Zweites Kapitel (178. Gegenstand).

Hervorbringung von Wundern, um zu täuschen.

[645] Das Pulver von çirīsha (Acacia sirissa), udumbara (Ficus glomerata) und çamī (Prosopis spicigera oder nach anderen Mimosus suma) mit Schmelzbutter genommen,1 ist ein Mittel gegen den Hunger auf einen halben Monat.2

Eine Mischung, bereitet aus der Wurzel von kaçeruka (Scirpus kisoor), Blaulotus (Nymphaea caerulea) und kandekshu (Name eines Grases), so wie aus Lotosfasern, dūrvā-Gras (Panicum dactylon), süßer Milch, Schmelzbutter und Rahm gibt eins (gegen den Hunger) auf einen ganzen Monat.

Wenn man entweder ein Pulver von gesprenkelten Bohnen (Phaseolus radiatus), Gerste, der Hülsenfrucht Dolichos uniflorus und der Wurzel des Darbhagrases mit süßer Milch und Schmelzbutter, oder wenn man eine Paste, aus der Wurzel des Sālbaumes (Vatica robusta) und der priçniparṇī (»Sprenkelblatt«, d.h. Hemionitis cordifolia oder Uraria lagopodoides), zu gleichen Teilen mit Milch der vallī (»Ranke«, Name einer ganzen Menge von Pflanzen) [645] und Schmelzbutter zubereitet,3 als Trank trinkt oder diesen Trank, mit Honig und Schmelzbutter hergerichtet, ißt,4 dann kann man einen Monat fasten.

Öl, das man gewonnen hat aus weißen Senfkörnern, welche sieben Tage in dem Urin eines weißen Ziegenbocks gelegen haben, und das einen und einen halben Monat lang in einer bittern Flaschengurke gestanden hat, macht Vierfüßler und Zweifüßler mißgestaltet.

Öl von weißen Senfkörnern, zubereitet (gekocht) mit Gerstenkörnern aus dem Mist eines weißen Esels, welcher über sieben Tage nur Buttermilch und Gerste gefressen hat, macht mißgestaltet.

Öl aus weißen Senfkörnern, zubereitet (gekocht, siddha) mit dem Urin und dem Mistsaft irgendeines von diesen beiden (d.h. eines weißen Ziegenbocks oder eines weißen Esels) und mit einer (während des Kochens dazugetanen) Beigabe von Pulver aus Arka(blättern), Baumwolle (tūla) und Motten,5 ist ein Mittel weiß zu machen. Eine Mischung aus dem Mist eines weißen Hahns und der Boa constrictor macht weiß. Weiße Sesamkörner, die sieben Tage im Urin eines weißen Ziegenbocks gelegen haben, Buttermilch, die Milch des Arkastrauchs, Salz und Getreide, und die Mischung einen Halbmonat lang stehen gelassen, gibt ein Mittel, weiß zu machen.A1 Ein Teig aus zermahlenen weißen Sesamkörnern, aufbewahrt in einer an eine Schlingpflanze gehängten bitteren Flaschengurke6 und einen halben Monat lang stehen ge lassen, macht die Haare weiß.

Zusammen mit Flaschengurke »Stinkinsekt«7 und weiße Hauseidechsen (zermalmt, vgl. 411, 4) – werden mit Teig davon die Haare gesalbt, dann werden sie so glänzend weiß wie Muscheln.

Werden einem mit Kuhdünger oder mit einer Paste von der Frucht des Tinduka (Diospygros embryopteris) und des arishṭa (Seifenbaums) die Glieder abgerieben und mit dem Saft der Tintenbaumnuß (Semecarpus anacardium) eingeschmiert, dann ist das ein Mittel, Aussatz innerhalb eines Monats hervorzurufen. Guñjābeeren (Abrus precatorius), die sieben Tage im Mund einer schwarzen Schlange oder im Mund einer Hauseidechse gelegen haben, sind ein Mittel, Aussatz hervorzurufen. Einschmierung mit dem Saft der Galle8 [646] und der Eier des Papageis ist ein Mittel, Aussatz zu verursachen. Pasten und Absude von Buchanania latifolia sind ein Mittel gegen Aussatz.

