegen mahat vgl. 309, 19; Ram. VI, 111, 48.


8 Oder vielleicht besser: »ein Freund, der durch seine Mannen Nutzen gewährt«, bzw. »der durch sein Geld Nutzen gewährt«. Vgl. 289, 10ff. Demgemäß auch im Folgenden: »ein Freund, der durch Geld Nutzen gewährt (mit Geld hilft) oder ein Freund, der durch (Überlassung von) Land Nutzen gewährt (Hilfe leistet)«.


9 Wörtl.: »Beständig ist die Verbindung mit Geld (also die Abhängigkeit von ihm)«. Oder: »Fortdauernd ist Unternehmung um Geld«, d.h. solche, die mit Geld betrieben wird.


10 Lies gatimattvāt (reich an Zuflucht, reich an Mitteln und Wegen usw.) oder ṛiddhimattvāt. Vielleicht aber ist matimattvāt noch besser: »der wird auf die Fülle der Klugheit hin (d.h. wenn die Sache klug gedeichselt wird, wenn nur ein Kluger die Sache führt und ihn übertölpelt) alle Ausgaben bestreiten«.


11 D. h. wenn die Hilfstruppen, die man vom Freunde bekommt, nicht etwa nur aus Waldstämmen oder herübergenommenen Feinden bestehen. Wörtl.: »Da besteht der Vorzug (der größte Vorteil), den man vom Freundegeschlecht hat, in Heldenmut ... und der Gewinnung von allen Truppengattungen«.


12 Ich lese sātatyaṃ ca. Zwar scheint es nach -āc ca und dem mitrakulāt des vorhergehenden Satzes, als ob das freilich an sich entbehrliche, wenn auch in Gedanken zu ergänzende mitrakulāt hinter sātatyaṃ ausgefallen wäre.


13 Von Kauṭ. selber erklärt im 16. Kap. dieses Buches (309, 17–310, 3).


14 Das ist allem Anschein nach ein eigenwilliger, freiheitliebender Fürst oder Häuptling, der leichtbeschwingt in einer Art Kleinkrieg wohl dem Feinde des »Eroberers« zusetzt, aber dabei hauptsächlich seinen eigenen Eingebungen folgt. – In den zwei vorhergehenden Strophen muß man ekārthānarthasaṃbandham, (oder -saṃbaddham) und svopakārāya lesen.


15 Wörtl.: »gegen die zwei (den Eroberer und seinen Nebenbuhler) zu beidem fähig« (Freund und Feind zu sein). Da hätten wir also einen, der gern ein ganzer Freund wäre, aber es auch mit dem Widersacher des Eroberers nicht verderben darf, da seine Interessen vielfach an jenen gebunden sind.A6


16 Wörtl.: »wegen des Unglücks«, weil er da nämlich keinen Finger für einen rührt. Vgl. 318, 9–10. Nach dieser Stelle scheint es, als müsse man avimānitam lesen »durch Unglück (wenn man ihn ins Unglück, in Krieg mit anderen stürzt) wird er seines verachtungsvollen Wesens gegen andere, seiner selbstgenügsamen Mißachtung anderer ledig« (das possess. wohl eher von a + vimānitā als von a + vimānita). D. h. dann wird er gefügig, sucht Hilfe und leistet solche später selbst. Da käme auch der Abl. mehr zu seinem natürlichen Rechte.


17 Aus dieser Wiederholung (ubhayabhāvi tat) scheint hervorzugehen, daß von 289, 18 bis 290, 8 nur verschiedene Arten des »auf beiden Achseln tragenden Freundes« aufgeführt werden.


18 D. h. durch den das Unternehmen gefördert wird, weil unter den obwaltenden Zeit- und Ortsumständen dieser kleine Gewinn dazu angetan ist, viel zu nützen. Die Lesart saṃpādaka hieße wohl dasselbe wie saṃvādaka: »durch die Orts- und Zeitumstände das Unternehmen zustandebringend (fördernd)«. Oder: »das Unternehmen durch den günstigen Ort und die günstige Zeit zustandebringend«.


19 Oder: »ins Feld« (gegen den Feind).


A1 Ein gleiches Bündnis hat folgende Bedingungen: Du und ich wollen einen Freund gewinnen. Oder: Du und ich wollen Geld gewinnen. Oder: Du und ich wollen Land gewinnen. Ein ungleiches Bündnis hat diesen Inhalt: Du gewinnst einen Freund, ich Land! Oder: Du gewinnst Geld, ich Land! Usw. So Gaṇ. Das ergibt also offenbar sechs Arten von ungleichem Abkommen; macht neun in allem.