Wer eine Mischung aus den Wurzeln von kukkuṭa (»Hahn«, d.h. Marsilia quadrifolia) koçātakī (Luffa pentandra und andere Pflanzen) und çatāvarī (Asparagus racemosus) zu sich nimmt, wird in einem Monat gelblich weiß.9 Wer sich in einem Dekokt von Ficus indica badet und sich mit einer Paste von Barlerie einreibt, wird schwarz. Auripigment und Realgar (roter Arsenik), gemischt mit dem Öl von Vogelfennich, ist ein Mittel, dunkelbraun zu machen.

Ein Pulver aus Leuchtinsekten (khadyota), mit Öl aus Senfkörnern gemischt, flammt in der Nacht. Pulver aus Leuchtinsekten und dem Wurm gaṇḍūpada oder ein Pulver aus den Blüten von »Meerliebchen« (Trigonella corniculata), »Hummelschälchen«,10 Acacia catechu und Pterospermum acerifolium, gemischt mit Vogelfennich, gibt ein brennendes Pulver (oder: Glühpulver, tejanacūrṇa).

Ruß von der Rinde der Erythrina fulgens, gemischt mit Froschfett, gibt ein Mittel, die Glieder von Feuer flammen zu machen. Wird der Körper mit einer Paste von der Rinde der Erythrina fulgens und Sesam beschmiert, dann flammt er von Feuer.

Ein Ball aus dem Ruß der Rinde des pīlu (Careya arborea oder Salvadora persica) gemacht, flammt in der Hand. Ein mit Froschfett Bestrichener flammt von Feuer. Wenn der Körper mit dem Genannten eingerieben, mit dem Öl der Früchte des Kuça (nach Sham. Ficus religiosa) und des Mangobaums begossen und mit einem Pulver aus weiblichem Meerfrosch, Tintenfischknochen und dem Harz des Baumes Vatica robusta bedeckt wird, flammt er.11 Froschfett zusammen mit dem Fett von Krebsen u. dgl. mehr, dazu zu gleichen Teilen Sesamöl, das gekocht – die Einreibung damit macht den Körper flammen. Wer sich mit Froschfett einschmiert, flammt von Feuer. Wird der Körper mit Bambuswurzel und çaivala (der Wasserpflanze Blyxa octandra) gesalbt und mit Froschfett eingeschmiert, dann flammt er von Feuer.

[647] Wer seine Füße mit einer froschfettgemischten12 Paste aus der Wurzel des pāribhadraka (Erythrina fulgens), der pratibalā, des vañjula (Calamus rotang), des vajra (Euphorbia und andere Pflanzen) und des Bananenbaums und mit Sesamöl einreiht, kann auf glühenden Kohlen gehen.

Pratibalā, vañjula und pāribhadraka, alle am Wasser gewachsen – mit einer Paste aus den Wurzeln dieser Pflanzen zusammen mit Froschfett richte man Sesamöl her (d.h. wohl koche man Sesamöl) und bestreiche damit die Füße, wenn sie ganz rein sind; dann mag man auf einem Haufen glühender Kohlen dahingehen wie auf einer Schichtung Blumen.

Befestigt man am Schwanz von Schwänen (haṃsa), Brachvögeln und Pfauen oder von anderen großen Vögeln, die auf dem Wasser schwimmen, einen Leuchtbrand aus Rohrschilf (und läßt sie nachts fliegen), so gibt das die Erscheinung eines Meteors (ulkādarçana, das Unheil verkündet).

Die Asche von blitzentzündetem Feuer löscht Feuer. Bohnen (māsha), mit dem Menstrualblut eines Weibes durchtränkt, und dazu die Wurzel von Hürdensolanum (vrajakulī) und Froschfett, das ist ein Mittel zu verhindern, daß auf einem brennenden Herd irgend etwas kocht. Das Abhilfsmittel ist die Reinigung des Herdes.

Ein aus pīlu gemachtes Kügelchen,13 das Feuer im Innern birgt, in die Wurzeln der suvarcalā14 geknotet oder in Leinfäden geknotet und mit Baumwolle umwickelt ist, bildet ein Mittel, aus dem Munde Feuer und Rauch ausgehen zu lassen.

Ein Feuer, das man mit Öl aus den Früchten des Kuça (Ficus religiosa?) und des Mangobaums begießt, brennt auch in heftigen Regenstürmen.