A2 Oder nach der anderen Auffassung von vikshipta, die von Gaṇ. vertreten wird: »Ist besser ein zerstreutes (d.h. dahin und dorthin auf Kriegszüge ausgesandtes) Heer oder ein unfolgsames Heer? Ein zerstreutes Heer kann« usw. Dann in 18–19: »wo jeder Teil von seiner Aufgabe festgehalten wird.«


A3 Aus Kauṭ. schreibt auch hier Nītiv. 85, 13 ab.


A4 Der sahārtha oder dasselbe Ziel verfolgende Freund eröffnet den Reigen der fünf Arten von Freunden in MBh. XII, 80, 3ff. Die vier anderen sind: bhajamāna »der liebende«, nach Nīl. der Freund von Vater und Großvater her; der angeborne, d.h. der Verwandte, wie z.B. der Bruder der Mutter, der Schwestersohn der Mutter usw.; der erworbene; der nur dem sittlich Guten ergebene (dharmātman). Da der letztgenannte unbedingt zu niemand steht als zum sittlich und religiös Guten, so ist er unzuverlässig. Am besten, wenn auch noch immer nicht felsentreu, sind der bhajamāna und der sahaja. Die Çukran. erklärt: »Für einen König gibt es keinen Freund, und ein König ist niemandes Freund« (IV, I, 18). In der Politik gibt es eben nur eins: den Vorteil und – die Erbärmlichkeit des Menschen.


A5 Nītiv. 118, 10–13 macht sich Kauṭ.'s Lehre und zum Teil auch seine Worte zu eigen. Manu VII, 208 aber zieht den Freund den zwei anderen weit vor, und ihm jedenfalls schreibt Y. I, 351 nach. Schön sagt Bhāravi: »Für die Erobererfürsten (vijigīshatām) kommen die schwer erlangbaren, in ihrem Vollbestande nicht leicht zu schützenden, am Ende einen bösen Nachgeschmack habenden Herrlichkeiten irdischen Gewinns weit nach dem in einem Freunde bestehenden Schatz, der durch eine einzige Wohltat erlangt werden kann, einen selber schützt und bis ans Ende angenehm ist« (Kirāt. XIII, 52 vgl. 53). Aber, aber: »Veränderlichen Sinnes ist der Mensch; wer dürfte ihm je trauen!« (MBh. XII, 80, 9). Die Bṛih.-Nīti vertritt in VI, 8 den bekannten altindischen Spruch: Wer viel irdisches Gut hat, der hat Freunde, Recht, Frömmigkeit, Wissen und Weisheit, Verstand, Mut und alle Vorzüge.


A6 Übrigens hieße diese Strophe natürlicher so: »Dadurch, daß einer das Wesen eines Freundes hat, wird er ein beständiger Freund, infolge von Gemeinsamkeiten mit dem Feinde ein wackliger; keinem (von beiden) etwas ist der gleichgültig abseits stehende, den zweien eigen der auf beiden Achseln tragende.« So im Wesentlichen schon Sham. Aber das ist hier eine müßige Rede, und sodann bilden da ubhayabhāvi und udāsīnam einen Anstoß, wie die Vergleichung mit dem Folgenden ergibt. Allem Anschein nach sollen in diesem und den folgenden Çloka schlechte Freunde aufgezählt werden, und zwar vier Arten, wenn meine Ansicht in Anm. 4 zu dieser Seite richtig ist, fünf aber, wenn in 290, 7–8 (Sanskrittext) einfach eine weitere Art hinzugefügt wird, was doch wahrscheinlicher sein dürfte. Man beachte nur das gleichförmig am Ende der Strophen, bis 290, 8 herab, wiederkehrende tat, das nur in 290, 6 aus Versnot von etad abgelöst wird. Gaṇ. nun bringt bloß drei Arten heraus: 1. den, der weder dem Eroberer, noch seinem Nebenbuhler nützt, 2. den, der ihnen beiden nützt, 3. den, der aus Schwäche ihnen beiden dient. Das geht schon deshalb nicht, weil Gaṇ.'s upakāre nivishṭaṃ vāçaktaṃ vānupakāri tat verkehrt ist (290, 2); denn Kauṭ. hat sonst keine Krasis zwischen den Versvierteln. – In 290, 3 liest Gaṇ. pūjyasambandham »in einem zu ehrenden Freundschaftsverhältnis stehend«.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 447-452.
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