Die Knochen des Tintenfisches,15 mit Öl getränkt, flammen, wenn sie auf dem Wasser schwimmen (und vorher angezündet worden sind). Feuer, das mit Hilfe eines (herumgewirbelten) schwarz und weiß gefleckten Bambusrohres auf den Knochen von Affen herausgequirlt worden ist, erlischt nicht im Wasser, sondern flammt durch Wasser auf.

[648] Wo man ein Feuer, das mit Hilfe eines (herumgewirbelten) schwarz und weiß gefleckten Bambusstabes auf den Rippenknochen der linken Seite eines mit einer Waffe getöteten oder eines gepfählten Mannes herausgerieben worden ist, oder ein Feuer, das man mit der Rippe eines Menschen auf den Knochen von Frau oder Mann herausgequirlt hat, dreimal von rechts nach links herumträgt, da brennt kein anderes Feuer.

Moschusratte, Bachstelze und das ätzende Insekt (lies kshārakīṭaç) werden fein zerstoßen und mit Pferdeurin gemischt – das ist ein kettenzerbrechendes Mittel.

Oder auch der vom Eisen geliebte Stein (der Magnetstein), wenn er mit dem Fett von Krebsen, Fröschen und Ätzinsekten bestrichen ist. Doppelt so stark wird sie (die Bestreichung oder die Salbe), wenn Menschenfett darunter ist.16

Ein Teig aus den (zermahnten) Seiten (Rippen) des Reihers und des Weihs (bhāsa), aus Blaulotos und Wasser, ist eine Fußsalbe für Zweifüßler und Vierfüßler. Wer seine Schuhe aus Kamelhaut mit dem Fett von Eule und Geier bestreicht und mit den Blättern des indischen Feigenbaums überkleidet, der geht fünfzig Yojana, ohne zu ermüden. Das Knochenmark oder der Same von Falke, Reiher, Krähe, Geier, Schwan (haṃsa), Brachvogel und Viciralla (zusammengetan) macht dies auf hundert Yojana möglich. Oder auch das Mark oder der Same von Löwe, Tiger, Panther, Krähe und Eule (zusammengemischt). Wenn man Schlangenblättchen und getrocknete Embryos in einem kamelförmigem Gefäß zerstößt oder auf der Leichenstätte [649] tote Kinder, so kann man mit Hilfe des daraus gewonnenen Schmalzes (medas) hundert Yojana (gehen, ohne zu ermüden).17

Durch unerfreuliche, wunderbare Naturerscheinungen (Portenta, die der Fürst selber hervorbringen läßt) möge er dem Feind Schrecken erregen. Wo dergleichen zu etwas, was nicht dem Reiche dient, geübt wird, da wird allgemeiner Vorwurf, der zur Empörung führt, laut.18

Fußnoten

1 Lies sarpishāhṛitya.A2


2 Möglich wäre auch: »gibt (ermöglicht) den Hungerkniff (kshudyoga), der einen halben Monat vorhält«.


3 Lies vallīkshīraghṛitābhyāṃ.


4 Oder: »den damit bereiteten (gewonnenen) Trank mit Honig und Schmelzbutter ißt«.


5 Ich lese cūrṇa statt pūrṇa. Derselbe Fehler 88, 11; 423, 19. Oder pataṅgaparṇa »Schmetterlingsblatt« Name einer Pflanze? Oder Blatt vom pataṅga (einer Pflanze oder einem Baum)? Statt »aus Arka(blättern), Baumwolle« vielleicht eher: »Baumwolle des Arka«. Die seidigen Samenhaare der Calotropis gigantea dienen ja auch zu Geweben.A3


6 Zu lesen ist kaṭukālabau wie 412, 18.A4


7 Ich lese alābunā pūtikīṭah.A5


8 Pitta wird man nicht in pika zu ändern brauchen. Die Galle verschiedener Tiere wird auch sonst zu Geheimmitteln gebraucht. Vgl. 421, 10; 423, 12.


9 Oder: »Wer einen Monat lang (seine Speise) gemischt mit ... ißt«.


10 Statt samudrajantūnām lese ich samudrakāntānām. Bṛiṅgakapāla »Hummelschale« wäre ein guter Name für eine Pflanze oder doch deren Blüte. Mir ist die aber unbekannt. Bhṛiṅga allein bezeichnet auch das Aconitum ferox und die Rinde oder das Blatt von Laurus cassia. Kapāla soll nach Sham. a potherb sein. Sehr gut wäre die gewöhnliche Bedeutung: Totenschädel. Also wohl doch besser: »Hummel (Aconitum ferox etc?), Totenschädel« statt »Hummelschälchen«. – Die hier genannten »Brenn- oder Glühpulver« werden wohl alle gebraucht, den Körper als brennend erscheinen zu lassen und durch solchen Wunder- und Geisterspuk die Menschen zu schrecken, Nachtvolk, feurige Männer, Rākshasa zu spielen. Ebenso macht man sich weiß, schwarz usw., hauptsächlich um als best. Gott, Geist usw. zu figurieren.


11 Die Öle aus den genannten Früchten werden 95, 18 unter den Fetten aufgeführt.


12 Wörtlich: »mit Froschfett durchschmierten«. Aber digdha »bestrichen, beschmiert« hat meines Wissens sonst keine solche Bedeutung. Auch steht in den folgenden, völlig das gleiche enthaltenden Versen dafür sādhayati herrichten, auch kochen, und siddha wird als Partizip von sādhayati gebraucht. Daher ist jedenfalls die von Sham. in der zweiten Textausg. angegebene Lesart – siddhena: »mit Froschfett hergerichtet (gekocht)« richtig. Im. folgenden Satz ist vielleicht upodakā ein weiterer Pflanzenname (Basella cordifolia?) und nicht »am Wasser gewachsen«.


13 Das wird wohl heißen sollen, daß das im Mund zu haltende Kügelchen aus dem Ruß der verbrannten Rinde von Careya arborea (Salvadora Persica?) gemacht ist; denn pīlumayo maṇiḥ ist sehr ähnlich dem pīlutvaṅmashīmayaḥ piṇḍaḥ von 414, 7.


14 Gewöhnlich Ruta graveolens; wächst nach MBh. XII, 272, 4 im Wald und schmeckt bitter. Nach den Lex. bedeutet das Wort auch eine Hanfpflanze.A6


15 Sie sind so leicht, daß sie auf dem Wasser schwimmen.


16 Ich lese kulīradardurakshārakīṭa und setze einen Punkt hinter- pradehena sowie auch hinter nārakagarbhaḥ. Am Zerbrechen der Ketten oder Fesseln liegt besonders den Verbrechern, und hier bekommen wir einen Vorschmack des folgenden Kapitels, das uns fast durchweg die entzückendsten Lüfte des altindischen Gaunerparadieses atmen läßt, jenes vom Diebe erträumten Wunderlandes, wo man sich unsichtbar machen, jedermann im Hause einschläfern, Türen öffnen und Riegel sprengen kann, alles durch hilfreichen Zauber. Bequemer noch als ein Büchschen mit der kettenbrechenden Salbe läßt sich so ein »Magnetstein mit einer Überschmierung von Krebsen-, Frosch- und Ätzinsektenfett« in der Tasche tragen, vielleicht sogar unter der Haut eingewachsen. Die Größe tut ja nichts zur Sache. Zwar könnte ja wie sonst öfters bei Kauṭ. »sogar« bedeuten, der Sinn also dieser sein: »Sogar der Magnetstein (geht entzwei) durch die Bestreichung mit dem Fett usw.« Aber wird gebraucht sein wie gewöhnlich; vgl. bes. 411, 16. Auch hat die Ergänzung eines bhajyate, obwohl sie ja möglich ist, ihre Bedenken. Nāraka Menschenfett (Menschenblut oder etwas Ähnliches vom Menschen) kann ich freilich nicht belegen. Will man dieses nicht annehmen, so wird man dviguṇo nārakagarbhaḥ mit dem Folgenden zusammenrücken und etwa diese Übersetzung, die wenig Bestechliches hat, geben müssen: »Ein Teig aus den Rippen des Reihers und des Weihs, aus Blaulotos und Wasser, der um das Doppelte weniger Araka (Blyxa octandra) enthält, ist eine Fußsalbe für Zweifüßler und Vierfüßler«. Auf jeden Fall aber haben wir hier eine Salbe gegen Ermüdung. Ob diese noch hinzukommen muß zu der unmittelbar darauf genannten Stiefelwichse, damit es dann doppelt wie geschmiert vorwärtsgehe, ist nicht klar.A7


17 »Schlangenblättchen« (sārpaparṇikāni) könnten Stückchen der auch sonst in diesen Geheimmitteln verwendeten Schlangenhaut, könnten Schlangenschuppen sein. Vāna »getrocknete Frucht« ließe sich zusammen mit garbha sehr wohl rechtfertigen. Der Text von B sārvavarṇikāni garbhapatanāni »alle Arten von vorzeitig abgegangenen Embryos« oder: »abgegangene Embryos von allen Kasten« mag richtig sein, sieht aber auch nicht einwandfrei aus. Ushtṛikā, das auch 411, 14 erscheint, bedeutet nach den ind, Lex. ein Geschirr, das die Gestalt eines Kamels hat. Aus der Lit. wüßte ich es nur mit MBh. III, 15, 7 zu belegen. Der Komm, sagt da, es sei ein aus Ton und Leder gemachtes Geschirr. Abhishṭūya ist sehr interessant, weil hier deutlich die von mir erschlossene ursprüngliche Bedeutung von stu, d.h. stoßen, noch klar vorliegt. Siehe Hindu Tales 92, Anm. 2. Die von Sham. in der 2. Ausgabe mitgeteilte Lesart: abhishūya, also statt »zerstößt«: »auspreßt« oder: »mit Wasser ansetzt, ausziehen läßt und dann auspreßt« könnte Schlimmbesserung für das nicht verstandene abhishṭūya sein.A8


18 Etwas wörtlicher: »(Er tut dergleichen auch) für das, was nicht zum Königtum gehört – ein solcher allgemeiner Vorwurf führt zu Empörung, wird gesagt«. Kopa mithin lieber = kope als = kopas. Diese Mittel werden also nur durch den Zweck heilig, durch die major gloria regis. Dies ist der einzige Sinn, den ich dem Text, wie er dasteht, abzugewinnen vermag. Der Ausdruck wäre da reichlich verzwickt, auch der Sinn nicht einwandfrei. Nun bedeutet der vierte pāda wohl: »Der gleiche (udvega, Schrecken, oder vielleicht sonst etwas) wird für die Empörung gelehrt«, d.h. nicht nur gegen den äußeren Feind, sondern auch bei Aufruhr im Reich selber soll der Fürst diese Mittel anwenden. Natürlicher würde da die Sache, wenn wir nirvāhaḥ läsen (vgl. z.B. kāryanirvāha die Ausführung des Werks Rām. V, 38, 63). Also: »Die Ausführung ist die gleiche bei einem Aufruhr«. Was aber jetzt mit der Hauptschwierigkeit mit ārājyāyeti anfangen? Ich möchte Ārāj jāyeta nirvāhaḥ setzen: »Aus der Ferne soll die Ausführung geschehen«. Daß man da die Leute nicht zu nahe herankommen lasse, ist eine sehr vernünftige Politik. Oder ārājyāya tu nirvādaḥ: »zum Verlust des Königtums führt (da) ein Tadel«, d.h. verfährt der Fürst da nicht mit der nötigen Klugheit, so kann es ihn den Thron kosten? 378, 14 ist rāja irrtümlich für dāya eingetreten. Also hier: Ādāyādye tu nirvādaḥ: »wo einer da nicht der rechtmäßige Erbe ist, erntet er Tadel«? Oder: samānaḥ kope: »die allgemeine (öffentliche) Ausführung führt zu Empörung?« Doch genug der Raterei!A9


A1 Laut des Textes bei Gaṇ. käme nach »Milch des Arkastrauchs« eine Anzahl anderer Pflanzen, darunter auch vilaṅga oder Embelia ribes (vgl. 121, 2; 423, 19) und Fisch. Dann kommen bei ihm noch zwei weitere, bei Sham. fehlende Mittel, weiß zu machen, von denen das zweite ebenfalls einen halben Monat stehen muß. Vgl. Ind. Erot. p. 818, Str. 10; 824, Z. 2. Wegen »im Mund einer schwarzen Schlange« ib. p. 876 unter Str. 3.


A2 Gaṇ. hat das wohl richtige sarpishā saṃhṛitya »zusammengerührt mit Schmelzbutter«.


A3 Nach Gaṇ. wäre pataṅga eine Reisart und tūla die Pflanze brahmakāshṭhaka. Aber Baumwolle haben wir schon als Zaubermittel gefunden (Übers. 183, 1–3).


A4 Statt des unnötigen gatam hat Gaṇ. das sinnlose nagaram. Er schlägt dafür das von Kauṭ. nirgends genannte nāgaram trockener Ingwer vor. Besser und näherliegend ist tagaram, das auch in 424, 1 erwähnte wohlriechende Pulver aus Tabernaemontana coronaria. Ebenfalls zauberisch verwendet wird es in Kauçikas. 16, 1; Ind. Erot. 859, Str. 6; 870, Str. 1; 901; 902; 905; 911, Str. 5 usw.


A5 Gaṇ. liest: Arkatūlo 'rjune kīṭaḥ »Baumwolle der Calotropis gigantea bei Terminalia Arjuna (Arjunagras?), Insekt.« Das sieht nicht vertrauenerweckend aus.


A6 Auch in Vish. 79, 17 wird suvarcalā unter anderen scharfen Sachen aufgeführt und beim Totenseelenmahl verboten. Der Absud dieser Pflanze, die auch brāhmī die heilige, heißt, dient auch als Sündenabführmittel (Vas. XXVII, 11; Vish. XLVI, 23).


A7 Gaṇ. liest dārakagarbhaḥ. Dann: »wenn Kinderfleisch (Kinderfett) drin ist.« Nicht aber: »Schweinefleisch (Schweinefett)«, wie Gaṇ. erklärt. Zwar nicht in der Menschen-, wohl aber in der Zauberwelt gelten Menschen mehr als Schweine. Gaṇ. hat ferner kulīrāṇḍadardurakhārakīṭa. Aber Krebseier gibt es in Indien kaum; da trägt die Krebsin die Jungen im Bauch, und bei der Geburt durchbrechen sie die Seite der Mutter, worüber sie stirbt. Endlich setzt Gaṇ. den Punkt hinter pāshāṇaḥ. Er sagt, es gebe drei Arten Magnetsteine: die eine zieht an, die andere macht wirbeln, die dritte zerbricht. Da wäre also alles folgende Beschreibung der Fußsalbe. Allein »durch Draufstreichung von Krebsei und dem Fett von Frosch und Ätz-(oder Scharf-)insekt doppelt so dicht (konsistent) geworden« wird niemand befriedigen. Man müßte da dviguṇadārakagarbhaḥ setzen: »doppelt so viel Kinderfleisch enthaltend«. Aber -pradehena »Draufschmierung« schiene dann anzudeuten, das hinter dieses der Punkt gehöre. Die Fußsalbe bestünde dann aus den Rippen des Reihers und des Weihs, aus Lotos (oder vielleicht eher mit Gaṇ. dem Fisch utpala; zwar kommt der Lotos oft auch in den erot. Rezepten vor) und Wasser plus doppelt so viel Kinderfleisch (oder -fett). Doch auch das birgt einen Anstoß, und pishṭaç würde erst natürlich, wenn man -pradeho lese. Freilich die Sprache ist ja auch sonst barbarisch in diesen Rezepten. Die hinzukommende Bestreichung des Magnets mit dem Fett entspräche Kauçikas. 52, 3. – Gaṇ. hat, wie Sham., überall khārakīṭa und sagt, dies bedeute ein in Alkaliboden entstandenes Insekt. Auch dann aber wäre kshārakīṭa nötig.


A8 Die hier genannten Fußsalben sind noch gar nichts verglichen mit den vielen anderen, die es einem ermöglichen, in einem halben Tage 1000 Yojana zurückzulegen, ja in einem Nu die allerweitesten Strecken; ferner, durch die Luft zu fliegen, auf dem Wasser zu gehen u. dgl. mehr. Siehe mein Daçak. 115; Aupapātikas. ed. Leumann, Glossar unter āgāsāīvāi; Prabandhacint. 195; Bhandarkar, Report 1883–84 p. 141; Ballini, Pañcaçatīprab. p. 23, 17–24f.; Mārk.-Pur. LXI, 5ff.; F. A. Steel, Tales of the Punjab 179; Pariçishṭap. XII, 69ff, Fötuszauber findet sich in Indien (vgl. z.B. Thurston, Omens and Superstitions 224ff.) so gut wie in germanischen Ländern (Rosegger, Volksleben in Steiermark10, S. 70) und anderwärts die Fülle.


A9 Gaṇ.'s Erklärung taugt noch weniger als meine Weisheit. Er liest genau wie Sham. und macht keinen Versuch, sich mit dem iti abzufinden.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 645-650.
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